Werner Brockmann

Weinakademiker & Weinfachhändler

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Welcher Wein passt zum Festessen?

Brockmanns Weinschule
14. Dezember 2022

Jedes Jahr stellt sich die Frage wieder, welchen Wein zum Weihnachtsessen. In vielen Familien werden traditionell Klassiker zum Fest zubereitet. Dabei gibt es am Heiligabend bei 1/3 der Deutschen Kartoffelsalat mit Würstchen – unkompliziert und leicht vorzubereiten, was besonders wichtig ist, wenn noch kleinere Kinder im Hause sind. Auch hierzu kann ein Wein passen und man muss nicht auf Bier ausweichen. 

Im Folgenden möchte ich Ihnen zu einigen typischen Gerichten Weinvorschläge machen, die Ihnen eine Orientierung nicht nur zu Weihnachten geben können.

Traditionelles Weihnachtsessen: Würstchen mit Kartoffelsalat. © Florian Siepert/ Flickr. CC 2.0-Lizenz

Kartoffelsalat mit Würstchen 

Wir könnten jetzt mit einer leckeren kühlen Gerstenkaltschale starten, aber am Heiligabend soll es vielleicht doch lieber ein Gläschen Wein sein. Auch der Kartoffelsalat, der geschmacklich im Vordergrund steht, kann mit einem Wein kombiniert werden. Unterscheiden sollte man jedoch zwischen einem mit Öl & Essig angerichtetem Salat und einer von Mayonnaise dominierten Variante. Je kräftiger und cremiger, desto kraftvoller sollte auch der Wein sein. Bei der ersten Version mit Öl & Essig passt ein leichter, harmonischer Grauburgunder. Bei der Version mit Mayonnaise kann der Grauburgunder gerne etwas kräftiger ausfallen oder man wechselt zu einem Chardonnay mit etwas fülligerem Körper. Wer lieber einen Rotwein trinken möchte, sollte etwas Leichtes wählen. Trollinger aus Württemberg oder St. Magdalener mit Vernatsch (italienische Variante des Trollingers) oder auch einen leichteren Spätburgunder wären hier mögliche Kombinationen. 


Enten- und Gänsebraten 

Ein wunderbares Festtagsessen, Ente und Gans! Die beiden Vögel verlangen nach einem Rotwein, der gerne etwas kräftiger ausfallen darf. Allerdings sollte der Wein auch über ein gutes Säuregerüst verfügen, um dem Fett Paroli zu bieten und eine gewisse Lebendigkeit in die Kombination zu bringen. Ein überextrahierter Roter aus der neuen Welt, würde Ente und Gans zu wuchtig werden lassen und dem schweren Essen noch ein paar Kilo gefühlt oben drauf setzen. Fruchtbetont, gerbstoffhaltig und säurebetont. Somit passen kräftige Spätburgunder aus dem Burgund oder von der Ahr, Klassiker wie Barbaresco oder Barolo, Cuvées aus dem Douro, die mit Kraft und Frische punkten, sowie auch Tropfen aus Blaufränkisch alias Lemberger oder St. Laurent sind angenehme Partner ohne das Geflügel zu erschlagen.  


Karpfen blau 

Gerade in Norddeutschland ist der Karpfen blau ein traditionelles Weihnachtsgericht, wird aber auch häufig zu Silvester zubereitet. Das milde Gericht mit seinem „moorigen“ Eigengeschmack, harmoniert gut mit säurearmen Weinen, die mit vegetabilen und erdigen Aromen daherkommen. Ein Silvaner aus Franken oder Rheinhessen sind hier erste Wahl, aber auch ein Grüner Veltliner aus den Donauregionen Wachau, Kamptal oder dem Kremstal passen perfekt. Wer einen fruchtigen Gegenpol setzen und das Gericht etwas lebendiger gestalten möchte, sorgt mit einem aromatischen Riesling, der nicht zu viel Säure enthalten sollte, für eine lebendiges Gegenstück.  



