Johanna Rädecke

Redakteurin

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2x Nolde in Hamburg

Hamburger Kunsthalle und Bucerius Kunstforum eröffneten Doppelausstellung
22. Oktober 2021

Am letzten Wochenende eröffneten Hamburgs renommierte Kunsthäuser eine Doppelausstellung, die sich mit den Werken von Emil Nolde auseinandersetzen. Das Bucerius Kunst Forum untersucht mit „Nolde und der Norden“ sein Frühwerk im Spiegel der nordischen Kunst: Bis zum 23. Januar sind 80 größtenteils zwischen 1900 und 1902 entstandene Werke des Künstlers zu sehen.  Die Hamburger Kunsthalle präsentiert bis zum 18. April mit „Meistens grundiere ich mit Kreide…“  eine Studioausstellung, die anhand von elf Gemälden einen vertieften Einblick in die maltechnische Herangehensweise des Malers bietet. Nolde zählt zu den bekanntesten und aufgrund seiner späteren nationalsozialistischen Überzeugung umstrittensten Künstlern der Klassischen Moderne im Norden. Er ist bekannt für seine farbgewaltigen Blumenbilder und Landschaften. Die Stadt Hamburg inspirierte ihn zu zahlreichen Werken.

Emil Nolde (1867–1956) Detail des Gemäldes Herr und Dame (im roten Saal), 1911: sichtbare Unterzeichnung mit dem Graphitstift im Bereich des Auges. Hamburger Kunsthalle, Dauerleihgabe der Stiftung Hamburger Kunstsammlungen © Nolde Stiftung Seebüll

Bucerius Kunst Forum: „Nolde und der Norden“

Wo liegen die Anfänge des weltbekannten, in seiner Heimat tief verwurzelten und wegen seiner Anhängerschaft zum Nationalsozialismus kritisch zu betrachtenden Künstlers Emil Nolde? Die Ausstellung „Nolde und der Norden“ geht dieser Frage nach und beleuchtet die weitgehend unerforschten Arbeiten des Künstlers, die in seiner Zeit in Dänemark von 1900 bis 1902 entstanden sind. Die Schau deckt Motive und stilistische Elemente auf, die in den darauffolgenden Jahren charakteristisch für Nolde wurden. Erstmals wird der Einfluss der dänischen Künstlerinnen und Künstler auf Noldes Schaffen systematisch aufgezeigt. Rund 80 Werke Noldes stehen 25 Gemälden dänischer Künstlerinnen und Künstler der Zeit, wie Georg Achen, Anna Ancher, Vilhelm Hammershøi, Carl Holsøe, Peter Ilsted, Viggo Johansen, Peder Severin Krøyer, Julius Paulsen und Laurits Andersen Ring gegenüber. Die Ausstellung zeigt, wie prägend diese Werke für Emil Nolde waren und sogar bis in sein Spätwerk hinein Spuren hinterließen. 

Noldes Rolle im Nationalsozialismus wurde 2019 in der Ausstellung „Emil Nolde – Eine deutsche Legende. Der Künstler im Nationalsozialismus“ in Berlin auf der Grundlage einer umfangreichen Recherche thematisiert. Die Ausstellung im Bucerius Kunst Forum konzentriert sich nun auf die weitgehend unerforschten Arbeiten Noldes im Zeitraum von 1900 bis 1902. Vor diesem Hintergrund wird in der Ausstellung mit der Spannung zwischen künstlerischem Werk und politischer Gesinnung umgegangen und die historischen Erkenntnisse werden offen dargelegt, wenn sie sich inhaltlich ergeben. 

Die Ausstellung wird im gerade umgezogenen Bucerius Kunstforum am Rathausmarkt wird noch bis zum 23. Januar 2022 gezeigt, mehr Informationen unter: www.buceriuskunstforum.de

© Nolde Stiftung Seebüll

Hamburger Kunsthalle: „Meistens grundiere ich mit Kreide…“

Noch mehr Nolde gibt es in der Hamburger Kunsthalle: Die Studioausstellung »MEISTENS GRUNDIERE ICH MIT KREIDE…« präsentiert Ergebnisse eines interdisziplinären Forschungsprojekts zu Emil Nolde, an dem die Hamburger Kunsthalle zusammen mit der Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde und dem Doerner Institut der Bayerischen Staatsgemälde­sammlungen München seit Herbst 2018 gearbeitet hat. Inhalt des Projektes war es, die kunsthistorischen Aspekte und die jüngste Forschung zum historischen Kontext Emil Noldes um die noch unbekannte kunsttechnologische Perspektive zu erweitern. 44 Gemälde Noldes aus den Beständen der Museen in Seebüll, München und Hamburg wurden von Restauratorinnen, Naturwissenschaftler*innen und Kunsthistoriker*innen im Hinblick auf Arbeitsweisen und Materialien systematisch erforscht. Weitere 80 Werke wurden in Kurzbefunden erfasst. 

Den Projektabschluss bilden nun drei Einzelausstellungen in München, Seebüll und Hamburg. Die Hamburger Kunsthalle zeigt mit einer Studioausstellung die wichtigsten Ergebnisse anhand der elf Gemälde von Emil Nolde aus dem Bestand des Hauses sowie zwei weiterer Leihgaben. Die Präsentation gibt einen vertieften Einblick in die maltechnischen Besonderheiten Noldes, die wichtig für das Verständnis seiner Werke sind und zeigt, welchen Einfluss Material und Arbeitsweise auf die Bildwirkung hat. Das Forschungsprojekt offenbart, dass Noldes Vorgehensweise durch große handwerkliche Souveränität und das Ausreizen eines breiten Repertoires mal- und materialtechnischer Möglichkeiten geprägt ist. Der differenzierte und bewusste Einsatz von Leinwandbeschaffenheit, Grundierung, Farbauftrag mit verschiedenen Werkzeugen, Oberflächenstrukturen und Glanzunterschieden war dem Künstler wichtig. 

Auch diese Ausstellung startete am 16.Oktober und wird noch bis zum 18. April 2022 im Haus am Hauptbahnhof gezeigt, mehr unter www.hamburger-kunsthalle.de/ausstellungen/meistens-grundiere-ich-mit-kreide