Jens Schlünzen

Whiskyexperte, Autor

Zum Portrait

Ein Whisky vom baltischen Meer

Whiskykolumne
22. Oktober 2020

Jens Schlünzen ist Whiskyexperte und kennt fast alle Destillerien auf den britischen Inseln. Er kennt aber auch den Whisky, der aus norddeutschen Destillerien stammt. Die besten des Nordens stellt er vor. 

Baltach ©Jens Schlünzen

Auf alten Spuren

Heute unternehmen wir einen Ausflug an die Ostsee, genauer gesagt nach Wismar. Dort braute im 15. Jahrhundert Hinricus Noyte die Wismarer Jubiläumsmumme im Brauhaus am Lohberg mit 10% Alkoholgehalt. Es war das berühmteste Bier seiner Zeit. Dipl. Braumeister Stefan Beck hat nachgeforscht und braut seit 2010 unter Verwendung reiner Gerstenmalze und feinster Whiskyhefe diese Mumme nach Rezepturen von 1452 als Whisky Wash, d.h. als Basis für die Whiskydestillation. 2012 gründete er dann die Hinricus Noyte’s Spirituosen GmbH, die neben Whisky auch Gin, Aquavit und Obstbrände herstellt. In einer kupfernen Brennblase wird dann der Single Malt Whisky destilliert. Heraus kommt der „Baltach“. Wer jetzt vermutet, dass der Name irgendwie mit dem baltischen Gewässer vor der Tür der Brennerei zu tun hat, liegt richtig, denn „Am Muir Baltach“ ist der gälische Name der Ostsee. Es gibt eine normale und eine torfige Version des Malts. Das torfige Malz kommt dann aus Schottland. 


Wahrer Charakter

© Johanna Rädecke

Für die Verkostung habe ich mich für die nicht torfige Variante des Wismarian Single Malt Whisky entschieden, der 3 Jahre in ehemaligen Bourbon- und Sherryfässern reifte, bevor er dann ungefärbt und nicht kaltfiltriert mit 43% auf die Flaschen gefüllt wurde. Beide Verfahren finden sonst in der Whiskywelt recht häufige Anwendung, um den Whisky kosmetisch zu verschönern. Aber genau wie beim Make-Up verschleiert die Kosmetik nur den wahren Charakter, spiegelt falsche Tatsachen wieder und ist meist nur schön anzusehen. Beim Whisky werden durch die Kältefiltration Fette entnommen, die dem Trinker beim Genießen „on the rocks“ die leuchtende Bernsteinfarbe versichern, ohne dass der Whisky trübe wird. Dadurch werden aber auch Aromen entnommen. Das zusätzliche Färben mit Zuckercouleur hilft optisch eine längere und intensivere Fassreife zu suggerieren.

Zunächst wieder ohne Wasser aus einem Nosingglas verkostet, wirkt er in der Nase klar, leicht und grasig mit Aromen von Getreide, Vanille, Holz und etwas Wabenhonig. Im Geschmack wird er leicht cremig, malzig und dezent salzig. Zur Vanille und Honigsüße gesellt sich noch ein Cocktail aus hellen Beerenfrüchten. Der Nachklang wirkt recht kurz, weil es ein leichter Malt ist, der den Genießer mit den Aromen nicht erschlägt. Schön ist, dass alle vorab entdeckten Komponenten noch einmal zum Vorschein kommen. 

Mit etwas Wasser wird der Malt generell süßer, auch die salzige Note wird leicht verstärkt und der Nachklang gewinnt an Länge.

Alles in Allem ist der Baltach ein ehrlicher, guter Whisky, den man probiert haben sollte. 

Die 0,7l Version kostet 59 €. Der torfige Malt kostet in der 0,5l Flasche mit 46% Alkohol 49 €.

Mehr Infos zur Brennerei: https://www.hinricusnoyte.de/

Den Baltdach kann man bei Whiskyle in Kiel testen. 

Mehr Whisky aus Norddeutschland

Ein piekfeiner Whisky

Ein kulinger Whisky

Molt Tied

 

Jens Schlünzen & Whiskyle

Zur Website
Facebook