Ursprünglich war Grünkohl im Mittelmeerraum zu Hause. Heute ist er in Deutschland vor allem im Norden anzutreffen und Grundlage deftiger Winteressen und –feste von Oldenburg über Bremen bis Flensburg. Und Veggie-Fans in New York, Berlin und Hamburg verarbeiten ihn zu grünen Smoothie. Muss das sein?
Bis heute streiten sich die Städte Bremen und Oldenburg darum, wessen „Spezialität“ der Grünkohl denn nun sei. Die längste Tradition können aber wohl die Bremer nachweisen, die seit 1545 ein öffentliches Grünkohlessen zelebrieren.
Von allen Kohlarten kommt der Grünkohl der Wildform der Kohlpflanze am nächsten. Die Griechen beschrieben schon 400 Jahre v. Chr. einen krausblättrigen Blattkohl, den Vorläufer des heutigen Grünkohls. In der römischen Küche galt er als Delikatesse. Hildegard von Bingen empfahl den grünen Kohl als vitalisierendes Gemüse, dass die Stimmung verbessert und Alterungsprozesse stoppt. Tatsache ist, dass das vitamin- und nährstoffreiche Wintergemüse den Menschen (und Tieren) in früheren Zeiten das Überleben sicherte. Grünkohl zählt aufgrund seiner Dichte an Biostoffen zu den wertvollsten Gemüsen. Von allen Kohlsorten hat er den höchsten Gehalt an Kalzium und Eiweiß. Magnesium, Kalium, Eisen, Betakarotin, Vitamin C und E vervollständigen den hohen Nährwert.
Was vielen anderen Gemüsesorten nicht gut bekommt – Frost – ist für den Grünkohl, was Geschmack und Verdaulichkeit angeht, von Vorteil. Erst durch Frost bekommt er seine besondere Süße, indem ein Teil der Stärke in Zucker umgewandelt wird.
So war es zumindest in der Vergangenheit. Die heutigen Sorten brauchen den Frost dafür nicht mehr.
Grünkohl ist aber nicht gleich Grünkohl. Wie bei jedem Gemüse gibt es schmackhafte und weniger schmackhafte Sorten. Ein guter Grünkohl schmeckt leicht süßlich, mit einem würzig-herben angenehmen Kohl-Touch und einer senf- und meerrettichartigen Note. Unter den älteren Grünkohlfans erinnern sich sicher noch einige an „Lerchenzungen“. Anders als bei Rossinis Drosselzungen handelt es sich dabei nicht um Vogelzungen, sondern um eine alte Grünkohlsorte, die lange als eine der edelsten Grünkohlsorten galt. Unbedingt zugreifen, wenn man sie auf dem Wochenmarkt entdeckt.
Der Holsteiner mag seinen Grünkohl ja am liebsten klassisch als Eintopf mit Wurst und Fleisch. Dagegen ist nichts einzuwenden. Traditionen sollte man durchaus pflegen. Aber Grünkohl kann mehr, viel mehr. Der Kohl lässt sich auch mediterran – mit kurzen Garzeiten – schmackhaft zubereiten. Auch als Snack ist Grünkohl sehr gut geeignet – zum Beispiel als Chips aus dem Ofen: Blätter putzen, waschen, gut trocknen und auf Backpapier auf dem Backblech bei 140 °C (vorheizen, keine Umluft, Blätter sollten sich nicht überlappen) in ca. 15 Minuten knusprig werden lassen. Darauf streue ich mir grobes Meersalz und getrocknete Chiliflocken. Bei Veggie-Fans in New York gilt „Kale“ nicht nur wegen seiner gesunden Inhaltsstoffe als Superfood. Sie verarbeiten ihn vor allem zu grünen Smoothie. Nun muss man nicht jede Mode mitmachen aber die Vielfalt der Zubereitungs- und Geschmacksmöglichkeiten ist beeindruckend. Sie reichen vom Wok-Gemüse über Pasta-Beilage bis zu Eis und Kuchen. Unglaublich, was man mit dem vitalisierenden Gemüse in der Küche alles anstellen kann. Grünkohl ist einfach hipp.
Gröönkohl
Warrt dat koolt an Nees un Ohren,
Vun Heinz Richard Meier
hett dat eerst mal richtig froren,
denn is dat wedder mal sowiet,
denn kummt de schöne
Gröönkohltiet.
Laat uns sitten, dal mal huken,
’n lütten Sluck köönt
wi ok bruken.
Gröönkohl op’n Disch,
mien leve Herr,
wat vun en Glück op düsse Eer.
Un so laat uns nu man snacken
vun’n Gröönkohl
un Swienebacken.
Ja, de Swiensbacken höört darbi,
goot anrökert. Versteihst du mi?
Bi’t Woort „Gröönkohl“
kaam ik in’t Swögen,
dar deit sik mien Maag al rögen.
Gröönkohl mit Wust,
dörwussen Speck!
Hm, nu ik mi den Bart
al leck.
För den Gröönkohl,
schallst du weten,
laat ik stahn dat dürste Eten.
Un so en Slicker-, Slackerkraam
is nix för’n Keerl,
man blots för Dam’n.
Licht kriggst du mi nich
to’n Strieden.
Stöörst d‘ mi to
Gröönkohlmahltieden,
denn warr ik grantig, asig un dull.
Gröönkohl in’n Gaarn,
dat is doch wat.
Blots maakt in’n Gaarn
he mi nich satt.
Gröönkohl op’n Disch
bringt mi eerst Freid.
Gröönkohl, wat vun en
Herrlichkeit!