Mehr Einkaufsmöglichkeiten, aber weiter keine Reisen und Restaurantbesuche: Bund und Ländern lockern die Einschränkungen im Kampf gegen Corona in kleinen Schritten. Die aktuellen Entscheidungen im Überblick.
Einkaufen
Geschäfte mit einer Verkaufsfläche von bis zu 800 Quadratmetern sollen unter Auflagen unter anderem zur Hygiene von diesem Montag an wieder öffnen dürfen. Dies gilt unabhängig von der Verkaufsfläche auch für Kfz- und Fahrradhändler sowie Buchhandlungen. Supermärkte und Lebensmittelgeschäfte haben ohnehin geöffnet.
Der Handelsverband Deutschland (HDE) kritisierte die Begrenzung auf kleinere Geschäfte als „Wettbewerbsverzerrungen“. Es gebe aus Sicht des Handels kein Sachargument für eine stufenweise Öffnung der Läden, sagte HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Abstands- und Hygieneregeln könnten sowohl in kleinen als auch in großen Geschäften eingehalten werden. Der Handelsverband Textil (BTE) forderte, spätestens von Anfang Mai an grünes Licht für die Öffnung aller Geschäfte zu geben.
Autohäuser
Die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller, zeigte sich über die Öffnung von Kfz-Händlern erfreut. Die Entscheidung, den stationären Kfz-Handel für den Verkauf von Neu- und Gebrauchtfahrzeugen wieder zuzulassen, sei ein wichtiger und notwendiger Schritt auf dem Weg, auch den Hochlauf der Produktion wieder zu ermöglichen, teilte Müller mit. „Es gibt keine Fertigung ohne Vertrieb.“
Reisen
Auf Reisen sollen die Menschen vorerst weiter verzichten. Das gilt auch für touristische Tagesausflüge. Die weltweite Reisewarnung wird aufrechterhalten. Übernachtungsangebote im Inland sollten weiterhin nur für notwendige und ausdrücklich nicht touristische Zwecke zur Verfügung gestellt werden. Der Deutschen Tourismusverband (DTV) befürchtet daher existenzielle Folgen für die Branche in Deutschland. „Es ist jetzt mit einer weiteren großen Stornierungswelle zu rechnen, die die Liquidität vieler Betriebe übersteigen wird. Das ausgefallene Ostergeschäft ist in weiten Teilen des Tourismus nicht mehr nachzuholen“, warnte DTV-Geschäftsführer Norbert Kunz. Er forderte nicht zurückzahlbare Zuschüsse für alle existenzbedrohten touristischen Anbieter in Deutschland. Die Reise- und Tourismuswirtschaft gehört zu den Branchen, die in der Corona-Krise am härtesten betroffen sind.
Gastronomie
Restaurants, Bars und Clubs bleiben weiter für ungewisse Zeit geschlossen. Die Branche benötigt aus Sicht des Gaststättenverbands Dehoga deshalb ein Rettungspaket. „Unsere Betriebe waren die ersten, die geschlossen wurden, und sind nun die letzten, die wieder öffnen dürfen“, sagte Dehoga-Präsident Guido Zöllick. Als Teil eines solchen Rettungspakets forderte der Verband unter anderem die Bildung eines „Rettungs- und Entschädigungsfonds“ mit direkten Finanzhilfen für die Betriebe. Bundeskanzlerin Angela Merkel verteidigte den Beschluss, es gelte weiterhin, dass man außerhalb des eigenen Haushaltes nur mit einer Person zusammentreffen dürfe. In Gaststätten seien solche Beschränkungen oder Mindestabstände zu anderen Personen überhaupt nicht zu kontrollieren.
Feierlichkeiten
Zusammenkünfte in Kirchen, Moscheen und Synagogen sowie religiöse Feierlichkeiten und Veranstaltungen sowie Zusammenkünfte anderer Glaubensgemeinschaften sollen nach den Vorstellungen des Bundes weiterhin untersagt bleiben.
Schulen
Prüfungen und Prüfungsvorbereitungen der Abschlussklassen des laufenden Schuljahres sollten nach entsprechenden Vorbereitungen unmittelbar wieder stattfinden können, heißt es in dem Papier weiter.
Die Notbetreuung in den Kitas werde fortgesetzt und auf weitere Berufs- und Bedarfsgruppen ausgeweitet. Dadurch solle besonders Eltern in zentralen Wirtschaftsbereichen eine Rückkehr in den Arbeitsalltag ermöglicht werden.
