An den Bienen lässt sich gut beobachten, was zwischen Natur und Mensch gut oder schlecht läuft. Anette Hollenbach nimmt uns in ihrem Bienen-ABC mit auf die abenteuerliche Reise durch den Lebenszyklus der Bienen. In dieser Folge geht es um die Sehkraft der Bienen.
Gestochen scharf in Zeitlupe
Wie auch viele andere Insekten sieht die Honigbiene in Zeitlupe. Panische Handbewegungen, die uns Menschen verwischt erscheinen, sehen die Insekten in allen Bewegungsphasen gestochen scharf. Schlagende Bewegungen, mit denen ängstliche Menschen, Biene, Wespe, Hornisse & Co zu vertreiben versuchen, bieten den Insekten also perfekt erkennbare Angriffsziele – bitte unbedingt merken und beherzigen.
Denn das scharfe Sehen von einzelnen Bildern in schneller Folge hat seinen Sinn. Wobei nebenbei bemerkt, dieser nicht darin besteht uns Menschen bessere stechen zu können. Insekten haben ihren Stachel in erster Linie nur zur Verteidigung gegenüber Artgenossen.
Die Biene wird mit dem Zeitlupensehen in die Lage versetzt, schnell vorbeifliegende Bienen zu erkennen und ihnen zu folgen. Das gilt für die Eskortbienen, die ihre Königin auf den Hochzeitsflug begleiten genauso wie für einen Bienenschwarm auf der Suche nach einem neuen Zuhause. Auch die Bienenmänner mit ihren besonders großen Facettenaugen erspähen eine Bienenkönigin gestochen scharf. Außerdem ermöglicht die Sehkraft die Bildung von Minischwärmen: erfahrene Außendienstlerinnen (Sammlerinnen) rekrutieren Azubis und Berufsanfänger (unerfahrene Sammlerinnen) um die Gruppe zu den Futterquellen zu führen.
Der völlig unscheinbare aber blütenpollenreiche Spitzwegerich macht sich das Sehen von schnellen Bewegungen der Insekten übrigens zunutze. Er präsentiert nämlich seine unscheinbare Blüte auf langen, dünnen, sehr flexiblen Stängeln, die schon bei der kleinsten Brise zu schwingen beginnen. Mit diesem Wink sichert sich diese unauffällige Pflanze die volle Aufmerksamkeit der Bienen, ihren Bestäuberinnen.
