Essensgeschichtlich gesehen ist das Kochen zwar nicht die älteste Garmethode, dieses Prädikat gebührt dem direkten Brutzeln über offenem Feuer. Aber seitdem der Mensch gelernt hat, temperaturbeständige Gefäße herzustellen, entwickelte sich das Sieden zur weltweit beliebtesten Zubereitungsart. Auch wenn es längst bessere Strategien gibt, Vitalstoffe in heißen Speisen zu erhalten (Dämpfen, Dünsten), kräftigen Geschmack zu erzielen (Röstaromen beim Grillen und Braten) oder saftiges Fleisch auf die Teller zu bringen (Sous Vide; Pochieren in Öl), ist und bleibt der Kochtopf voll Wasser Standard menschlicher Nahrungsverfeinerung. In heißem Wasser gekochte Fleischstücke stoßen wegen des Fehlens jeglicher Röstaromen oft auf das Vorurteil, nicht mehr als blasse, geschmacksverweigernde Krankenhauskost zu sein. Die Gourmets in unserem südlichen Nachbarland Österreich sehen das seit Kaiser Franz Joseph völlig anders. Gilt doch gesiedeter Tafelspitz mit Apfelkren und Bouillongemüse als großer Klassiker, den ich zu anderen Jahreszeiten sehr zu schätzen weiß. Im Winter und zu Weihnachten bevorzuge ich aber die norddeutsche Art und behandel ich den Tafelspitz wie einen normalen Braten. Durch Schmoren bei niedriger Temperatur, bleibt der Braten wie im Siedetopf butterweich.
Tafelspitz mit Sauerkirschen, Kräuterpüree und Wacholderjus
Zutaten
(Für 4 Personen)
1 kg Tafelspitz, 2 rote Zwiebeln, ½ Knollensellerie, 2 Möhren, 2 Knoblauchzehen, ¼ l roter Portwein (oder Rotwein), Butterschmalz zum Braten, einige Wacholderbeeren, 10 Nelken, 10 g Senfsaat, 1 l Gemüsebrühe, kleines Glas Sauerkirschen, 20 g Rohrzucker, Zimtstange, 500 g mehlig kochende Kartoffeln, 200 g Milch, Salz, schwarzer Pfeffer, Muskat, 80 g Butter, 80 g Kräuter (z. B. Petersilie, Thymian), Olivenöl.
Zubereitung
1. Den Tafelspitz waschen und trocken tupfen. Das Fleisch von Sehnen befreien und abgedeckt in der Küche liegen lassen, bis es Zimmertemperatur erreicht hat. Zwiebeln, Sellerie, Möhren und Knoblauch schälen bzw. waschen und in kleine Stücke schneiden. In einem Bräter Butterschmalz erhitzen und den Braten von beiden Seiten kurz anbraten, danach das Gemüse ebenfalls scharf anbraten. Wacholderbeeren, Nelken und Senfsaat zugeben. Mit Portwein ablöschen und Gemüsebrühe zugießen. Den Tafelspitz dazugeben. Den Bräter mit Deckel in den Backofen stellen und bei 90 °C (Umluft) 5 bis 6 Stunden schonend schmoren. Die letzte Stunde ohne Deckel schmoren, die letzten 30 Minuten Herd auf 130°C stellen. Tafelspitz herausnehmen und warm stellen. Die Sauce durch ein Sieb streichen und einkochen lassen.
2. Kirschen in ein Sieb geben und den Fond auffangen. Zucker in einem kleinen Topf karamellisieren lassen. Mit dem Fond ablöschen und so lange mit einer Zimtstange einkochen, bis ein Sirup entsteht. Ein paar Tropfen Kirschwasser (Brand) heben den Geschmack. Zum Schluss die Kirschen noch etwas mitköcheln lassen.
3. Kartoffeln schälen und garkochen und stampfen oder durch eine Kartoffelpresse in eine Schüssel pressen.
Milch aufkochen, mit Salz, weißem Pfeffer und Muskatnuss würzen und zu den Kartoffeln geben. Warten, bis die Kartoffeln die Milch aufgenommen haben. Dann die Butter unterrühren. Kräuter mit etwas Olivenöl pürieren und ins Püree rühren.
Dazu gibt es buntes Möhrengemüse, Pastinake, Petersilienwurzeln und gelbe Bete aus der Auflaufform. Form mit Olivenöl einstreichen, Gemüse kleingeschnitten rein, salzen, pfeffern, Thymian draufstreuen, noch etwas Olivenöl obendrauf und die letzte Stunde zum Braten in den Ofen packen.