Jens Schlünzen

Whiskyexperte, Autor

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Whiskykolumne – Nc‘nean Organic Whisky

Guter Einsteigerwhisky
19. November 2022

Jens Schlünzen, unser Whiskyexperte, kennt fast alle Destillerien auf den britischen Inseln, in Skandinavien und Norddeutschland. Im November stellt er einen schottischen Bio-Whisky vor.

© Jens Schlünzen

Nc‘nean Organic Whisky 

Heute geht es mal wieder nach Schottland, in diesem Fall an die Westküste auf die Halbinsel Morvern gegenüber der Insel Mull. Dort hat Annabel Thomas auf dem Landsitz ihrer Eltern im Drimmin Estate 2017 die erste zertifizierte Bio – Whiskydestillerie errichtet. Der hier produzierte Single Malt ist zwar nicht der erste Biowhisky Schottlands und erst recht nicht weltweit, da sind Benromach und Bruichladdich zum Beispiel schon einigen Jahren aktiv, aber bei anderen Destillerien wird dann auch noch konventionell Whisky hergestellt. Seit 2021 ist Nc‘nean „net zero emissions“ zertifiziert und ist in diesem Jahr damit neben Bruichladdich eine von zwei Brennerein in Schottland, die ausgewiesene „Benefit Corporation“ Destillerien sind für soziale und ökologische Standards. Was Annabel Thomas den anderen Destillerien voraus hat, ist die Nachhaltigkeit. Es wird mit 100% erneuerbarer Energie gearbeitet, gewonnen aus einem Biomassenerhitzer, der mit Holz aus dem nahegelegenen Wald befeuert wird. Alle gefällten Bäume werden unverzüglich neu gepflanzt. Natürlich wird nur Biogerste benutzt und die Flaschen werden aus Altglas produziert. Die Abfüllung, die mir zur Verfügung stand, ist das Batch No. 16 und auf 5040 Flaschen limitiert. Der Nc’nean, übrigens benannt nach der Königin der Spirituosen „Neachneohain“, einer Hexenkönigin der gälischen Sagen, reifte seine Zeit von drei Jahren in einer Kombination aus ehemaligen Bourbon- und STR-fässern. STR habe ich bereits in der August Kolumne über Lochlea erklärt. 

Es sind überarbeitete ehemalige Rotweinfässer, die gerne für eine kurze Reifezeit der Whiskys verwendet werden. Es ist natürlich ein legitimes Ziel einer jungen Destillerie, den Whisky schnell auf den Markt zu bringen. Hier soll aber mit zwei verschiedenen Fermentationsdauern von 65 und 115 Stunden auch Whisky für eine längere Reifezeit produziert werden.

Gefährlich gut trinkbar 

Der verkostete Whisky wurde mit 46% Alkohol in 0,7l Flaschen abgefüllt.  

In der Nase sind sowohl fruchtige als auch feinwürzige Aromen zu erkennen, die zeigen, dass die längere Gärzeit eine höhere Esterzahl bedingt und die feinen Besonderheiten des guten Destillats stärker zum Vorschein kommen. Süßliche Frucht und Kräuter sind zu erkennen. Im Geschmack kommen die Noten vom Malz und der Einfluss der Fässer stärker heraus. Vanille aus den Bourbonfässern und die Würze und die weinige Frucht aus den STRs machen den Whisky „gefährlich“ gut trinkbar. Im Nachklang bleibt ein schönes Spiel von Frucht, Würze, Malz und auch ein leichter maritimer Einfluss hängen und verleitet zum nächsten Schluck. Ein guter junger Malt. Sehr gut auch als „Einsteigerwhisky“ geeignet, da eine geschmackliche runde Sache, ohne zu langweilen. In der Destillerie wird der junge Whisky bevorzugt mit Sodawasser und Minze gereicht. Auch das kann man gerne einmal ausprobieren.  

Der Nc’nean ist Aufgrund der kleinen Auflage nicht immer verfügbar und bewegt sich preislich zwischen 60 und 70 Euro. 

© Nc’nean Distillery

Nc‘nean 
Drimnin, By Lochaline, Morvern 
PA80 5XZ, Vereinigtes Königreich
ncnean.com

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