Wie haben historische Ereignisse unsere Esskultur geprägt und welche Bedeutung hat dies für unser Verständnis von Tradition und Genuss heute? Und was hat Essen mit Freiheit zu tun? Ute Cohen hat darüber ein bemerkenswertes Buch geschrieben: „Der Geschmack der Freiheit“.
Essen ist ja nicht nur ein Grundbedürfnis, sondern spiegelt seit jeher auch immer die Kultur und Gesellschaft wider. Von den opulenten Festmählern der Römer über die Einführung exotischer Gewürze im Mittelalter bis hin zu den globalen Trends unserer Zeit – jede Epoche hat ihre eigenen kulinarischen Besonderheiten hervorgebracht.
„Wer Freiheit kosten will, sollte sie sich nicht nur um die Nase wehen, sondern auch auf der Zunge zergehen lassen.“ Ute Cohen
Mit ihrem Buch begibt sich Ute Cohen auf eine faszinierende Reise durch die Geschichte der Kulinarik und des Restaurants, wobei sie nicht zuletzt die kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Einflüsse auf unsere Essgewohnheiten beleuchtet. Feinfühlig erzählt, spannt sie den Bogen vom 18. Jahrhundert bis heute und zeigt informativ wie unterhaltsam, wie sich das Kochen vom Mittel der eher simplen Hungerstillung zur Kunst wandelte.
In fünfzehn Gängen serviert Cohen eine Geschichte der Kulinarik, die den Gaumen kitzelt und den Wissensdurst stillt: Wir begeben uns mit ihr an die Tafel Marie-Antoinettes, fliehen nach Hamburg und speisen im Exil mit Revolutionären. Historisch Interessierte kommen genauso auf ihre Kosten wie Erotomanen, die sich ergötzen dürfen an Marquis de Sades Menü im Gefängnis und Leibspeisen im wahrsten Sinne des Wortes.
Dass Cohen auch in die ersten Speisekarten des Münchner Kult-restaurants Tantris hineinschnuppert, in Paul Bocuses Töpfe lugt und allerlei kulinarische Exzentrik entdeckt, ist so vergnüglich wie erhellend. Einblicke in die kulinarische Filmgeschichte und Literatur, Anekdoten über Starköche und Gangster-Gourmets lassen den Gesprächsstoff beim nächsten Restaurantbesuch bestimmt nicht ausgehen.
„Die Kenntnis der Geschichte der Kulinarik ist für mich unabdingbar dafür, die eigene Genussfähigkeit zu entdecken und zu erweitern“, schreibt die Autorin. Ich stimme ihr zu: Einfach mal wieder gut essen gehen!
Über die Autorin
Ute Cohen lebt als Schriftstellerin und Journalistin in Berlin. Ihre Interviews erscheinen in renommierten Zeitungen und Zeitschriften. Die promovierte Linguistin studierte auch Geschichte, sie lebte und arbeitete viele Jahre in Paris. Kulinarik in Historie und Gegenwart ist ihre ganz persönliche Leidenschaft. Ihre Recherchen und Kenntnisse, Ihr Blick von der Historie über die Gesellschaft bis zur Philosophie sind bemerkenswert und geschmackvoll zugleich.
Ute Cohen: Der Geschmack der Freiheit – Eine Geschichte der Kulinarik
Reclam, HC, 272 Seiten, 24 Euro.
Ute Cohen bei SWR Kultur
Ute Cohen im Gespräch