Ab dem 4. Mai sollen nach den Vorstellungen des Bundes prioritär auch die Schüler der Abschlussklassen und qualifikationsrelevanten Jahrgänge wieder in die Schule können, die im nächsten Schuljahr ihre Prüfungen ablegen. Zudem soll dann die letzte Klasse der Grundschule wieder in die Schule dürfen. Die Kultusministerkonferenz soll bis zum 29. April ein Konzept für weitere Schritte vorlegen, wie der Unterricht unter besonderen Hygiene- und Schutzmaßnahmen insgesamt wieder aufgenommen werden kann. An den Hochschulen könnten nach diesen Vorstellungen neben den Prüfungen auch Praxisveranstaltungen wieder aufgenommen werden, die spezielle Labor- und Arbeitsräume erfordern, wie etwa Laborpraktika.
Pflegeheime
Für Pflegeheime, Senioren- und Behinderteneinrichtungen sollten je nach lokalen Gegebenheiten besondere Schutzmaßnahmen ergriffen werden, schlägt der Bund vor. Allerdings sollten die Maßnahmen nicht zu einer „vollständigen sozialen Isolation der Betroffenen“ führen. Daher solle für die jeweilige Einrichtung ein spezielles Konzept entwickelt und gegebenenfalls immer wieder angepasst werden.
Arbeit
In Industrie und Mittelstand solle wieder ein sicheres Arbeiten ermöglicht werden, heißt es in der Beschlussvorlage. „Ausgenommen bleiben wirtschaftliche Aktivitäten mit erheblichem Publikumsverkehr.“ Arbeitgeber hätten eine besondere Verantwortung für ihre Mitarbeiter, um sie vor Infektionen zu schützen. Jedes Unternehmen müsse unter anderem auf Grundlage einer betrieblichen Pandemieplanung ein Hygienekonzept umsetzen. Kontakte in der Belegschaft und mit Kunden seien möglichst zu vermeiden. Wo immer umsetzbar solle von zu Hause gearbeitet werden.
Die Wirtschaft soll unterstützt werden, internationale Lieferketten wiederherzustellen. Dazu sollen in den Wirtschaftsministerien Kontaktstellen für betroffene Unternehmen eingerichtet werden. In die Kontaktstellen des Bundes sollen demnach auch Auswärtiges Amt, Verkehrsministerium, das für den Zoll zuständige Finanzministerium sowie das Innenministerium eingebunden werden.
Leitschnur
Leitschnur für die kommenden Wochen sei es, alle Menschen in Deutschland so gut wie möglich vor Infektionen zu schützen, heißt es in der Vorlage. „Wir werden in kleinen Schritten daran arbeiten, das öffentliche Leben wieder zu beginnen, den Bürgerinnen und Bürgern wieder mehr Freizügigkeit zu ermöglichen und die gestörten Wertschöpfungsketten wiederherzustellen.“
Gesundheitsdienst
Der Bund schlägt den Ländern zudem vor, in den öffentlichen Gesundheitsdiensten erhebliche zusätzliche Personalkapazitäten zu schaffen – es soll mindestens ein Team von fünf Personen pro 20 000 Einwohner zur Verfügung stehen. In besonders betroffenen Regionen sollten zusätzliche Teams der Länder eingesetzt werden. Auch die Bundeswehr werde mit geschultem Personal solche Regionen bei der Kontaktnachverfolgung und -betreuung unterstützen.
Mit Blick auf sogenannte Tracking-Apps, mit denen Infektionsketten verfolgt werden könnten, heißt es, sobald eine breit einsetzbare Anwendungssoftware vorliege, werde es darauf ankommen, das breite Teile der Bevölkerung diese nutzten. Ein Flickenteppich von nicht zusammenwirkenden Systemen soll vermieden werden.
Um Engpässe bei Schutzausrüstung zu überwinden, sollten auch in Deutschland unter Hochdruck Produktionskapazitäten aufgebaut werden.
Vordringliches Ziel sei die Vollversorgung von Gesundheitswesen und Pflege mit medizinischen Schutzmasken. Darüber hinaus gehende Kapazitäten sollten im Arbeitsschutz dort eingesetzt werden, in denen Kontaktabstände nicht durchgängig gewährleistet werden könnten.
Alltagsmasken
Eine Pflicht für das Tragen von Alltagsmasken wird in dem Papier des Bundes nicht empfohlen. Vielmehr wird auf die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts hingewiesen, nach denen das Risiko von Infektionen reduziert werden könne. Insbesondere würden die Umstehenden geschützt – „insofern kann bei richtiger Handhabung deren Einsatz sinnvoll sein“.