Jens Mecklenburg

Herausgeber & Autor

Zum Portrait

Eigentümlich bergendes Sitzgehäuse

Buch über Strandkörbe
15. August 2019

Jeder Einheimische und Besucher der Ost- und Nordsee kennt den Strandkorb. 

Hergestellt aus einem Korbgeflecht, soll das Sitzmöbel vor Wind, Sandflug, Regen und natürlich vor der Sonne schützen. Üblicherweise wird der Strandkorb an den Stränden der Nord- und Ostsee, eben dort wo es sehr windig sein kann, an Strandbesucher vermietet. Und das seit über 100 Jahren. Diese Art Wäschekörbe zum Sitzen sind mittlerweile so beliebt, dass man sie sogar abseits der See auf Dachterrassen, Balkone oder in Gärten antreffen kann.  

Wie alles begann

1882 wünschte sich eine Elfriede von Maltzahn eine Sitzgelegenheit für den Strand, welche sie vor Wind sowie vor zu starker Sonneneinstrahlung schützen sollte. Der Badegast aus Warnemünde war rheumakrank. Der Rostocker Korbmachermeister Wilhelm Bartelmann fertigte ihr einen Strandstuhl aus Korb. Bereits ein Jahr später gab Bartelmann durch eine Anzeige die Strandkorb-Vermietung bekannt, da inzwischen viele Badegäste in Warnemünde solch einen Strandstuhl mieten wollten. Etwa zur gleichen Zeit wurden auch an den anderen Stränden der Nord- sowie der Ostsee Strandkörbe gesichtet. Die frühen Modelle waren einsitzig und sie konnten nicht nach hinten geklappt werden. Diese Mechanik entwickelte erst Johann Falck um 1897. Er gründete auch die erste Strandkorbfabrik. Im Laufe der Zeit wurden die Modelle zum Halblieger sowie zum Ganzlieger weiterentwickelt.
Schnell breitete sich die Strandkorbmode an allen deutschen Stränden der Ost- und Nordsee aus. Sie wurden als Ein- oder Zweisitzer angeboten, es gab auch kleine Modelle für Kinder. Natürlich durfte auch das Modell für den Hund nicht fehlen. Heute werden die Modelle auch als Dreisitzer angeboten und speziell für den G8-Gipfel im Juni 2007 in Heiligendamm wurde zum 125-jährigen Jubiläum des Strandkorbes ein Riesenmodell angefertigt. Alle anwesenden Regierungschefs der führenden acht Wirtschaftsnationen konnten in einem einzigen Strandkorb gemeinsam für ein Foto Platz nehmen. Der „G8-Standkorb“ war sechs Meter lang und zwei Meter hoch.

Foto: Husum Verlag

Das Buch zum Strandkorb 

Da der Strandkorb also nicht nur ein profanes Sitzmöbel ist, sondern eine lange Geschichte aufweist, interessante Moden unterworfen ist, fester Bestandteil der Bäderkultur wurde und sogar bei Weltereignissen wie G8 eine sitzende Rolle einnehmen konnte, tat ein Buch not. Moritz Holfelder nahm sich dankenswerter Weise dem Thema an. „Strandkorb für Anfänger“ heißt seine Gebrauchsanweisung gleich zu Beginn des Buches. Sitzen nun Neuling und Experte bequem, können sie ein Panoptikum deutschen Strandlebens im Korb genießen und erfahren, dass schon in den Niederlanden des 17. Jahrhunderts Strandkörbe bekannt waren. Was mit diesem „deutschen Unikum“ bei einer Sturmflut oder im Winter geschieht, wird ebenso beleuchtet wie die deutsche Wiedervereinigung an der Wasserfront und die Reise eines Strandkorbes in die Alpen. Schließlich nehmen Künstler und Schriftsteller im Strandkorb Platz, jenem „eigentümlich bergenden Sitzgehäuse“, wie es Thomas Mann so liebte. Ein Band also, der Unterhaltendes und Informatives bietet und zur „Grundausstattung“ eines jeden Strandkorb-Nutzers von Usedom über Sylt bis Norderney gehören sollte. Wir können es nur empfehlen.

Foto: Husum Verlag

 

Moritz Holfelder: Das Buch vom Strandkorb.

Husum Verlag, 2. Auflage 2011, 168 Seiten, zahlreiche Abbildungen, gebunden, Euro 12,95.