Jens Mecklenburg

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Rumgespräch

Warum hat Rum-Verschnitt einen schlechten Ruf?
26. März 2021

In der geschichtsträchtigen ehemaligen Rumhochburg Flensburg stellt das Rumhaus Johannsen als das älteste seiner Art hochwertigen Rum her. Martin Johannsen führt das Rumhaus in vierter Generation. Ein Gespräch über Rum-Verschnitt und seinen Ruf. 

Martin Johannsen ©Rumhaus Johannsen


Original Flensburger Jamaika-Rum-Verschnitt ist eine Rum-Spezialität – hat aber einen schlechten Ruf. Worauf führen Sie den zurück? 

Das ist vor allem viel Psychologie im Spiel, weil sich Verschnitt minderwertig und nach etwas „Nicht Echtem“ anhört. Dabei haben wir den unglücklichen Begriff „Verschnitt“ vor allem einigen Bürokraten zu verdanken, die ihn in den 1960er Jahren verpflichtend eingeführt haben. Dann kommt wahrscheinlich Unkenntnis hinzu. Ich nehme an, die meisten wissen gar nicht, was das Besondere am Jamaika-Rum-Verschnitt ist. Ein weiterer Aspekt wird bei den Vorurteilen gegenüber dem deutschen Verschnitt gern vergessen: Auch Original-Rum kann im Herkunftsland aus hochwertigen und einfachen Rumsorten gemischt werden. Ein Verfahren, das dem deutschen Verschnitt sehr ähnlich ist. Nur weiß das hier kaum jemand. Es wurde sogar schon analytisch nachgewiesen, dass die Herkunft des Alkohols – ob aus Zuckerrohr oder einem anderen Rohstoff – im fertigen Rum gar nicht mehr nachgewiesen werden kann. So gesehen ist der Unterschied zwischen Original-Rum und Rum-Verschnitt gar nicht so groß, wie viele meinen. Am Ende zählen nur der Geschmack und die Qualität. Und da braucht sich unser Flensburger Jamaika-Rum-Verschnitt nicht zu verstecken. 


Woraus besteht Jamaika-Rum-Verschnitt? 

Original Flensburger Jamaika-Rum-Verschnitt wird aus dem besonderen „German flavoured rum“ aus Jamaika – einem sehr gehaltvollen 70-80prozentigen „Pure Rum“, Wasser und Agraralkohol hergestellt. Dieser Pure Rum ist ein hocharomatisches Konzentrat – sozusagen der Geschmackstresor mit bis zu 40-mal mehr Rum-Aromen als herkömmlicher Rum. Der German flavoured rum wurde im 19. Jahrhundert speziell für die Herstellung von feinem deutschen Rum-Verschnitt entwickelt. Dabei kommt das Pot Still Verfahren zum Einsatz. Eine traditionelle Methode, die auch in der Whiskybrennerei eingesetzt wird. 


Ist Verschnitt gleich Verschnitt? 

Nein, natürlich nicht! Erstmal kommt es auf die Qualität des oder der Pure-Rums an. Die liefern ja die Aromastoffe, die den Geschmack am Ende ausmachen. Das ist wie bei gutem Wein, da gibt es je nach Herkunft, Herstellung und Lagerung riesige Unterschiede. 

Dann kommt es auf die richtige Mischung an: Welche Pure Rums werden in welchem Verhältnis miteinander kombiniert – oder „geblendet“, wie es beim Whisky heißt. Auch da werden verschiedene Arten zu einer neuen Geschmackskreation vermengt. Das ist beim Whisky wie beim Rum eine große Kunst, ein ausgewogenes Aroma zu kreieren. Die „Master Blender“ brauchen dafür viel Erfahrung und einen ausgeprägten Geschmacks- und Geruchssinn.  Wenn man es versteht, aus edlen Pure-Rums eine harmonische Mischung herzustellen, dann entstehen einzigartige Rum-Spezialitäten. Schließlich spielt auch die Qualität des Wassers eine besondere Rolle. Das besonders weiche Flensburger Wasser trägt seinen Teil dazu bei, das Rumaroma zur Geltung zu bringen. Darum hat es den Ruf Flensburgs als Rumstadt mitbegründet. 

