Mehlbüdel: Norddeutscher Mehlkloß mit englischen Vorfahren

So kochte und kocht Hamburg
9. Februar 2022

Ein Beitrag von Thomas Sampl & Jens Mecklenburg

Beim norddeutschen Mehlkloß, plattdeutsch „Mehlbüdel“, handelt sich um einen Serviettenkloß nach dem Vorbild des englischen Puddings. Erste Rezepte für den „Püdding“ sind aus dem späten 17. Jahrhundert überliefert. Allen gemein waren die Zutaten: Mehl, Eier und verschiedene Zutaten wie Speck und Rosinen. Auch die Kombination aus würzig und fruchtig (süß) war stilbildend. Mehlklöße waren eine beliebte und sättigende Speise vor allem auf dem Land, wo Eier und Milch aus eigener Tierhaltung zur Verfügung standen. Für die ärmere Bevölkerung in Hamburg waren sie lange nicht üblich, da Eier in der Stadt relativ teuer waren. Mit dem Beginn der bürgerlichen Kochkultur kamen die Mehlklöße aber auch in Hamburg in Mode, und es finden sich in jedem Hamburg-Kochbuch seit 1850 Rezepte, besonders für den „Großen Hans“ aus Holstein, der mit dem Mehlbüdel eng verwandt ist. Die Zutaten für den Kloßteig variierten je nach verfügbaren Lebensmitteln. So wurden gern gekochte Kartoffeln vom Vortag zugegeben, ein Teil des Mehls durch altes Brot ersetzt oder auch Grieß verwendet. Heute nimmt man entweder einen Mehl- oder Hefeteig zur Herstellung oder einen Grundteig aus Milch, Eiern und Grieß. Der Mehlbüdel kann als Hauptgericht mit Kasseler, Schweinebacke und Kompott oder heißen Kirschen kombiniert werden.

KLASSISCH


Mehlbüdel mit Fruchtsaft, Fruchtsauce oder Kompott

ZUTATEN (für 4 Personen) 

4–5 Eier 

500 ml Milch 

60 g Butter 

60 g Schmalz (am besten Butterschmalz) 

60 g Zucker 

1 Prise Salz 

500 g Mehl 

Fruchtsaft, Fruchtsauce oder Kompott 

Evtl. Zucker und Zimt


ZUBEREITUNG 

• Eier trennen. Eigelb mit der Hälfte der Milch verquirlen. Zerlassenes Fett (Butter + Schmalz) und Zucker zugeben. Abwechselnd Mehl und restliche Milch unterrühren. Zum Schluss Eiweiß steif schlagen und unterheben. 

• Einen hohen Topf voll Wasser zum Kochen bringen. 

• Ein Tuch (Baumwoll- oder Nesseltuch) anfeuchten, auswringen und auf einer Seite mit Mehl bestäuben. Teig daraufgeben und das Tuch verknoten. Dabei 3 cm Leerraum lassen, da der Kloß sich noch ausdehnt. An einem Holzlöffel aufgehängt im halb zugedeckten Topf 2 Stunden im schwach köchelnden Wasser garen lassen. Der Kloß darf weder den Boden berühren, noch darf von oben Wasser ins Tuch laufen. 

• Fertigen Kloß herausnehmen, umdrehen und 5 Minuten ausdampfen lassen. In Scheiben schneiden und mit Fruchtsaft, Fruchtsauce oder Kompott, evtl. Zucker und Zimt, servieren.


Tipp 

250 g geriebene oder durchgepresste gekochte Kartoffeln oder 60 g Grieß zugeben, das macht den Teig saftiger. Etwas weniger Mehl, dafür etwas mehr Milch verwenden. Zusätzlich zum Kompott kann man Herzhaftes wie Kasseler und Schweinebacke dazu servieren.


MODERN

Grießbüdel mit Specksud, grünen Erbsen, Pfifferlingen und Dörräpfeln

ZUTATEN (für 4 Personen) 

100 g Bauchspeck (kein Bacon) 

250 ml Apfelsaft 

850 ml Gemüsefond 

1 Lorbeerblatt 

Salz 

100 g Dörräpfel 

200 ml Milch 

200 ml Hafermilch 

150 g Weichweizengrieß 

80 g Butter 

2 Bio-Eier 

Muskatnuss 

400 g Pfifferlinge 

1 Zwiebel 

1 Knoblauchzehe 

Pfeffer 

75 g frische Erbsen gepult 

½ Bund Petersilie


ZUBEREITUNG 

• Speck von der Schwarte befreien und in kleine Würfel schneiden. In einer Pfanne ohne zusätzliches Fett schön braun anrösten. Mit Apfelsaft ablöschen und 10 Minuten reduzieren lassen. Mit Gemüsefond auffüllen und Lorbeerblatt hinzugeben. Leicht salzen und köcheln lassen. Nach 5 Minuten die Dörräpfel in kleine Stücke schneiden und in den Fond geben. Weiterköcheln lassen. 

• Milch und Hafermilch in einem Topf aufstellen und zum Kochen bringen. Grieß einrühren, Temperatur hinunterdrehen und ziehen lassen. Kurz bevor der Grieß weich ist, 100 g Butter unterheben und noch etwas ziehen lassen. 

• Eier in eine Schüssel geben, mit einem Schneebesen gut durchrühren, mit Salz und Muskatnuss würzen. Gewürzte Eier unter die Grießmasse rühren. Auskühlen lassen. Dann Grießteig zu Büdeln formen und in den Specksud zum Garen geben. Es sollte nur leicht köcheln. Wenn die Büdel oben schwimmen, sind sie nach weiteren 5 Minuten gar. 

• Pfifferlinge waschen und klein schneiden. Eine Pfanne auf den Herd stellen und leicht erwärmen. 50 g Butter schmelzen und Pfifferlinge leicht darin

anrösten. Zwiebel und Knoblauch schälen und klein würfeln. Nacheinander zu den Pfifferlingen geben und mit Salz und Pfeffer würzen. Jetzt frische Erbsen dazugeben und kurz durchschwenken. Petersilie waschen und in feine Streifen schneiden. Zu den Pilzen geben und nochmals abschmecken. 

• Grießbüdel mit Specksud und Dörräpfeln in einem tiefen Teller anrichten. Erbsen und Pfifferlinge auf die Grießbüdel geben und mit etwas Petersilie garnieren.


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