Die Honigbiene geht mit gutem Beispiel voran: Sie ist geschickte Baumeisterin und Bauherrin; verwendet nachhaltige und natürlich natürliche Baumaterialen. Honigbienen heizen ihren Stock nicht nur umweltfreundlich und effizient, sie „backen“ sich ihre Nachkommen mit eben den Eigenschaften, welche die aktuelle Umweltsituation erfordert. Apropos Bauherren und Nachkommen. Häufig werde ich gefragt, warum ich allen Mut zusammen und all das Risiko auf mich nahm, um mein Hobby zur Berufung zu machen. Die Antwort ist einfach.
Jahrelang hatte ich mit einer immer häufiger auftretenden und mittlerweile fast schon invasiven Bauherrenspezies zu tun. Nämlich die, die es ganz einfach, einfach haben wollte. Die, die keine wertvolle Zeit in ihrem Garten verschwenden möchte. Dafür lieber „netflixen“, ihre Lieblingsserie „primen“ oder ihrem Nachwuchs, anstatt einer Gute-Nacht-Geschichte, das Smartphone in die Hand drücken. Ach, das Leben kann so herrlich einfach sein! Ich hätte mir meinen Berufsalltag auch weiterhin ganz einfach, einfach gestalten können. Wären da nicht die vielen Neubaugebiete, die zu meinem täglichen Arbeitsumfeld gehörten, die die sich nur durch artenreiche Haustypen unterscheiden. Da stehen charmante norddeutsche Friesenhäuser mit exotischen aber beinahe schon typischen Ziergehölzen, Kubushäuser mit total hippen Kieselvorgärten und prächtige Stadtvillen, die vereinzelt doch tatsächlich von einer Rasenfläche eingefasst werden.
Also bloß keine heimischen Blühsträucher, Gehölze für Insekten oder gar ein Blumenbeet mit Spätsommerstauden anlegen. Neugierige Blicke kann man ja auch wieder ganz einfach mit einer praktischen und zudem preiswerten, fremdländischen Thujahecke abwehren. Vielleicht nistet ja auch ein Vogel darin, wäre da nicht der dicke Kater von nebenan, der gern mal hinlangt… Außerdem ist noch kein Gartenroboter auf dem Markt, der da draußen mit deutscher Gründlichkeit für Ordnung sorgt.
Für das gute Gewissen wird dann schnell noch ein Insektenhotel in Baumarktqualität an die Grundstücksauffahrt in nördliche Richtung aufgestellt. So nehmen Freunde, Besucher und Vorbeifahrende sofort wohlwollend zur Kenntnis, dass dort ein Naturfreund zuhause ist, der den nicht und niemals vorhandenen Wildbienen eine Nistmöglichkeit anbietet. Und wehe dem, der ganz klammheimlich in der hintersten Ecke des Neubaugebietes ein Carport mit einem Gründach gebaut hat – der kann sich aber auf was gefasst machen! Denn sobald eine laue Frühsommerbrise die hübschen Samen-Schirmchen eines Löwenzahns in Nachbars Steinwüste schweben lässt, ist es ein für alle Mal vorbei mit den „ach so netten“ Straßenfesten und dem Schnack über den pflegeleichten WPC-Sichtschutzzaun.
Ich hatte die Nase voll von alledem. Mit glücklicher Hand habe ich meine Honigbienen Jahr für Jahr vermehrt, Brutwaben entnommen, ein paar Bienen dazu gegeben und gehofft, dass die Mädels schnell eine neue Königin aufziehen – mit Erfolg.
Jeder von uns kann jeden Tag wieder neu dazu beitragen, dass das Leben Stück für Stück bunter und somit für alle Beteiligten lebenswerter wird. Und wenn Sie jetzt im Frühling einen Plüschmors auf einer Blüte sitzen sehen, halten Sie einen Moment inne und überlegen, was Sie mit Ihrem täglichen Tun und Handeln zur Verbesserung der Lebensräume für Biene, Hummel, Schmetterling & Co. beitragen können.
Also rein in die Gummistiefel und ran an den Spaten!