EET, WAT GOR IS.
DRINK, WAT KLOR IS.
SECH, WAT WOHR IS.
(Plattdeutsche Redensart)
Wo Altes Land drauf steht, ist auch Altes Land drin. Auf dem Titelbild ist ein malerisches Fachwerkhaus, die Kirschblüte und eine Schale Gurken-Dill-Salat zu sehen. Das Alte Land ist ein schöner Fleck Erde, nah dran an Hamburg, eine Art Speisekammer der Hansestadt. Die Region steht für endlose Obstgärten, idyllische Fachwerkhäuser, grüne Deiche. Hier kann man gut die Seele baumeln und es sich auch kulinarisch gut gehen lassen. Der Hamburger Fotojournalist Ralf Niemzig besuchte Obstbauern, Imker, Elbfischer und fand zahlreiche kulinarische Geheimtipps in alten Mühlen, lugte in diverse Töpfe, auch in die von Landfrauen, und ließ sich die besten Rezepte der Region verraten, wie „Deftigen Apfelsalat“, „Altländer Schweinetopf“ oder „Quittenmousse mit Fliederbeeren“. Ralf Niemzig, für den Hamburg vor langer Zeit zur neuen Heimat wurde, erzählt: „Das Alte Land hat mich in vielerlei Hinsicht an meine Jugendjahre in einem rheinischen Dorf unter Obstbauern erinnert. Der Obstbau mit seinen verschiedenen Jahreszeiten gehörte für mich viele Jahre zum Alltag, ebenso wie die Arbeit als Erntehelfer in den Obstplantagen.“ Im Alten Land fand er aber nicht nur Obstplantagen, sondern eine vielfältig auch maritim genutzte Landschaft und eine gut gedeckte Tafel. Da wäre die Altländer Hochzeitssuppe vom Hotel Altes Land in Jork oder das Zanderfilet gebraten auf Roter Bete vom Hollerner Hof in Hollern-Twielenfleth. Oder der heiß begehrte Butterkuchen der Bäckerei Pfeiffer aus Steinkirchen. Nicole Stubbe vom Stubbes Gasthaus präsentiert ihren Hamburger Pannfisch mit Senfsauce, Bratkartoffeln und Gurkensalat, und Thomas Kupfer vom Hotel Navigare in Buxtehude verrät sein Rezept für den Altländer Schweinebraten mit Sauerkraut, Pommerschen Kartoffelnocken und Apfel-Calvados-Sauce.
Ralf Niemzig weiß auch Geschichten zu erzählen. Von den Holländern oder der Sturmflut von 1962. Von plattdeutschen Redensarten bis hin zu Einblicken in die traditionelle Schiffsbaukunst und dem Wandel der Familienbetriebe im Laufe der Zeit. „Vor dem alten Wohnhaus, direkt an der Lühe gelegen, stand früher ein Schlitten für die Kiellegung. Zahlreiche Stapelläufe der Altländer Plattbodenschiffe nahmen von hier aus ihren Anfang. Mit ihnen befuhren die Bauern die Wasserwege des Alten Landes, um ihre Produkte zu den Märkten der umliegenden Hansestädte zu bringen.“
Der Fotojournalist nimmt den Leser und die Leserin mit auf eine Reise durch das Alte Land, wo jedes Gericht eine Geschichte erzählt und jede Zutat eine Hommage an die regionale Vielfalt ist. Durch die zahlreichen Fotos vermittelt das Buch auch visuelle Freude.
„Auf meiner Reise ins Alte Land erlebte ich die Freude an den einfachen Dingen des Alltags und erfuhr, wie Altländer über Generationen hinweg aus einem unbrauchbaren Fleckchen Erde ein kleines Paradies direkt an der Elbe geschaffen haben. Wie wir Hamburger den Kirschenkrieg von 1581 bis 1611 und den Verlust dieses Paradieses überstanden haben, bleibt mir ein Rätsel.“
Auch die Mentalität der Altländer hat er gut erfasst. Ich kenne sie durch familiäre Bande ein wenig: „Altländer sind typisch norddeutsch zurückhaltend. Es ist wohl die Gelassenheit in den Gezeiten und die Gewissheit, dass nach dem Sturm auch immer vor dem Sturm ist.“
Das Buch ist gelungen, eine Ode an die Landschaft und die Menschen dort. Es sei jedem empfohlen, der die Schönheit und den Reichtum des Alten Landes entdecken möchten.
Der Autor
Ralf Niemzig, 1965 geboren in Garmisch-Partenkirchen, studierte Fotografie in Köln, Essen und Havanna und ist seit 1995 freier Fotograf mit eigenem Studio in Hamburg. Er arbeitet für Redaktionen, Verlage und Unternehmen, macht weltweite Fotoproduktionen und hat seit 2006 verschiedene Lehraufträge im Bereich Fotodesign und Bildjournalismus.
Das Buch
Ralf Niemzig: Altes Land. Die norddeutsche Heimatküche. 50 Rezepte. Porträts & Geschichten. Christian Verlag, 192 Seiten, Hardcover, 29,99 Euro.
