Jochen Strehler

Koch und Gastronomiekritiker

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Nordisch Fischdeel

Das „Fischereihafen Restaurant“ von Eckernförde
16. Juli 2021

Wer seine Lehre in Kowalkes berühmten Hamburger Fischereihafen-Restaurant absolviert, der muss irgendwann selbst ein Fischrestaurant eröffnen. Eckernförde und seine Gäste dürfen sich über selbiges freuen, denn im Fischdeel gibt es frischen Fisch in passendem Ambiente auf den Teller serviert.

© Torsten Schott

„Ein echtes Fischrestaurant“

In Kiel wird seit Jahrzehnten nach einem solchen gerufen. Nicht nur Touristen suchen eine Anlaufstelle, frischen Fisch in passendem Ambiente auf den Teller serviert zu bekommen. Es gab Versuche und Ansätze und den grundsätzlichen Arbeitstitel hatten und haben so einige.

Aber ein waschechtes Fischrestaurant gibt es immer noch nicht in der Landeshauptstadt. Das Franchise-Projekt mit berühmtem Sylter Namen, in der Nähe des Landtages, gehört in eine andere Kategorie Gastronomie. Natürlich gibt es durchaus Restaurants, in denen man tadellos Fisch essen kann, aber das allein macht noch kein Fischrestaurant aus.

Eckernförde verfügt über eins seitdem Torsten Schott 2011 eine urwüchsige Fischbratküche übernahm und in die Neuzeit brachte.


Von Kowalke gelernt

Vielleicht war der Lebensweg des heute 52-jährigen Hamburger Jung ja bereits tatsächlich seit 1984 vorgezeichnet, als er seine Lehre in Kowalkes berühmten Hamburger Fischereihafen-Restaurants begann. Durch Berge allerfrischesten Fisches hat er sich gearbeitet, damals, und dabei sein Qualitätsgefühl entwickelt für dieses Lebensmittel.

So einige Stationen in Hamburg (u. a. Renaissance Hotel) und auf Sylt (Manne Pahl, Po Nickelsen) folgten, eine erste Selbstständigkeit mit der „Zone 30“ auf dem Gelände eines großen Autohauses in Kiel machte ihn an der Förde bekannt. Und als Küchendirektor einer Restaurantkette sammelte er weitere nützliche Erfahrungen.

2011 stand er nun im Traditionsbetrieb „Fischdeel“ in Eckernförde, einen Steinwurf vom Hafen entfernt in einer für diese Stadt typischen kleinen Gassen. Die Besitzerfamilie wollte sich zur Ruhe setzen und diese Gaststätte mit anliegendem kleinen Fischverarbeitungsbetrieb abgeben. Der „Duft gebratenen Aales“ hing schwer in jeder Pore dieser Räume, so Torsten Schott. Ihm gefiel dies einerseits sehr und erinnerte ihn an seine ersten Berufsjahre, er wusste aber auch ganz genau, dass es einer gründlichen Renovierung bedurfte, dort seinen Lebenstraum in zeitgemäßer Weise zu verwirklichen. Und machte sich ans Werk.

© Torsten Schott

Von Meer & Land

Im Juni 2011 war es dann soweit, modern, aber gemütlich eingerichtet sind es nun ca. 40 Sitzplätze drinnen und zusätzlich 30 Plätze im wunderschönen Innenhof während der warmen Jahreszeit.

Das Konzept war klar, der frische Fisch sollte auch hier weiter der Mittelpunkt sein. Traditionsgerichte sollten neben moderner kreativer Küche ihren Platz finden, aber auch die Verächter allen Meeresgetiers sollten gerne kommen können. So wanderte der Zusatz „Land & Meer“ hinter den Firmennamen.

Die Plätze sind fast durchgängig belegt, eine Reservierung ist ausgesprochen ratsam, das Konzept geht schon seit Jahren sichtlich auf.

Die einen kommen wegen der bekannten Klassiker auf der Karte, wie dem gekochten Ostseedorsch mit Gurkensalat, Senfsauce und Salzkartoffeln oder auch dem sogenannten „Fischerkorb“. Ab 2 Personen sitzt man hier gemeinsam um eine große Steingutform mit reichlich knusprig gebratenen Fischfilets auf Gemüse, passendem Dip und kleinen Röstkartoffeln. Auch der „Fischeintopf“ schafft es nicht mehr runter von der Speisekarte, so beliebt ist er. Als Vorspeise oder auch sättigendem Hauptgang erhältlich, nach Art der französischen Bouillabaisse mit Pernod und Knoblauch abgeschmeckt, deftig und fein gleichermaßen.

