Johanna Rädecke

Redakteurin

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Schleswig-Holsteins Stars

Von Künstlern und einer Skandalgräfin
6. März 2022

Schriftsteller, Maler und Künstler, Forscher und sogar eine Skandalgräfin – zahlreiche Berühmtheiten sind in Schleswig-Holstein geboren oder haben sich an Nord- und Ostsee niedergelassen. Sie haben bedeutende Kunstwerke geschaffen, Romane geschrieben oder die Weltpolitik maßgeblich beeinflusst. Meer und Küste, Landschaften und Städte lieferten ihnen viel Inspiration. 

Gemälde von Emil Nolde: Abendrot über dem Meer. ©Cea/ flickr, CC2.0 Lizenz

Nordsee

Seebüll: Der Expressionist Emil Nolde
Emil Nolde zählt zu den bedeutendsten Malern des deutschen Expressionismus. Das historische Noldehaus in Seebüll (Neukirchen) war einst sein Wohnhaus. Der ursprünglich im Dorf Nolde, nahe Tondern im deutsch-dänischen Grenzland im Jahr 1867 geborene Künstler entwarf dieses sogar selbst. In dem heutigen Museum sind die original möblierten Wohnräume im Erdgeschoss von außen noch teilweise einsehbar. Hier befand sich Noldes Atelier, in dem Besucher heute seine religiösen Bilder bewundern können. Die ehemaligen Wohnräume im ersten Stock wurden zu Kabinetten umgebaut, in denen jährlich wechselnde Gemälde des Künstlers gezeigt werden. Der historische Garten und große Teile seiner Bepflanzung zeigen sich noch heute wie zu Noldes Lebzeiten und sind für Besucher zugänglich.

Heide und Kiel: Der niederdeutsche Dichter Klaus Groth 
Zu den bekanntesten niederdeutschen Dichtern gehört der 1819 in Heide geborene Klaus Groth, der im Alter von 34 Jahren nach Kiel zog und sich hier einen Namen mit der Erstellung der plattdeutschen Grammatik und Orthographie machte. Außerdem gab er den niederdeutschen Gedichtband „Quickborn“ heraus. Im Klaus-Groth-Museum in Heide lassen sich Leben und Wirken des Schriftstellers nachverfolgen. Und auch der nach dem Dichter benannte Klaus-Groth-Wanderweg startet hier. Er selbst wanderte unzählige Male auf diesem Weg um seine Verwandtschaft zu besuchen. Der Weg führt auf etwa 15 Kilometern von Heide nach Tellingstedt. 


Husum: Schriftsteller, Skandalgräfin, Kunstsammler
Die bekannteste Persönlichkeit, die mit Husum in Verbindung gebracht wird, ist der 1817 in Husum geborene Schriftsteller Theodor Storm, dessen Werke wie „Der Schimmelreiter“ oder „Pole Poppenspäler“ in Nordfriesland spielen. Aber auch andere Berühmtheiten haben in Husum für Aufsehen und Bewunderung gesorgt. Franziska Gräfin zu Reventlow zum Beispiel, geboren 1871 im Schloss vor Husum. Die Schriftstellerin, Malerin und Kosmopolitin ging wegen ihrer freizügigen Lebensweise als „Skandalgräfin“ in die Geschichte ein. Weitere bekannte Personen aus Husum sind der 1855 geborene Bildhauer Adolf Brütt. Ihm verdankt die Stadt ihr Wahrzeichen, die „Tine“, eine bronzene Figur einer Fischerfrau in Holzschuhen, welche den Marktbrunnen ziert. Oder der ebenfalls 1855 geborene Ludwig Nissen, der als 16-jähriger nach Amerika aufbrach, als Millionär zurückkam und seine Kunstsammlung der Stadt vermachte. Heute ist diese im Nordfriesland Museum zu sehen. Aktuell setzt Dörte Hansen die Tradition erfolgreicher Schriftsteller fort: ihr jüngster Roman „Mittagsstunde“ spielt in einem Dorf in Nordfriesland. 

Wesselburen: Ein Dichter und ein Komiker
Kleines Städtchen, großer Name: in Wesselburen in Dithmarschen wuchs der Dichter Friedrich Hebbel (1813 bis 1863) auf. Hebbel, dessen Bühnenwerke („Gyges und sein Ring“) noch heute aufgeführt werden, wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf und war Autodidakt. Ein kleines Museum in Wesselburen ist seinem Leben und seiner Arbeit gewidmet. Kein Museum, dafür aber jede Menge Videos auf youtube hat Fresh Torge vorzuweisen. Der 32-Jährige ist gelernter Erzieher, heißt eigentlich Torge Oelrich und hat vor einigen Jahren als Entertainer und Komiker auf You Tube Karriere gemacht. Seiner Geburtsstadt Wesselburen ist er treu geblieben und wohnt inzwischen mit seiner eigenen Familie dort.

Hedwigenkoog: Jil Sanders Heimat
Nicht in Wesselburen wie vielfach zu lesen, sondern in Hedwigenkoog in der Nähe von Büsum wurde die später als Jil Sander weltberühmt gewordene Heidemarie Jiline Sander 1945 geboren. Nur kurze Zeit lebte sie als Kind in Dithmarschen, wuchs dann in Hamburg auf und wurde als Designerin für eine klare, zeitlose Mode in den 80er Jahren weltberühmt.

