Barbara Maier

Autorin

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Nippen statt kippen: Boostedter Weizenkorn

Vom Lampendesigner zum Kornbrenner
10. März 2021

Jörg Zeidler, ein bekannter Lampendesigner aus Hamburg mit Zweitwohnsitz im schleswig-holsteinischen Boostedt, hat ein gutes Händchen für Proportionen, Details und Stil. Scheinbar gute Voraussetzungen, um auch einen anständigen Korn zu produzieren.

Jörg Zeidler © Karlsen/ Boostedter Korn

Der 58jährige machte eine Ausbildung zum Tischler und absolvierte ein Studium für Industrial-Design an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg. Seit 1994 ist er mit eigenem Büro für verschiedene Leuchten- und Möbelhersteller tätig. Schon länger hegte er den Wunsch, etwas herzustellen, das ebenfalls qualitativ hochwertig ist, jedoch dem leiblichen Genuss dient und immer wieder auf dieselbe Art und Weise hergestellt werden kann. Quasi ein Ausgleich zu dem Entwerfen einer Leuchte, bei dem, wie er selbst sagt, „das Rad immer wieder neu erfunden werden muss.“


Korn kann fies aber auch lecker

Der Anstoß, seinen Wunsch in die Tat umzusetzen, kam in Form eines ihm servierten Weizenkorns in einem guten Restaurant. Zeidler sagt, „als ich diesen Korn probierte, dachte ich mir, es kann nicht sein, dass es so einen fiesen Korn gibt. Da muss doch noch mehr gehen.“ Mit diesen Gedanken begann die Entwicklungsgeschichte des Boostedter Weizenkorns.

Boostedter Weizenkorn ist ein handwerklich gemachter Doppelkorn, der aus bestem Weizenfeindestillat hergestellt wird. Da Jörg Zeidler sich nicht gleich eine komplette Destillieranlage zulegen wollte, hat er sich durch die verschiedensten Weizendestillate des Landes probiert. Er erzählt, „nach längerer Suche habe ich ein gutes, mildes und weiches Destillat gefunden. Dieser Korngrundstoff hat einen Alkoholgehalt von 96 Prozent und ist damit also ein hoch-, hoch-, hochprozentiger Korn.“ Von welchem Destillat er spricht, verrät er nicht. Betriebsgeheimnis.

© Karlsen/ Boostedter Korn

Experimentieren und Probieren

Dann begann er zu experimentieren. Um das Destillat auf eine angenehm trinkbare Stärke zu bringen braucht es Wasser. „Wir haben in Boostedt zwei Brunnen, aus denen das Wasser aus einer Tiefe von 100 Metern kommt und von bester Qualität ist. Dieses weiche Wasser wird nun nach und nach dem Korngrundstoff zugefügt. Irgendwann war ich dann der Meinung, das richtige Verhältnis gefunden zu haben,“ so der Designer auf „Schnaps-Abwegen“.

Zur Reifung wurde die fertige Mischung in ein 190 Liter fassendes Eichenfass gegeben. Die Frage war nun, wie lange dauert die Reifephase? Reift er zu kurz, fehlt das Aroma und der Korn wird „spritig“. Reift er zu lange, geht er geschmacklich in die Richtung eines Whiskeys. Also musste Zeidler auch hier immer wieder probieren. Des Öfteren wurden Freunde zu einer fröhlichen Blindverkostung eingeladen, bis er mit dem Ergebnis nach einer Reifedauer von circa vier Wochen endgültig zufrieden war.

Nachdem dann der Kornbrand in aller Ruhe in dem alten Eichenfass gereift ist, hat er einen feinen und weichen Geschmack und eine leicht gelbliche Färbung. Nun wird er von Zeidler gefiltert und dann von Hand in schwarze Tonkrüge gefüllt, mit einem Apothekerknoten verschlossen, verplombt und etikettiert. Der Tonkrug hat den Vorteil, dass der Korn in Dunkelheit ruhen kann und auf diese Weise noch ein klein wenig geschmeidiger wird.

Jörg Zeidler ist mit dem Resultat absolut zufrieden. „Mir war schon immer klar, dass Weizenkorn mehr sein kann, als das, was mir bekannt war. So fing ich eben an, einen Weg zu mehr Qualität zu suchen. Das Ergebnis ist ein Korn, der sehr hohen Ansprüchen genügt.“

Das Besondere an seinem Kornbrand ist nach eigener Aussage der feine und weiche Geschmack, die leichte Fassnote und dass er bei Zimmertemperatur in kleinen Schlucken getrunken, seine Aromen am besten entfaltet. Er sollte also nicht „gekippt“, sondern in Ruhe genossen werden.


Wo zu bekommen?

Da die Vermarktung des Kornbrandes „nur“ ein Nebenerwerb ist, geht Jörg Zeidler die Kunden-Akquise im Einzelhandel langsam an. Man bekommt seinen Korn aber schon in zahlreichen Geschäften des Nordens.

Der Kornmacher liefert die bestellten Krüge noch selbst aus. Vom Herzen Schleswig-Holsteins aus, fährt er mit seinem 54 Jahre alten, selbst restaurierten und hellblau lackierten Volvo P 210 bis rauf nach Flensburg oder runter nach Lüneburg. So lernt er seine Händler auch gleich persönlich kennen, was ihm wichtig ist. 

©Karlsen/ Boostedter Korn

Woraus wird Korn gebrannt?

Zur Herstellung von Korn und Kornbrand sind nur die Getreidesorten Weizen, Roggen, Gerste, Hafer sowie Buchweizen zulässig. Die meisten Kornbrände basieren auf Weizen oder Roggen. 


Was sagt unser Chefredakteur?

Ein geschmacklich milder wie runder Weizenkorn in guter Qualität. Deutlich besser, als was üblicherweise im Handel angeboten wird. Dazu gehört aber auch nicht viel, da die meist angebotenen Korn-Produkte, auch von sogenannten Markenherstellern, unterirdisch sind! 

Dem Genusstrinker fehlte beim Boostedter noch etwas Tiefe und Charakter, das geschmackliche „Abenteuer“. Aber Zeidler trägt mit seinem Weizenbrand mit dazu bei, die wiederbelebte Kornkultur – Betonung auf „Kultur“ zu beleben. Unbedingt probieren, natürlich bei Zimmertemperatur, vielleicht zwei, drei Grad kühler.   

©Karlsen/ Boostedter Korn

Boostedter Korn

Jörg Zeidler

Zum Quellental 1

24598 Boostedt

Tel.: 01711777881

www.boostedterkorn.de