Anette Hollenbach

Imkerin & Autorin

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Hummeln im Hintern: Sand- und Mauerbienen

Bienenkolumne Summ summ summ
7. Mai 2021

Wir kennen den Tatendrang nach den langen Wintermonaten doch alle. Da werden Terrassen und Gartenmöbel geschrubbt, Hausfassaden und Gehwegplatten häufig mit viel Chemie von Grünalgen befreit und der Vertikutierer springt an um Moose und „Unkräuter“ zu entfernen. Für Wildbienen heiß das: Wir wollen euch hier nicht!

Helden des ökologischen Gleichgewichts

Die eigentlichen Helden unseres ökologischen Gleichgewichts sind neben 30 Hummelarten fast 270 Wildbienenarten, die allein in Schleswig-Holstein beheimatet sind.
Sie sind jetzt wieder unterwegs – die Honigbiene und ihre vielen Verwandten. Um das Wohl der landesweit gut 20.000 Honigbienenvölker sorgen sich mehr als 3.000 ImkerInnen. Doch wo und wie leben eigentlich die Wildbienen, wie Sandbiene und Mauerbiene? Die, die wir Menschen kaum wahrnehmen und die keine Lobby haben?

Die Vielflieger sind für unseren Planeten sehr wichtige Helfer zum Erhalt des gesamten Ökosystems, das ist bekannt. Sie bestäuben nicht nur unsere Nutzpflanzen, sondern verspeisen ganz nebenbei die Larven von Schädlingen. Wildbienen sind Singles ohne Hofstaat. Für den Ausbau ihrer Kinderstube werden Markstängel von Brombeeren, rissige ausgewaschene Fugen an Hauswänden, Steinmauern mit sandigen Zwischenräumen oder sogar morsche Holzhandläufe von Treppenaufgängen besiedelt. Wer Wildbienen anlocken möchte, braucht einen wilden Garten – eigentlich ganz einfach.

So unterschiedlich das Erscheinungsbild der Tiere ist, so vielfältig sind auch die Lebensweisen. Denn nicht jede Wildbiene passt zu jeder Blüte. Wenn wir uns auf die bunte Vielfalt von Blumenwiesen einstellen, eine vielfältige Kulturlandschaft ausbauen und auf Obst und Gemüse nicht verzichten wollen, zählt jede Biene.
Gerade die allerschönsten Blumen bieten für Insekten – mehr als 33.300 Blumenarten sind in Deutschland bekannt – oft keine Nahrung. Das sind häufig gefüllte Blüten, bei denen Staub- und teils auch Fruchtblätter zu Blütenblättern zugunsten ihres hübschen Aussehens zurückgezüchtet wurden. Ergebnis: Keine Pollen, keinen Nektar – keine Nahrung!

Graue Sandbiene. Foto: Anette Hollenbach

Die meisten erdnistenden Wildbienen, wie die Graue Sandbiene, auf dem obigen Bild zu sehen, leben in Erdhöhlen oder in sandigen Böden. Weiterführende Informationen zu erdnistenden Wildbienen finden Sie
hier.

Die Rostrote Mauerbiene (Osmia bicornis) hat es in diesem Jahr  auf´s Treppchen geschafft und wurde zur Biene des Jahres 2019 gekürt. Sie soll stellvertretend für alle Ihre wilden Schwestern auf den Schutz von Wildbienen und die Bedeutung von Bestäubern aufmerksam machen. Mehr Informationen zur Rostroten Mauerbiene, finden Sie bei Senckenberg, Gesellschaft für Naturforschung.

Küchenkräuter nicht nur für den heimischen Herd

Wildstauden, Obstbäume und Magerwiesen bieten leckerste Nahrung für die Wildbienen. Blühende Küchenkräuter sind sehr beliebt – nicht nur bei uns. Eine kleine Ecke im Garten oder neben der Terrasse findet sich doch immer, um einfach nur Bienensaat oder Küchenkräuter auszusäen. Je abwechslungsreicher das Blütenangebot desto besser.

Auch in einem Reisig- oder Totholzhaufen (siehe Bild) fühlen sich unzählige Insekten wohl, Amphibien und der Igel ebenso. Nebenbei bemerkt: Brennnesseln dienen als Nahrung für die Larve des Tagpfauenauges. Ein kleiner Teich oder eine flache Wasserschale (bitte Kieselsteine oder Zweige hineinlegen) ist Chill-out-area und bietet Abkühlung an heißen Sommertagen.

Wildbienen am Stadtbalkon

Sie brauchen nicht unbedingt einen Garten, um Wildbienen glücklich zu machen. Für Insekten ist der Tisch in den Städten reichlich gedeckt: Friedhöfe, Parkanlagen, Hinterhöfe, Balkone und Schrebergärten. Das ganze Jahr hindurch blüht es üppig und Pestizide werden kaum eingesetzt. Sogar ein Balkon in großer Höhe ist geeignet: Für die Bienen bedeuten 20 Meter oder höher nur wenige Sekunden Flugzeit. Daher sind auch Stadtbalkone gute Futterquellen für Bienen.

Künstliche Natur

Löwenzahn wird gern herausgerissen und durch gefüllte Tulpen ersetzt. Weil wir das so schön finden. Das ist so, als würde man Ihnen in einem Restaurant nur das Foto ihres Lieblingsgerichtes präsentieren, worauf Sie sich schon so lange gefreut haben. Was wir Menschen als natürlich empfinden ist häufig künstlich gestaltet. Wir allein haben definiert was ein Unkraut ist. Jede Pflanze hat ihren Platz und ihre Bestimmung und ist Bestandteil des Ökosystems.

Während Sie mit einem guten Wein am Abend in Ihrem Garten zur Ruhe kommen, denken Sie doch bitte auch über die Bedürfnisse der Bienen nach. Sie lieben Wildkräuter.

Foto: Hofbienerie

Hofbienerie Anette Hollenbach

www.hofbienerie.de

Über Anette Hollenbach

Die Frau die mit den Bienen spricht