
Fisch frisch gefangen schmeckt bekanntermaßen am besten. Da ist der und die Norddeutsche in einer guten Ausgangsposition, wenn sie sich an die regionalen Gegebenheiten halten. Jetzt ist die Zeit für eine nordische Spezialität. Ran an den Gurkenfisch. Frisch vom Kutter gibt es ihn bei Familie Kramer im Gasthaus zur Post in Cranz an der Elbe.
Kultfisch
Wer es nordisch-rustikal mag, der kann sich von Februar bis März, manchmal auch bis in den April hinein, dem „Gurkenfisch“ hingeben. Der kleine, silbrig glänzende Fisch – gemeint ist der Stint – erlebt in Norddeutschland seit einigen Jahren eine erfreuliche Renaissance. Zumindest in der ländlichen Gastronomie an Ost- und Nordsee, an Elbe und Nord-Ostsee-Kanal. Der etwa 15 bis 20 Zentimeter große Fisch (er wird bis zu 6 Jahre alt) aus der Familie der Salmoniden lebt in den europäischen Küstengewässern und begibt sich zum Laichen in die Flüsse. Das Wasser sollte dann gut neun Grad warm sein. Zwischen Februar und April wandern große Schwärme von der Nordsee flussaufwärts in die Elbe, um zu laichen, – ein Stintweibchen kann bis zu 40.000 Eier legen – dann ist Stint-Saison in Norddeutschland. Die Jungstinte schlüpfen nach 3 bis 5 Wochen und wandern im Sommer wieder in die Nord- und Ostsee.
„Arme-Leute-Essen“
Früher galt der lachsähnliche Fisch als „Arme-Leute-Essen“. Noch Anfang des 19. Jahrhunderts wurde er an den Ufern der Elbe mit Netzen in solchen Massen aus dem Wasser gezogen, dass die Bauern ihn als Viehfutter oder als Dünger für ihre Felder nutzten. Der Stint kam in Hamburg in großen Schwärmen bis vor die Wallanlagen und wurde dort in großen Mengen gefischt, so dass man gleich einen ganzen Platz nach ihm benannt hat: den Hamburger Stintfang, heute u.a. die Adresse einer Jugendherberge am Hafen.
Frischer Stint riecht nach Gurke, weshalb er zu seinem Spitznamen „Gurkenfisch“ kam. Fischereiwirtschaftlich spielt er kaum eine Rolle aber von Traditionalisten und Fischfans wird er neuerdings wieder heißt geliebt.
Der Norddeutsche genießt den kleinen Fisch traditionell einfach gebraten: Dazu wird er nach dem Ausnehmen in Roggenmehl gewendet und zusammen mit Speck in Butter gebraten und mit Kartoffelsalat oder Bratkartoffeln serviert. Stint eignet sich aber auch zum Räuchern und Grillen oder zum klassischen süß-saurem Einlegen. Auch eine Fischsuppe kann man mit dem Gurkenfisch zubereiten. Die Gräten und der Schwanz sind so zart, dass sie selbstverständlich mitgegessen werden. Traditionalisten essen ihn wie Sprotten einfach mit der Hand.
Jahrzehntelang war der Stint wegen der starken Wasserverschmutzung fast vollständig aus der Elbe verschwunden. Seit sich die Wasserqualität in den 90er-Jahren stark verbesserte, ist er wieder zurück in der Elbe und gilt auch weltweit in seinem Bestand als nicht gefährdet. Bei dem Angebot „Stint satt“ der regionalen Gastronomie, dürfen man also guten Gewissens zugreifen. Ob rustikal gebraten, geräuchert oder in Sauer eingelegt: einfach mal probieren.

Vom Elbfischer direkt auf die Teller – Bester Stint in Hamburg
Gasthaus zur Post – Das Fisch Restaurant seit 1725
Direkt vom Kutter in die Küche: Im Traditions-Gasthaus zur Post in Cranz, direkt an der Elbe gelegen, hat der Stint schon lange eine Heimat gefunden, ist deren Zubereitung Familien- und Ehrensache.
Senior-Chef Herbert Kramer hat die Stinte direkt aus dem Fischkasten des Kutters am Kai von Cuxhaven übernommen. „Der Fisch kommt komplett zu uns“, sagt sein Sohn Jan, den hier alle Fiete nennen. Wenn die Fischkisten ins Haus getragen werden, macht sich gleich ein eingespieltes Team ans Werk, trennt die Köpfe und nimmt sie aus. Ein mittlerer Stint wiegt 25 Gramm.
Anschließend werden die Stinte gewaschen, nach Größe sortiert und aufgespießt. „Das erleichtert uns das Braten“, sagt Fiete. „In der Stintzeit gibt es bei uns keinen Stuhl, der länger als 15 Minuten frei bleibt. Das ist verrückt und freudig gleichermaßen, haben wir doch weit über 100 Stühle.“ Je nach Größe der Fische kommen fünf bis zehn Fischchen auf einen Spieß. Sie werden nach dem Braten auf die Teller geschoben. Zweimal wird nachgereicht.
„Wir haben viele Stammgäste, aus der Umgebung, aus Hamburg aber auch aus anderen norddeutschen Städten. Es gibt keinen anderen Fisch, der so einen Hypeauslöst wie der Stint.“
Natürlich kann man im Gasthaus zur Post nicht nur Stint oder anderen Fisch bestellen. Aber: „In der Hochphase essen 90 Prozent der Gäste Stint“, sagt der Gastwirt in neunter Generation.
Zubereitet wird der Fisch von Küchenchef Christian Rindfleisch und sein Team.
Rindfleisch stammt aus einer Fischerfamilie auf Rügen und sagt: „Ich habe in Sterne-Restaurants gelernt. In keinem wurde der Fisch so frisch verarbeitet wie hier.“ Zusammen mit Fiete und Herbert Kramer sowie dessen Schwester Wiebke Kramer bildet er das Quartett, das den Gasthof schmeißt. In diesem Jahr feiert er sein 300-jähriges Bestehen. Was aus der Küche kommt, schmeckt den Gästen. Sie essen den Stint mit der nicht spürbaren Rückengräte oft direkt von der Hand in den Mund. Die Fische sind knusprig und haben ein feines Aroma. Die Stint-Saison geht in diesem Jahr noch bis Mitte März. Reservierung empfohlen.
Vom „Arme-Leute-Essen“ zum hippen Kultfisch. Familie Kramer hat daran einen großen Anteil.

Gasthaus zur Post
Inh. Herbert Kramer
Estedeich 88
21129 Cranz
Telefon: 040/7459409
info@gasthaus-zur-post-cranz.de
Restaurant Hamburg Altes Land – Gasthaus zur Post
Öffnungszeiten:
Montag, Dienstag: Ruhetag
Mittwoch – Sonntag: 11:00 – 20:30 Uhr
Warme Küche: 11:00 – 14:30 Uhr & 17:00 – 20:30 Uhr