Jens Schlünzen

Whiskyexperte, Autor

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Whiskykolumne: Waterford

Irischer Whisky mit viel Terroir
19. März 2021

Jens Schlünzen, unser Whiskyexperte, kennt fast alle Destillerien auf den britischen Inseln, in Skandinavien und Norddeutschland. Hier stellt er eine hochspannende irische Destillerie vor:

©Waterford Destillery


Waterford

Heute begeben wir uns in den Südosten Irlands in die älteste Stadt des Landes, Waterford. Teile des 914 n.Chr. von Wikingern errichteten Stadtkerns sind heute noch erhalten. 1101 Jahre später wurde hier die Waterford Distillery unter der Leitung von Mark Reynier erbaut.

Die Geschichte der Brennerei ist noch jung, aber der Weg bis dahin war ein langer. Mark Reynier hatte nie etwas mit Whisky am Hut, war er doch von seinem Vater, einem englischen Weinimporteur, schon früh mit dem Genuss und der Beurteilung von Weinen infiziert worden. Er arbeitete im Familienbetrieb und besaß sogar ein Weingut in der Chablis Grand Cru Lage Vaudesier. Eher aus Verlegenheit nahm Reynier an einer Verlosung des Hauses Milroys of Soho teil und gewann den Hauptpreis. Leider war es ein Whisky, allerdings ein 50 Jahre alter Balvenie. Der Anstand gebot es, den Preis selbst abzuholen und dabei den einen oder anderen Whisky zu verkosten. Keiner, der verkosteten Whiskys gefiel Mark und so wurde es immer noch nicht sein Getränk, bis er einige Jahre später einen 15 Jahre alten Bruichladdich probierte. Regelrecht infiziert von diesem Tropfen machte er sich auf, die Brennerei auf der Insel Islay zu besuchen. Zu dieser Zeit war diese aber geschlossen und eine deutliche Abfuhr bei dem Versuch dort wenigstens einen kleinen Rundgang unternehmen und Fotos machen zu können war die Folge. Er machte sich zur Aufgabe diese Destillerie zu kaufen und wiederzueröffnen, schließlich war es nach seiner Meinung der beste Whisky der Welt. Im Jahr 2000 war es dann soweit. Reynier und drei weitere neue Besitzer kauften, renovierten und eröffneten Bruichladdich wieder am 29. Mai 2001. Seine Beziehungen zu guten Weingütern in Europa und sein Verständnis für die Einflussfaktoren bei der Weinherstellung prägten auch die neuen Kreationen der Islay-Destillerie. Verschiedene Weinfässer Europas und später regionale Gerste von diversen Farmen auf Islay wurden benutzt, um andere und bisher noch nicht dagewesene Einflüsse in die Herstellung von Whisky einzubringen. Nach dem Verkauf der Bruichladdich Destillery 2012, stieg Mark Reynier aus dem Unternehmen aus und gründete seine eigene Firma Renegade Spirits. In Waterford ergab sich dann 2014 die Möglichkeit, die Anlage und das Gelände einer noch recht jungen Guiness Brauerei zu erwerben, die 2013 von Diageo geschlossen worden ist. Zwei Pot Stills der alten Inverleven Destillery, die zuvor nur jahrelang draußen vor der Bruichladdich Brennerei standen, wurden geholt und wieder aktiviert. 

©Waterford

Terrior matters

Das Kredo der neuen irischen Destillerie war klar. „Terrior matters“ Verschiedene Gerstensorten von mittlerweile 97 Farmen wachsen auf 19 verschiedenen Bodenarten, um dieser Vorgabe zu folgen. Dabei wächst die Zahl der bio-zertifizierten Farmer stetig.  Die Abfüllungen von Waterford zeigen die Herkunft der Farm an und die Flaschen tragen einen „Teireoir Code“.

Ich habe zum Verkosten die Abfüllung Sheestown 1.2 ausgesucht und auch dafür den Code auf der Hompage der Destillerie eingegeben. Die Gerste der Sheestown Farm von Philip O’Brian wurde am 18. August 2015 geerntet, in der 24ten Woche 2016 destilliert und im September 2020 in 30.000 Flaschen mit einem Alkoholgehalt von 50% abgefüllt. Die Reifezeit von 4 Jahren und 9 Tagen verbrachte das Destillat in verschiedenen Fässern: 50% frische Bourbonfässer, 20% frische amerikanische Eiche und je 15% Premium französische Eiche bzw. Französischer Süßwein. Das Ergebnis habe ich wieder aus einem Nosingglas verkostet. Zunächst einmal kann ich vorausschicken, dass dieser Whisky, wie auch alle anderen bisher von mir verkosteten Waterford Whiskys, nicht typisch irisch schmeckt. Wahrscheinlich wird er auch deshalb nicht mit „e“ vor dem „y“ geschrieben, wie es sonst in Irland üblich ist.


In der Nase wird sofort deutlich, dass das Getreide die wichtigste Komponente darstellt. Frisch nach Gerste mit Aromen von Zitrus, Vanille etwas Honig und dezenten hellen Früchten lädt er mich ein, ihn zu probieren. Am Gaumen wird durch die ölige Struktur die Sorgfalt bei der Destillation deutlich, die zugleich crisp und sauber erscheint. Noten von Wein, Vanille, etwas Eiche untermalen die zugleich fruchtige aber auch würzige Süße sehr schön. Der Nachklang ist trotz der Jugend des Single Malts angenehm lang, wirkt wärmend und trägt Nuancen von süßer, cremiger heller Frucht.

©Waterford Distillery

Mit etwas Wasser kommt insgesamt mehr Süße zum Vorschein und eine leichte Lakritznote ist zu erkennen. Der Nachklang wird durch die Zugabe von Wasser etwas herber. Ein toller junger Single Malt!

Bisher sind in Deutschland Whiskys von den Farmen Bannow Island, Ballykilcavan, Ballymorgan und Sheestown herausgekommen, jeweils 2 Editionen. Zusätzlich gibt es noch den Biowhisky Organic Gaia 1.1 und einen Micro Cuvée Lómhar. Auf der Website gibt es unglaublich viele Informationen, die man bei einem Glas Waterford gerne einmal durchforsten sollte. 


Der verkostete Sheestown kosten in der 0,7l Flasche 73 €.


Waterford Distillery

Grattan Quay
Waterford City
Ireland

waterfordwhisky.com