Jens Mecklenburg

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Rauchschwaden

Vom Lüften wird abgeraten.
12. Juni 2021

Vorneweg: Ich bin kein großer Griller. Gibt es doch nur wenige Lebensmittel, die auf dem Grill besser gelingen als in der Pfanne oder im Ofen. Und da ich in Geschmacksdingen eigen bin, koche ich lieber in der Küche als im Garten. Da aber Familie und Freunde gerne Grillen, ich kein Spielverderber sein will, grille ich halt mal mit. Ein paar Lammkoteletts oder ein schöner Fisch auf dem Grillrost, schmecken ja auch ganz gut.

Aber wie gesagt: Ich bin kein großer Griller, halte das von Jahr zu Jahr zunehmende Gewese ums Grillen für übertrieben. Manchmal sogar für ein Ärgernis. Ziehen doch, sobald sich die Sonne mal kurz blicken lässt, dicke Rauchschwaden über mein Wohnhaus. Der nahe Park, den sich bis vor wenigen Jahren noch zahlreiche Enten, Jogger und Spaziergänger einträchtig geteilt haben, wird nun von Hunderten Grillern okkupiert. Da bleibt fürs Laufen und Spazierengehen kein Platz. Es würde auch die notwendige Luft zum Atmen fehlen. Ein Besucher aus dem Osten fühlte sich an Bitterfeld erinnert. Die Enten des Parks wurden mittlerweile durch Tierschützer evakuiert. Die einstmals begehrte innerstädtische Wohngegend in der Landeshauptstadt des „echten“ Nordens am Park – hier wohnt auch eine ehemalige Ministerpräsidentin – wurde von der Stadt nun hochoffiziell zum Grillnotstandsgebiet erklärt. Die schmucken Wohnungen aus der Gründerzeit werden mittlerweile zu Spotpreisen angeboten. Ergebnislos: Wer kauft schon Wohnungen inklusive Atemnot?

Wofür der ganze Rauch?

Und wofür der ganze Rauch? Wenn die Leute doch wenigstens was anständiges Grillen würden! Meint auch der TÜV Rheinland. Die kümmern sich nicht nur um die Verkehrstüchtigkeit unserer Autos, sondern auch um unser Klima. Hängt ja auch zusammen. Sie haben errechnet, dass ein kleiner gemütlicher Grillabend mit zwei Familien die Umwelt, klimatechnisch gesehen, etwa so stark belastet wie eine Autofahrt über 120 Kilometer. Vor allem von Rindersteaks und Grillkäse soll man, wenn es nach dem TÜV geht, die Finger lassen. Für die Umwelt ganz schlecht. Schweinenacken und Gemüse sind aber erlaubt, dafür gibt der TÜV sein Siegel. Machen dem Klima angeblich nicht so viel aus. Ist es nicht schön, wenn der TÜV uns zu Grill-Musterschülern erziehen will?

Gegen Gemüse auf dem Grill ist ja auch nichts einzuwenden. Ich packe selbst gerne grünen Spargel drauf, wenn ich denn schon grillen muss. Aber Schweinenacken aus dem Supermarkt, womöglich schon fertig mariniert, mag für unser Klima nicht ganz so schlimm sein, dafür aber umso mehr für unsere Geschmackssinne. Die angebotenen Qualitäten sind schlicht unterirdisch, dem Homo sapiens nicht würdig. Und für diese miese „Qualität“ werden auch noch Tiere gequält – der Standard in der Schweinehaltung.

Sollten die Griller in unseren Parks – in den Einfamilienhaussiedlungen raucht und riecht es ähnlich – eines Tages tatsächlich vertrieben werden, dann sicher nicht wegen der Geruchsbelästigung durch billige Grillwurst zweifelhafter Herkunft, wegen unethischen Verhaltens gegenüber unseren Nutztieren oder weil die Behörden kulinarische Qualitätskontrollen durchführen. Sondern, TÜV-sei-Dank, weil sie zu viele Klima gefährliche Rindersteaks gegrillt haben.

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