Schon auf den ersten Blick wirkt das Buch verlockend – eine muntere Frau schaut uns über ein übergroßes (und volles!) Sektglas auffordernd an! Im Buch steht nicht, wer die schöne Dame ist, aber wir lernen eine Menge anderer Frauen kennen, die uns mit ihren Lieblingsgetränken bekannt machen.
Man soll sich „nicht zu sehr des Trinkens enthalten, weil man sich durch solche Enthaltsamkeit ausdörrt und sich eine Schwerfälligkeit des Geistes und des Körpers zuzieht.“ Hildegard von Bingen
Überaus prominente sind dabei, Patricia Highsmith, zum Beispiel, Dorothy Parker und Katherine Mansfield. Nicht erzählt wird, wie die Auswahl getroffen wurde, sehr viele der Texte im Buch sind Übersetzungen aus dem Englischen. Ein Beitrag stammt immerhin aus einem französischen Buch, doch wo bleiben Däninnen, Isländerinnen, Spanierinnen? Fast die Hälfte der Beiträge ist auf Deutsch. Vertreten sind Irmgard Keun, die zu ihren Lebzeiten berühmt war für ihre Trinkfestigkeit, Brigitte Reimann, Annemarie Weber und sogar eine der berühmtesten Frauen des Mittelalters: Hildegard von Bingen, von der wir den guten Rat erhalten, Wein mit Wasser oder Bier zu trinken, weil das „mehr erfrischt als Wasser.“ Und man soll sich „nicht zu sehr des Trinkens enthalten, weil man sich durch solche Enthaltsamkeit ausdörrt und sich eine Schwerfälligkeit des Geistes und des Körpers zuzieht.“ Und wer will das schon? Gerade jetzt zur Hochsaison des Glühweins hören wir das doch gern. Der Norden ist im Buch gut vertreten, durch die Bestsellerautorin Dörte Hansen und Franziska zu Reventlow, beide aus Husum. Franziska zu Reventlow allerdings fand um das Ende des 19. Jahrhunderts Husum doch zu eng und sittenstreng, ging nach München und wurde zur ungekrönten Königin der Schwabinger Bohème. Von ihr stammt die schönste (und längste) Geschichte im Buch – wie sie einmal, um zu Geld zu kommen, in München einen Milchladen aufmachte, und alle ihre Trinkkumpane saßen im Hinterzimmer und mischten gruselige Milchpunschs, die sie selbst trinken mussten, weil sonst niemand sie wollte. Die Texte sind unterschiedlich lang, alles, von einer halben bis zu zwanzig Seiten ist vertreten. Am Ende gibt es einen Überblick über die von den Autorinnen bevorzugten Getränke, nur der gruselige Milchpunsch fehlt. Dennoch, ein wunderbares Buch, perfekt als Weihnachtsgeschenk, mit einer Flasche Wein. Oder Obstschnaps, am besten schmeckte Mirabelle (sagt Dörte Hansen).
Britta Jürgs (Hg.): Was trinken wir? Alles!, AvivA Verlag, Berlin, 122 S., 18 Euro.
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