Jens Mecklenburg

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Durcheinander im Topf

Das (Kriegs)Geheimnis des Eintopfs
9. März 2020

Erstveröffentlicht am 23. Januar 2019

Gelegentlich schlagen die Mitarbeiterinnen dieses Magazins ein Thema für meine Kolumne „Abgeschmeckt“ vor. Ich folge ihnen gern, hat doch jedes Thema seinen besonderen Reiz. In jedem kleinen Salzkorn stecken interessante Geschichten. Nun, es ist Winter und kalt draußen, und sie wünschten sich das Thema Eintopf. Ob sie wussten, auf was sie sich einließen? Auf jeden Fall ein mutiger Vorschlag, ist doch kaum eine andere Speise und Zubereitungsart kulinarisch, politisch und militärisch so vermint wie ein Eintopf.



Kein Krieg ohne Eintopf

Mit der Erfindung der Erbswurst wurde im Deutsch-französischen Krieg der Eintopf zur Militärverpflegung schlechthin. Kein Krieg mehr ohne Eintopf. Im Ersten Weltkrieg kam dann die Gulaschkanone zum Einsatz. Es waren die Nazis, die Gerichte, die in einem Topf zubereitet werden, den Namen Eintopf gaben. 1933 führten sie den „Eintopfsonntag“ ein. Alle Bürger waren aufgefordert, an einem Sonntag im Monat das übliche Fleischgericht durch einen Eintopf zu ersetzen und das so eingesparte Geld dem Winterhilfswerk zu spenden. Die Popularisierung des Eintopfs in der NS-Zeit baute allerdings auf bürgerliche Vorstellungen des 19. Jahrhunderts auf, die die deutsche „Hausmannskost“ als Gegensatz zur angeblich überfeinerten Französischen Küche ansah, die angeblich dem deutschen Wesen fremd sei.

Im deutschen Eintopf sollten soziale Unterschiede zugunsten der nationalen Gemeinsamkeit aufgehoben werden. Vielleicht stand deshalb die Mehrheit der Deutschen nach 1945 noch lange Zeit dem verfeinerten Essen misstrauisch bis ablehnend gegenüber. Wird der Eintopf bei uns bis heute als ländlich-rustikale Speise angesehen – der legendäre Wolfram Siebeck sprach verächtlich von „Plumpsküche“ – kommt er als „Pot-au-feu“ und „Cassoulet“ in anderen Ländern verfeinert zu hohen kulinarischen Ehren.
 

Kartoffelsuppe. Foto: Ingo Wandmacher


Eintopf für alle Lebenslagen

Habe ich Ihnen mit dem vorher beschriebenen den Appetit auf Eintopf verdorben? Hoffentlich nicht, ist doch gegen das „Durcheinander“ in einem großen Topf nichts einzuwenden. Das Prinzip „Reste gehören in den Kochtopf und nicht in den Mülleimer“ ist gerade heute wieder zeitgemäß. Bohnen-, Erbsen-, Kartoffel- und Linseneintöpfe können kulinarisch sogar großen Genuss bereiten, wenn die Güte der Produkte stimmt und man nicht vergisst, den Topf rechtzeitig vom Feuer zu nehmen, nicht alles zu einem Mus verkochen lässt.

Da ich es persönlich flüssiger mag – Suppe statt Eintopf –, die Grenze zwischen Suppe und Eintopf ja fließend ist, gibt es passend zum Thema einen kleinen Kartoffeleintopf mit gebratener Bauernwurst, den man je nach Vorliebe und dem Verhältnis zwischen festen und flüssigen Bestandteilen wahlweise als Suppe oder Eintopf essen kann. Das Rezept stammt von Bodo Lööck, dem wunderbaren Koch vom Historischen Krug in Oeversee.

Noch einige Tipps: Da die Bauernwurst sehr fett ist, kann sie auch ohne Butter angebraten werden. Kann auch mit Kochwurst (mitkochen) oder mit gebratener Blutwurst gegessen werden oder mit geräuchertem Aal. Schmeckt sogar mit panierten und ausgebackenen Austern und Jacobsmuscheln. So schmeckt der Eintopf auch nicht mehr nach Krieg und Volksgemeinschaft.

Kartoffeleintopf mit Bauernwurst

(für 4 Personen)

 

Zutaten

  • 300 g Kartoffeln
  • 100 g Sellerie
  • 100 g Möhren
  • 400 ml Geflügel- oder Gemüsebrühe
  • Knoblauch, Majoran, Kümmel
  • 100 g Porree
  • 150 g Sahne
  • Salz, Pfeffer, etwas Speisestärke, einige Zweige Blattpetersilie
  • 1 Bauernwurst (grobe angeräucherte Mettwurst)
  • Butter zum Anbraten.

 

Zubereitung

1. Kartoffeln, Sellerie und Möhren waschen, schälen und in 1 x 1 cm große Würfel schneiden. Das Gemüse mit der Brühe in einen größeren Topf geben, aufkochen lassen und das Gemüse darin weich garen. Mit Knoblauch, Majoran und Kümmel würzen.

2. Porree waschen und ebenfalls in Würfel schneiden. In die Suppe geben und mit der Sahne auffüllen, gegebenenfalls mit Salz und Pfeffer abschmecken und mit Speisestärke binden. Blattpetersilie waschen, trocken tupfen, Blättchen von den Stängeln zupfen und in Streifen schneiden.

3. Bauernwurst in Scheiben schneiden und in etwas Butter in einer Pfanne anbraten, durch ein Sieb das ausgetretene Fett absieben und mit der Petersilie bestreuen. Die Suppe in eine Terrine oder auf Teller füllen und die Bauernwurst darauf verteilen.