Tradition und Trinkgenuss gehen in diesem Rumhaus Hand in Hand. ©Rumhaus Johannsen

Worauf sollte der Käufer beim Kauf eines Rum-Verschnitts achten? 

Entscheidend für die Qualität ist das Alter und dass er auf dem Holzfass gelegen hat. Industrielle Massenware lagert heute ja oft nur noch im Edelstahlbehälter und wird viel zu schnell abgefüllt. Da kann sich kein Aroma entwickeln. Bei uns bekommt jeder Rum genug Zeit, um in unseren alten Holzfässern zu reifen. Und das kann man dann auch schmecken. Rum-Verschnitt wird häufig für Grog oder ähnliche Getränke verwendet, bei denen es nach landläufiger Ansicht nicht so sehr auf Qualität ankommt. 


Tut man damit Rum-Verschnitt unrecht? 

Damit tut man nicht nur dem Rum-Verschnitt unrecht, es ist auch ein Denkfehler. Schließlich entfalten sich die Aromen in erwärmten Getränken deutlich mehr als in kalten. Darum kommt die Qualität hier besonders zum Tragen. Ein hochwertiger Rum-Verschnitt kommt darin viel besser zur Geltung. Den Unterschied kann man sehr leicht riechen und schmecken. 


Warum gibt es Rum-Verschnitt überhaupt? 

Dazu müssen wir ein wenig in die Geschichte schauen. Das hat vor allem mit der Umstellung von Wert- auf Gewichtszoll im Jahr 1885 zu tun – um die heimischen Spirituosenbrenner zu „schützen“. Vorher gab es auch hier den Überseerum. Doch fortan war es sinnvoller den hochkonzentrierten und hocharomatischen „German flavoured rum“ zuerst durch den Zoll zu bringen und danach auf Trinkstärke herabzusetzen. Daraus hat sich in Flensburg die besondere Tradition dieser Herstellungsart entwickelt. Somit verdanken wir die Möglichkeit, aus verschiedenen Pure-Rums und dem weichen Flensburger Wasser eine besonders aromatische Rum-Spezialität herzustellen genauso einem Umstand der Finanzpolitik wie 70-80 Jahre später die eingangs erwähnte Verpflichtung unsere hochwertig geblendeten Rum-Variationen „Verschnitt“ zu nennen. Eine kleine Ironie der Geschichte. Doch mittlerweile ist selbst das keine offizielle Verkehrsbezeichnung mehr – wie es so schön im EU-Recht heißt. Offiziell ist der Original Flensburger Jamaika-Rum-Verschnitt heute eine „Spirituose“. 


Bleiben Sie der Tradition treu? 

Natürlich bleiben wir der Tradition im Kern treu. Das betonen wir in unserem Unternehmensslogan: „Ein Schluck Kulturgeschichte“ – oder mit dem Statement in unserem Instagram-Profil: „Wir bringen die nordische Rumkultur in die Zukunft.“ – Dazu gehört natürlich auch, dass wir der Tradition eine Brücke in die Zukunft bauen. So haben wir neben unserer Traditionslinie mit klassischen Jamaika-Rum-Verschnitten eine Premium Linie mit Echten Rums entwickelt. Das ist auch der Marktentwicklung geschuldet – und einer gewissen Ermüdung gegenüber den Vorurteilen zum Verschnitt. Doch selbst unsere Echten Rumsorten basieren auf den besonders aromatischen German flavoured rums aus Jamaika – also auf dem „Markenkern“ der Rumstadt Flensburg. Außerdem haben wir auch in jüngerer Zeit noch neue Jamaika-Rum-Verschnitte entwickelt. Ganz im Sinne der Flensburger Tradition: Unsere „Flensburg Edition“ und die „Windstärke 13“ kommen bei unseren Kunden sehr gut an. Es bleibt also dabei: Mit „einem Schluck Kulturgeschichte“ bringen wir die nordische Rumkultur auch in die Zukunft.  

Das Gespräch führte Jens Mecklenburg für Nordische Esskultur.

©Rumhaus Johannsen

Rumhaus Johannsen & Johannsens Hökerei

Marienstraße 6-8

24937 Flensburg

Tel. 0461-25 200

Infos und Online-Shop: www.johannsen-rum.de

 

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