Beter ‚n lütten Fisch, as gor keen op’n Disch
(Plattdeutsche Redensart)
In der traditionellen norddeutschen Küche spielte Fisch natürlich eine Rolle. Gab es doch Zeiten, wo Ost- und Nordsee voll mit Fischen waren, die Küstenbewohner nur ihren Arm ausstrecken mussten, um einen zu fangen.
Der Reichtum der Hansestädte gründete vor allem auf dem Handel mit Fisch, besonders dem Hering aus Nord- und Ostsee, der zum Teil in sehr großen Mengen gefischt wurde. Heringe und Dorsche waren schon im Mittelalter ein Massenprodukt und Nahrungsmittel für breite Bevölkerungsschichten. Fisch galt lange Zeit als Arme-Leute-Essen. In Hamburg gibt es eine schöne Sage, nach der sich die Dienstboten bei ihren Herrschaften über die schlechte und einseitige Ernährung beschwerten: Sie bekamen täglich Lachs zu essen, war doch die Elbe in einigen Jahren übervoll mit dem Fisch fürs einfache Volk. Von daher ist die norddeutsche Fischküche immer eine bodenständige gewesen.
Von gebratenem Aal bis hin zu Backfisch in Bierteig, von Fischbrötchen bis zur herzhaften Büsumer Krabbensuppe – das Buch präsentiert eine Fülle von maritimen Geschmackserlebnissen von den norddeutschen Küsten. Die pommerschen Buttermilchkartoffeln und der friesische Kartoffelsalat ergänzen die einfachen Gerichte, während der gebratene Seeteufel auf Fenchel, roter Bete und karamellisiertem Apfel eine raffinierte Note aufweist.
Einige verbinden womöglich die Goldforellen mit Hummerschaum auf Pappardelle-Nudeln mit einem Hauch von Luxus, während der Kabeljau oder Zander mit Sauerkraut die eher traditionellen Fischfreunde anspricht.
Die Kombination aus Kieler Sprotten mit Rührei auf Schwarzbrot schafft einen unverkennbaren rustikalen nordischen Geschmack, während Labskaus mit Spiegelei und Rollmops den Gaumen mit einem besonderen Mix aus Aromen überrascht. Für jeden Geschmack ist was dabei. Modernere Kreationen wie Matjes-Taboulé oder die von den Franzosen abgeschauten Miesmuscheln in Weißweinsud zeigen die multikulturelle Seite der norddeutschen Fischküche, während der Pannfisch auf Blumenkohlröschen mit Mandelsplittern und Senfsauce eine gelungene Komposition aus Texturen und Geschmacksrichtungen darstellt.
Das Buch lädt dazu ein, die fischige Küche Norddeutschlands zu erkunden. Von den einfachsten Zubereitungen bis hin zu moderneren und feineren Kreationen. Dazu gibt es entlang der Küsten interessante Geschichten über Fischhandwerk und maritime Traditionen. Ein gelungenes Buch über Fischer, Fischhändler, Fischköche und Fischköppe. Goethe hätte das Buch vermutlich gefallen. Wusste er doch: „Alles ist aus dem Wasser entsprungen! Alles wird durch das Wasser erhalten! Ozean, gönn uns dein ewiges Walten.“
Über den Autor
Ralf Niemzig studierte Fotografie in Köln, Essen und Havanna, und ist seit 1995 Fotojournalist. Für Reportagen bereiste er die ganze Welt, stets auf der Suche nach neuen Aromen und Speisen. Heute in Hamburg beheimatet, ist er nicht nur familiär mit der Küste, ihren Menschen und ihren Geschichten verbunden. Selbstgemachte regionale Fischgerichte sind für ihn ein Stück gelebte Heimat. Sie gehören ebenso zu seinem Alltag wie das Fischbrötchen zwischendurch.
Ralf Niemzig: Butter bei die Fische. Norddeutsche Heimatküche rund um Pannfisch, Labskaus und Krabbenbrötchen. Rezepte. Porträts. Geschichten.
Christian Verlag, 192 Seiten, Hardcover, 29,99 Euro.
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