Von Heide nach Los Angeles: Michael David Pate
Auch wenn er beruflich häufig nach Berlin oder Los Angeles reisen muss, seine Heimat ist immer noch Heide in Dithmarschen. Michael David Pate beschäftigte sich schon als Kind mit bewegten Bildern. Heute ist der 39-jährige ein bekannter Regisseur, der zum Beispiel mit dem Film „Kartoffelsalat – Nicht fragen!“ einen großen Erfolg landete. 

Geschichtsschreiber Neocorus aus Büsum (1550-1630) © TMS Büsum GmbH

Büsum: Der Geschichtsschreiber Neocorus
Noch heute, fast 400 Jahre nach seinem Tod, ist Johann Adolf Köster in Büsum allgegenwärtig. Köster war ab 1590 hier Pastor, wurde aber durch seine Tätigkeit als Geschichtsschreiber unter dem Namen „Neocorus“ unsterblich. Sein historisches Werk, die „Chronik des Landes Dithmarschen“, gehört zu den wichtigsten Zeugnissen der Geschichte Dithmarschens und Schleswig-Holsteins. Eine Bronzeplastik und ein Platz mit seinem Namen erinnern in Büsum an den Chronisten.

Garding: Nobelpreisträger Theodor Mommsen
Im „Alten Diakonat“ in der malerischen Kleinstadt Garding auf der Halbinsel Eiderstedt, erblickte Theodor Mommsen 1817 das Licht der Welt. Der Historiker und Wissenschaftler erhielt als erster deutscher Autor den Nobelpreis für Literatur. Sein Geburtshaus beherbergt eine kleine Ausstellung. Wie stolz die Stadt noch heute auf Theodor Mommsen ist, zeigt sich neben einer Skulptur mit Gedenktafel gegenüber seines Geburtshauses auch in den in Garding aufgestellten Landschaftsstelen, die neben dem Schriftzug „Mommsen Stadt Garding“ auch ein Abbild des Künstlers im Profil zeigen. 

Binnenland

Theodor Storm 1886

Hanerau-Hademarschen: Theodor Storms Alterssitz
Auch wenn Theodor Storm häufig mit der „grauen Stadt am grauen Meer“ in Verbindung steht, schrieb er sein wohl bekanntestes Werk „Der Schimmelreiter“ nicht in Husum, sondern in seinem Alterssitz Hanerau-Hademarschen. Das Dorf liegt am Nord-Ostseekanal. Storm schätzte die reizvolle Landschaft, verbrachte hier seinen Ruhestand und blieb bis zu seinem Tod 1888. Im Heimatmuseum befindet sich die „Storm-Stube“ mit zahlreichen Exponaten und einer umfangreichen Bibliothek. In der Theodor-Storm-Straße 42 steht der nach seinen Plänen gebaute Alterssitz des Dichters. Auf dem Hanerauer Waldfriedhof, den Storm wegen seiner idyllischen Lage sehr liebte, erinnert eine Statue an den Dichter und Schriftsteller.


Herzogtum Lauenburg 

Ratzeburg: Erinnerungen an A. Paul Weber und Ernst Barlach
Gleich zwei, weit über die Grenzen Schleswig-Holsteins hinaus bekannte, Künstler wählten das Herzogtum Lauenburg zum Leben und Arbeiten aus. Der 1870 geborene Bildhauer Ernst Barlach verbrachte seine Kindheit in Ratzeburg. Seine Familie lebte in der Seestraße in einem Haus direkt neben der Kirche St. Petri – heute ist das Barlachsche Elternhaus Museum. Die ständige Ausstellung zeigt Bronzeplastiken, Werkmodelle, Keramiken, Lithographien und Holzschnitte des 1938 verstorbenen und in Ratzeburg beigesetzten Künstlers. Die Barlach-Plastik „Der Bettler“ ist im Dominnenhof zu sehen.

Auch der 1980 verstorbene Grafiker A. Paul Weber liebte die seenreiche Landschaft rund um Ratzeburg und Mölln. Er wohnte und arbeitete in Schretstaken bei Mölln. Seit 1973 befindet sich in Ratzeburg das A.-Paul-Weber Museum in einem historischen Gebäude auf der Dominsel.

Friedrichsruh: Familiensitz der von Bismarcks
Kaiser Wilhelm II. schenke 1871 dem letzten lauenburgischen Herzog und ersten deutschen Reichskanzler, Otto von Bismarck (1815 – 1898), für seine Verdienste um Preußen den Sachsenwald. Seitdem ist Friedrichsruh Familiensitz der von Bismarcks – und öffentlich zugänglich. Zu sehen gibt es neben dem Bismarck-Museum und dem Bismarck-Mausoleum auch den Schmetterlingsgarten in Aumühle und ein Eisenbahnmuseum. Gut essen kann man auch, zum Beispiel im unter Denkmalschutz stehenden Forsthaus Friedrichsruh, das von Samantha Bismarck und ihrer Cousine Natalie Oswald 2014 neu gestaltet wurde.