Jens Schlünzen

Whiskyexperte, Autor

Zum Portrait

Schwedischer Whiskypionier Mackmyra

28. Januar 2023

Schweden ist ein Land des Wintersports, des Handballs und der Seefahrt. Die Wikinger haben zum Beispiel Nordamerika entdeckt, lange bevor ein Christoph Kolumbus geboren wurde. Unter anderem waren sie sehr zahlreich im heutigen Großbritannien vorzufinden. Diese besondere und mittlerweile nicht mehr kriegerisch dominierte Beziehung zu den Britischen Inseln ist bis heute bei den Schweden geblieben. Und auch die Liebe zum Alkohol steckt seit Wikingerzeiten in ihren Genen. Neben den eigenen, eher mäßigen Produkten, wie Aquavit, Met, Glögg, Bier etc. wuchs die Vorliebe für schottischen Single Malt Whisky.

© Mackmyra

Schweden kann auch Whisky

© Mackmyra

So war es eigentlich eine logische Konsequenz, dass sich bei einem Skiausflug 1998 acht junge Schweden fragten, warum es eigentlich keine schwedische Whiskydestillerie gibt. Nach einigen Überlegungen gründeten sie 1999 eine Pilotbrennerei in Mackmyra bei Gävle, in der dann schon im Dezember dieses Jahres das erste Rohdestillat floss. Kleine Fässer von 30 Liter Fassungsvermögen wurden entweder aus ehemaligen Bourbon- oder Sherryfässern bzw. aus frischer schwedischer Eiche angefertigt und gefüllt. Um die Auswahl zu vergrößern, gab es auch gleich zwei Varianten des verwendeten Malzes. „Elegant“ ist dabei das normale und „Rök“ das torfige Rezept. Die kleinen Fässer hatten zwei Vorteile. Ein schnelleres Reifeverhalten als bei den normal gebräuchlichen, 200 bis 500 Liter großen Fässern war gewährleistet, und der gemeine schwedische Whiskyfreund hatte die Möglichkeit, seine 30-Liter-Ration leichter nach Hause zu transportieren. Der Whisky erfreute sich großer Beliebtheit, die Destillerie wurde 2002 vergrößert, und 2006 kamen die ersten Abfüllungen in der „Preludium“- Serie auf den Markt. Die Anzahl der Fassvarianten wächst weiter insofern, als die Fässer unterschiedlich vorbehandelt werden. Sie werden, zum Teil noch bevor ihr Destillat Einzug erhält, mit Fruchtweinen, Portwein, süßem Sherry, Starkbier, Rum, Tee oder gerösteten Kaffeebohnen befüllt, damit sie von den entsprechenden Aromen gesättigt sind. Auch der Lagerort der Fässer variiert, um die verschiedenen mikroklimatischen Einflüsse auf den Whisky mitzunehmen. Es existieren in ganz Schweden verteilt Fasslager im Wald, an der Küste auf Inseln, in einer ehemaligen Mine 50 Meter unter der Erde und auch in Deutschland. Auf Gut Basthorst in der Nähe von Hamburg entstand ein Fasslager, von dem aus auch mittlerweile der deutsche Import geregelt wird. Man kann dort auch bei Verkostungen Fässer aussuchen und kaufen. Nach verschiedenen Abfüllungen gibt es mittlerweile auch ein festes Standardsortiment, das immer wieder durch saisonale Sonderabfüllungen bereichert wird.

Gravity Distillery

2011 wurde die neue Gravity Distillery im Mackmyra Whisky Village in der Nähe von Gävle eingeweiht. In diesem modernen, 35 Meter bzw. sieben Stockwerke hohen Gebäude wird die Produktion von Prozess zu Prozess nur mit der Hilfe der Gravitation gesteuert. Die ältere Brennerei diente seitdem einige Zeit für Versuchsdestillationen, und seit 2017 wird dort unter dem Namen „Lab+Distillery“ der Gin des Hauses produziert. Zwei Sorten Gin und auch ein eigenes Tonic-Wasser gibt es schon. Wir können davon ausgehen, dass dieses schwedische Unternehmen in nächster Zeit wieder etwas Neues entwickeln wird und die Vielfalt der Genüsse erweitert.

© Mackmyra

Aktuell besteht das Sortiment aus den beiden Ginsorten „Organic“ und „Kreatör“ mit dem dazugehörigen Tonic und den Whiskys „Brukswhisky“, „Svensk Ek“, „Svensk Rök“ und „Mack“. Es gibt verschiedene limitierte Serien wie „Season“ und „Moments“, bei denen momentan der „Jaklycka“ bzw. der „Körsbärsrök“ aktuell sind. Herausheben möchte ich dabei den „Brukswhisky“, der den klassischen Stil der Destillerie in nicht torfiger Variante zeigt, und natürlich für die rauchigen Freunde den „Svensk Rök“, weil dieser durch die Verwendung von Wacholderzweigen im Torffeuer eine andere Note bringt als die schottischen Kollegen. Mackmyra ist die erste Whiskydestillerie in Schweden, aber nicht die einzige. High Coast Distillery, Spirit of Hven, Smögen Whisky und sieben weitere sind mittlerweile registriert, und es werden sicherlich noch einige folgen. Auch in Schweden wächst die Szene der Genusstrinker:innen.   

Mackmyra Whisky
Kolonnvägen 2
802 67 Gävle
Schweden
www.mackmyra.com

Whiskykolumnen Mackmyra

So trinkt der Norden

Die besten Brauer & Brenner

Eine kulinarische Kulturgeschichte

Band 2 der Edition Nordische Esskultur

KJM Verlag, 248 Seiten, Softcover, 22 Euro

Zur Buchbestellung Verlagsshop

Mehr Bücher von Nordischer Esskultur

Mythos Labskaus

Das neue Hamburg Kochbuch. So kochte und kocht die Hansestadt

Mythos Grünkohl

Mehr So trinkt der Norden

Vom Brauhaus zur edlen Destille

So trinkt der Norden

Korngeschichten

Piekfeine Brände aus Bremen

Kyrö: Von der Sauna in die Destille

Rügener Insel-Brauerei

Union Brauerei – Tradition trifft Moderne

Wildwuchs Brauwerk