Jens Mecklenburg

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Sommer, Sonne, Eiszeit

Über Trends und Vorlieben im Eisgeschäft
10. August 2021

In diesem Sommer ist das Lieblingseis der Deutschen Mango-Chili. 2018 wurde es auch mal pechschwarz in der Eistüte. Eingefärbt wurde es mit Aktivkohle, die aus verbrannter Kokosnussschale gewonnen wird. Der Trend aus Japan hielt aber nicht lange an.

Um die Kundinnen und Kunden bei Laune zu halten, lassen sich Eisdielen immer neue Kreationen einfallen. In einigen Eisgeschäften versteht man sich sogar als Künstler. Dort wird das Eis mit einem Spachtel in Form gebracht und landet als Rosenblüte in der Waffel. Das Auge isst bekanntlich mit. Noch spektakulärer ist die Zubereitung beim Stickstoffeis. Innerhalb von Sekunden werden frische Zutaten in einer Küchenmaschine mit minus 196 Grad kaltem Flüssigstickstoff schockgefroren. In der Eisdiele hat man das Gefühl in einem Labor zu stehen: Es qualmt und dampft. Durch das Expressfrosten entstehen weniger Eiskristalle als bei herkömmlichem Speiseeis. Das soll das Eis besonders cremig und geschmacksintensiv machen.

Milch-, fett- und glutenfreies Eis bei Chloe’s Soft Serve Fruit Co. in New York

Auch Veganer müssen schon länger nicht mehr aufs Eis verzichten. Bieten doch Hersteller und Eisdielen immer mehr vegane Sorten an. Auch steigt die Nachfrage nach Bio-Eis und nach Eis von kleinen regionalen Betrieben. Zu welcher Sorte Eis die Deutschen greifen, – die im Jahr zwischen 8 und 9 Liter verspeisen – hängt von der Mode und dem Wetter ab: Je heißer es ist, desto größer ist die Nachfrage. Und am liebsten kaufen die Deutschen beim Discounter. Daher sind die Deutschen auch Eisweltmeister noch vor Italien. 634 Millionen Liter wurden 2019 in Deutschland produziert, in Italien waren es „nur“ 553 Millionen Liter, in Spanien gerade mal 345 Millionen Liter. Dass Germany bei Gelato die Nase vorn hat, liegt vor allem an Langnese & Co.

Ausgefallen ja, teuer nein

Rund 1,7 Milliarden Euro gaben die Deutschen von Juni 2018 bis Mai 2019 für Speiseeis aus – und zwar allein im Lebensmittelhandel und in Drogeriemärkten. Das entspricht rund 21,25 Euro pro Kopf, wie aus einer Studie des Marktforschungsunternehmens Nielsen hervorgeht.

„Der heiße Sommer 2018 hat dafür gesorgt, dass die Verbraucher fast 20 Millionen Liter mehr Eiscreme in Supermarkt und Co. gekauft haben als ein Jahr davor“, sagt Sascha Küchler von Nielsen.

Was den Geschmack angeht, zeigen sich die Verbraucher nach Angaben der Marktforscher zunehmend experimentierfreudiger. „Während die Klassiker Vanille und Schokolade weiterhin die Favoriten bleiben, gewinnen Sorten wie Mascarpone, Salted Caramel, Lebkuchen oder Wassermelone bei den Verbrauchern an Beliebtheit“, sagt Küchler. Sorbeteis liegt nach Angaben der Marktforscher ebenfalls im Trend. Aber auch Wassereis und Frozen Yogurt würden häufiger gekauft.

Speiseeisvariationen

Am liebsten kaufen die Deutschen ihr Eis beim Discounter. Dort greifen sie vor allem zu den Eigenmarken der Handelsketten, die in der Regel günstiger sind als die bekannten Markenhersteller. Der Marktanteil der Handelsmarken liegt Nielsen zufolge bei Eiscreme bei rund 58 Prozent. Am beliebtesten seien Nielsen zufolge die großen Hauspackungen zum Selbstportionieren oder Großpackungen mit Eis am Stiel. Das kleine Eis zum Sofortverzehr spiele dagegen in den Supermärkten kaum eine Rolle. Der Eisverkauf ist allerdings – ebenfalls wenig überraschend – ein Saisongeschäft. Im Juli werde fast fünfmal mehr Eis verkauft als im November.


Mit Wassereis fing alles an

Eigentlich ist Sorbet ja „nur“ ein ordinäres Wassereis. Eigentlich. Im Zuge der Nouvelle Cuisine jedoch kam Wassereis unter dem viel schickeren Namen Sorbet wieder groß in Mode. Das Wort stammt aus dem Arabischen (Scherbett) und bezeichnete ein Eisgetränk aus Fruchtsäften. Die römischen Kaiser ließen sich durch „Schneeläufer“ Schnee und Eis von den Apenninen, der indische Kaiser Ashoka aus dem Himalaya bringen und von Spezialisten zubereiten. Ende des 13. Jahrhunderts beschrieb Marco Polo dann die Herstellung einer Kältemischung aus Schnee oder Wasser und Salpeter, die er in China kennen gelernt hatte. Speiseeis aus Wasser und Fruchtsaft wurde vor allem zu einer italienischen Spezialität, die im 16. Jahrhundert von Katharina von Medici auch in Paris eingeführt wurde.

Ein Sorbet wird mit Frucht- und Gemüsesaft aromatisiert und/oder mit Alkohol verfeinert. Auch reine Alkohol-Sorbets, zum Beispiel aus Sekt oder Champagner, sind der Hit. Sorbets sollten die Konsistenz von Schnee haben und nach dem Servieren allmählich zu schmelzen beginnen. Mit einer Eismaschine gelingen sie natürlich am besten, aber auch ohne Maschine bekommt man ein anständiges Sorbet hin.


Und sonst?

In München kostet eine Eiskugel im Schnitt 2,10 Euro, in Hamburg nur 1,43 Euro.

Deutschlands erste Eisdiele wurde 1799 in Hamburg eröffnet. Es war der Alsterpavillon. In Paris gab es schon 1672 eine.

Das Spaghetti-Eis wird 1969 in Mannheim erfunden.

Industriell hergestellte Eis machte 2020 86% des Marktes aus, Eisdieleneis nur 11,8% und Softeis 2,2%.


Schwarzes Eis: Black Buko, auch Kokosnus-Asche genannt, ist eine der Eissorten der Londoner Eisdiele Mamasons Dirty Ice Cream. Buko ist Filipino und bedeutet Kokosnuss.