Fondue & Raclette

Diese beiden Gerichte sind so vielfältig, dass eine klare Empfehlung extrem schwierig ist. Beim Fondue stellt sich zuerst die Frage, ob es sich um ein Fleisch- oder Käse-Fondue handelt und welche Saucen verwendet werden. Beim Raclette müsste jedem individuellen Pfännchen ein eigener Wein zur Seite gestellt werden. Kann man machen, ist aber wohl realistisch.  

© DWI

Käse-Fondue: Das Käse-Fondue ist ein traditionelles Gericht aus der Schweiz, wozu auch die dort typische Rebsorte Chasselas hervorragend passt. In Deutschland ist sie als Gutedel bekannt, die vor allem in Baden angebaut wird. Ein säurearmer und meist trockener Wein. Besitzt der Wein eine intensive Mineralität, was sich mit einer feinen Salzigkeit bemerkbar macht, so harmoniert dies perfekt zum Käseschmelz. Aufgepasst bei Rotwein, zu viel Tannin macht die Kombination mit dem Käse bitter und schwer genießbar. 

Fleisch-Fondue: Hier sollte nicht die Art des Fleisches im Vordergrund stehen, sondern vor allem die Saucen. Meist handelt es sich um gut gewürzte und etwas schärfere Varianten, denen eine gewisse Restsüße im Wein gut zu Gesicht steht. Entweder ein feinherber Riesling oder auch ein Spätburgunder mit einigen Gramm Restzucker können gut harmonieren. Aber auch ein schwerer Ripasso oder Primitivo, die mit ihrem opulenten Fruchtbukett der Sauce trotzen können, wären mögliche Partner.

Raclette: Wenn Sie zum Raclette einen Wein kombinieren möchten, der auch passt, ist meine Empfehlung in zwei Schritten vorzugehen. Starten Sie mit leichten Kombinationen im Pfännchen, bei denen Geflügel und Fisch dominieren. Hierzu passt ein fruchtbetonter knackiger Riesling, der es mit dem Fett des Käses und den pikanten Aromen aufnehmen kann. Im zweiten Schritte gehen Sie dann zu kräftigeren Variationen über mit Salami, Schinken und diversen kräftigeren Fleischsorten. Jetzt kommen die Rotweine ins Spiel. Hier würde ich zu kräftigeren Tropfen tendieren, die mit ihrer Fruchtigkeit und ggfs. leichter Restsüße den Gegenpart zum Pfännchen bilden und auch die kräftigen Saucen ähnlich wie beim Fleisch-Fondue aufnehmen können. 

Hirschrücken. ©DWI



Wildgerichte

Was auf gar keinen Fall fehlen darf ist das Thema Wild! Reh, Hirsch oder Wildschwein kommt bekanntlich auch gerne zu Weihnachten auf dem Speisentisch. Hier meine Tipps zum Thema Wild. 



Rinderfilet oder Entrecote 

Klassiker der wunderbar mit einem Bordeaux oder einem Wein aus dem Douro in Portugal harmoniert. Die Röstaromatik erfordert kraftvolle Tropfen, bei denen das Tanningerüst gerne etwas herber ausfallen darf. Gut gewürzt mit Salz und Pfeffer werden die Tannine in der Kombination quasi aufgesogen und machen den Wein fruchtiger und runder, wobei die Gerbstoffe in den Hintergrund treten. 



Geräucherter Lachs 

Der fetthaltige Lachs mit seiner speziellen Aromatik vom Räuchern, verlangt einen körperreichen, schmelzigen Weißwein, dem aber auch ein bisschen Säure nicht schadet. Der Klassiker, ein im Holz ausgebauter Chardonnay, passt natürlich hervorragend aber auch individuelle Weine aus Rebsorten wie Verdejo aus dem spanischen Rueda oder Passerina sowie Pecorino aus den italienischen Marken sind spannende Alternativen.

Werner Brockmann, Weinvertikale

 

Weinvertikale Werner Brockmann

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