Andere Stammkunden freuen sich auf die täglich wechselnden Empfehlungen. Bei unserem letzten Besuch, Ende November, waren dies unter anderem frische dänische Miesmuscheln, im Kochtopf direkt zum Tisch gebracht im Weißwein-Wurzelsud. Welsfilet unter der Kürbiskern-Kruste mit rotem Spitzkohl war im Angebot und unglaublich knackige, aber eben nicht zähe, frische Calamaris aus Norwegen in gutem Olivenöl mit Kräutern & Tomate. Besonders angetan waren wir von einem ganz schlichten Grünkohl-Gericht. Der frische Kohl, nicht stundenlang weichgekocht wie bei der traditionellen Version, sondern mit Ingwer und brauner Butter bissfest gedünstet. Obenauf nun, statt der gewohnt schweren Fleisch- und Wurstspezialitäten, eine schöne Portion an der Haut gebratener Seehecht, ein Wasabi-Sößchen anbei und eine sichtlich handgeschälte Salzkartoffel (im Übrigen eine leider fast ausgestorbene Tätigkeit in den Restaurants unserer Zeit, achten Sie mal darauf).


Ohne Fehl & fast ohne Tadel

Traditionellen Labskaus kann man natürlich hier ebenso immer bekommen (auch in kleiner Probierportion) wie diverse Matjes-Versionen. Auch Schott verwendet, übrigens aus Eckernförder-Fabrikation, die fertigen Heringsfilets nach Matjesart wie heutzutage (leider) fast jeder. Den wirklich echten Matjes, wie ihn nur die Holländer und einige Glückstädter Manufaktur herstellen, gibt´s auch hier nicht für Geld und gute Worte. Die meisten Gäste haben sich auch inzwischen bundesweit an die rosé-farbenen, zarten, quasi grätenfreien und sehr milden Stücke gewöhnt, bei denen die Filets der Heringe mit Enzymen zur Reife gebracht werden, farblich mit ein wenig Rote Beete-Saft abgerundet. Der echte Kenner der Materie bevorzugt ja den im Ganzen gereiften Hering, der erst im letzten Arbeitsschritt filetiert wird. Die Matjes-Varianten in der Fischdeel sind bunt, abwechslungsreich, ohne Fehl & fast ohne Tadel. Ein hausgemachtes Karameleis rundete unseren Abend ab, Naschkatzen finden auch noch weitere Desserts auf der kleinen Karte.

© Torsten Schott

Am Nachbartisch wurde nach Vorbestellung, eine klassischer Gänsebraten zelebriert, ganz ohne Fisch und augenscheinlich zur größten Zufriedenheit der Gäste. Torsten Schott steht stets persönlich am Herd der kleinen, einsehbaren Küche und hat doch immer alles im Blick, was in seinem Restaurant vor sich geht. Qualitätsmängel sind recht selten hier, das hat sich herumgesprochen.

Der Service – die meisten bereits seit Jahren bei Schott – umsorgt die Gäste freundlich und unaufgeregt, die Weinauswahl ist klein, aber völlig ausreichend. Nebenan, im ehemaligen Fischverarbeitungsraum des Vorgängerbetriebes, hat Schott vor 2 Jahren einen Veranstaltungsraum eingerichtet, modern skandinavisch gestylt, hell, aber „hyggelig“. „Nystedt“ heißt dieser Raum, mit Küche und Tresen ausgestattet wie ein eigenes, kleines Restaurant. Für Veranstaltungen bis zu 30 Personen kann man ihn mieten – Empfänge, Familienfeiern, Kochkurse – das und noch vieles mehr ist hier möglich.

© Ingo Wandmacher

 

Fischdeel Land & Meer

Torsten Schott
Kattsund 22
24340 Eckernförde

Telefon: 04351 – 56 51
E-Mail: ahoi@fischdeel.de
Web: www.fischdeel.de

Offen:
Durchgehende Küche

Im Sommer: Dienstag bis Sonntag ab 11:30 Uhr
Im Winter: Mittwoch bis Sonntag ab 11.30 Uhr
Montag ist Ruhetag,

An Feiertagen und in der Hochsaison gelten gesonderte Regeln.