Jens Schlünzen ist Whiskyexperte und kennt fast alle Destillerien auf den britischen Inseln. Er kennt aber auch den Whisky, der aus norddeutschen Destillerien stammt. Die besten des Nordens stellt er vor.
Heute machen wir einen sensorischen Ausflug nach Bremen, um Hanseatic Single Malt kennenzulernen.
Aus dem anfänglichen Interesse an den vielfältigen Aromen von Bränden ist eine Leidenschaft geworden, die Birgitta Schulze van Loon zu Praktika in Süddeutschland, Österreich und Südtirol geführt hat. Anschließend, mit dem erfolgreichen Abschluss einer zweijährigen Ausbildung zur Brennerin, eröffnete sie am 11.11.2011 um 11:11 Uhr ihre Destillerie Piekfeine Brände. Die Dame hat nicht nur Humor, sie hat auch ein richtig gutes Händchen für Edelobstbrände und -geiste. Später folgten auch noch Korn, Wodka, Gin, Rum und natürlich war Whisky als komplexer edler Brand eine logische Konsequenz ihres Tuns.
Zwei verschiedene Fassstärken
Aus dem Sortiment habe ich einen sechsjährigen Whisky erhalten mit zweierlei Alkoholgehalt. Zum einen mit 60 % als Fassstärke und zum anderen reduziert auf eine Trinkstärke von 45 %. Trinkstärke ist allgemein meist eine Abfüllung mit einem Alkoholgehalt von 40 – 46 %, die durch Zugabe von destilliertem Wasser zur Fassstärke erreicht wird. Der Bremer Whisky heißt Van Loon „the first hanseatic single malt whisky“, ist 6 Jahre alt, wurde 2014 im Pot-Still-Verfahren, d.h. in kleinen kupfernen Brennblasen, destilliert und dieses Jahr am 3. August in Flaschen abgefüllt. Die ersten drei Jahre verbrachte der Whisky in frischen Bourbonfässern sowie in ehemaligen Rotweinbarriques. Diese Fässer wurden dann zusammen in ehemalige Portweinfässer umgefüllt, um die restliche Reife zu erhalten.
Zum Verkosten standen bei mir dann auch gleich zwei Nosinggläser bereit und das eigene Reduzieren der Fassstärke auf Trinkstärke mit Wasser entfiel. Zunächst zur 45 %igen Abfüllung. In der Nase entfaltet sich schnell ein Aroma von Pflaumen, dass für Portweinfässer typisch ist. Zusätzlich kommen Schokolade, dezent Marzipan und ein Anklang von Eiche zum Vorschein. Im Geschmack ist der Whisky leicht trocken durch die Gerbstoffe der Fässer mit Noten von Nuss, Pflaume und Portwein. Er ist aber weich und rund mit leicht karamelliger Süße. Der Nachklang ist warm, lang und fruchtig.
Der 60 %ige bringt dann in der Nase mehr Eiche, etwas Würze und zu Pflaume und Schokolade auch noch Tabakaromen. Am Gaumen ist er vollmundig und kräftiger, aber nicht alkoholisch. Die Geschmacksnoten sind ähnlich der anderen Version, jedoch sind Holz und Nuss verstärkt. Der Nachklang ist länger, wärmer und die Portweinnoten kommen gut durch. Die Fassstärke schmeckt insgesamt typischer nach Whisky, aber ich finde beide sehr gelungen. Sie sind aber bisher noch nicht in Serie abgefüllt und die Preise stehen noch nicht fest. Als Anhaltspunkt kann ich aber mit Preisen der 5jährigen Varianten dienen. In der 0,5l Flasche kostet der 45er ca. 58 € und der 60er 77,50 € in der Destillerie. Die verkosteten Varianten bekommt man bei Piekfeine Brände in Bremen, finden aber auch ihren Weg nach Kiel. Hanseatic Single Malt – der loont sich! Zur Startseite