Jens Mecklenburg

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Deutscher Sperber

Ein wahrer Europäer
26. Juli 2023
Deutscher Sperber, Hahn und Henne © Ingo Wandmacher

Der französische König Heinrich IV. (1553 –1610) ging als guter Monarch in die Geschichte ein, weil er seinen Untertanen jeden Sonntag ein Huhn im Topf gewünscht hatte. Das zarte junge Huhn oder der fette Kapaun (ein kastrierter Hahn) waren über Jahrhunderte bei Jung und Alt, Arm und Reich ein beliebter Sonntagsbraten. Besonders der Hahn, Herr der Hennen und König auf dem Misthaufen, war Symbol für Fruchtbarkeit und Wachstum. Stand die Ernte bevor, wurde in vielen Teilen Europas ein Hahn geopfert.

Nach der Ernte wurde üppig geschmaust, Huhn und Hahn durften auf der Festtafel nicht fehlen. Auch in die Hochzeitssuppe gehörte ein anständiges Suppenhuhn. Bis heute hält sich diese Tradition vor allem in vielen ländlichen Regionen Deutschlands. Eine kräftige Hühnerbrühe ist immer noch die beste Medizin bei Erkältungen. Doch vorbei sind die Zeiten, in denen man aus einem Huhn eine anständige Suppe kochen konnte, sei es zum Hochzeitsfest oder zur Stärkung eines Kranken. Aus den heute vorherrschenden mageren Hybridrassen lässt sich keine wohlschmeckende Suppe mehr zubereiten. Kein Fettauge schwimmt auf der Suppe, sie schmeckt fad und schlaff.


Doch es gibt Alternativen wie den Deutschen Sperber, der wegen des ähnlich gescheckten Brustmusters nach dem gleichnamigen Greifvogel benannt ist. Wie viele andere alte Landrassen ist auch er vom Aussterben bedroht. Die Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen stuft ihn in der Kategorie II ihrer Roten Liste ein – stark gefährdet. Bei einer Bestandsaufnahme wurden gerade noch 103 Hähne und 423 Hennen gezählt. Dabei gehörte das um 1900 von Otto Trieloff in Duisburg gezüchtete robuste Landhuhn jahrzehntelang zu den beliebtesten Haushühnern, zumindest im Rheinland und Thüringen. Die Ahnen des Deutschen Sperbers sind zahlreich, aus einer bunten Mischung sollte ein wirtschaftlich ertragreiches Tier mit guter Legeleistung und ansprechendem Gewicht werden.

Hühnerfan Olli Roth © MONES

Das Ziel erreichte Otto Trieloff fraglos, die Grundlage waren gesperberte Plymouth Rock, gesperberte Italiener, graue Schotten, gesperberte Bergische Schlotterkämme und schwarze Minorkas. Nach einer ersten öffentlichen Ausstellung des Huhns im Jahr 1903 gewann das mittelschwere Landhuhn mit seinen vielfältigen europäischen Wurzeln schnell zahlreiche Fürsprecher, 1907 wurde der erste Sonderverein gegründet, allerdings noch unter dem Namen gesperberter Minorka. Die Umbenennung in Deutscher Sperber erfolgte im Jahr 1917.


Lebhafte, zeitlose Schönheit 

Das Huhn ist eine zeitlose Schönheit, sehr lebhaft und recht zutraulich. Der kräftige Hahn wird bis zu 3 Kilogramm schwer, die Henne bis zu 2,5 Kilogramm. Sie legt fleißig 180 Eier im Jahr, nur ihr Bruttrieb ist nicht besonders ausgeprägt, sie ist halt gerne unterwegs, um die Umgebung zu erkunden. Hahn und Henne sind schwarz-weiß gefiedert, ihr Fleisch ist delikat: weiß in der Färbung, feinfaserig im Biss und absolut wohlschmeckend. Eine Hühnersuppe vom Sperber-Huhn schmeckt noch wie zu Großmutters Zeiten – fett und gehaltvoll. Kranken gibt sie Kraft zur Genesung, frisch Vermählten Kraft für das Abenteuer Ehe. Genug Gründe also, um den Deutschen Sperbern wieder mehr Beachtung zu schenken.