Werner Brockmann

Weinakademiker & Weinfachhändler

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Wild & Wein

Brockmanns Weinschule – Teil 15
11. Oktober 2019

Frische Knospen, Tannengrün und Kräuter stehen bei Hase, Reh und Hirsch ganz oben auf der Speisekarte. Sie sind der Garant für den feinen Wildgeschmack. Je nach Tierart und Jahreszeit ist der Geschmack vielfältig und unterschiedlich. Während Hase und Hirsch etwas streng daherkommen können, sind Reh und Damwild milder und feiner im Geschmack.  Was bedeutet das für die Weinbegleitung?

Rehrücken und Wein. ©DWI


Wein hilft bei der „Zerlegung“ 

Wildfleisch ist sehr fettarm und besitzt feine Fasern, gleichzeitig ist es cholesterinarm. Perfekt für ein gutes und gesundes Essen. Doch ist Wild dadurch auch schwer verdaulich vor allem, wenn Zutaten wie Pilze und Rotkohl hinzukommen. Ein guter Tropfen Wein hilft hier nicht nur geschmacklich, sondern auch mit seinem Alkohol, um Proteine und Omega-3-Fettsäuren aufzuschlüsseln und damit verdaulicher zu machen. Wenn dann der richtige Wein zum Wildschmaus gereicht wird, kann die Kombination wunderbar sein. Wein & Wild gehören einfach zusammen.  


Welcher Wein zu welchem Wild? 

Grundsätzlich gilt hier erstmal die Richtlinie, dass der Wein ausreichend kraftvoll daherkommen sollte, um die Intensität des Wildgeschmacks auffangen zu können. Dies bedeutet etwas pauschal gesagt, je herber der Wildgeschmack ist, desto kräftiger sollte der Wein sein. Beispielhaft ein leichterer Spätburgunder zum feinen Damwild und ein kräftiger Chateauneuf du Papes zum Hirschen. 

Grundsätzlich aber noch mal die Fragestellung, muss es immer ein Rotwein sein? In den meisten Fällen ist ein Roter aufgrund seiner Struktur klar zu bevorzugen. Möchte man aber Kontraste setzen oder hat man Wildgeflügel auf dem Teller, so kann ein kraftvoll im Holz ausgebauter Weißwein oder eine gereifte Spätlese mit Restsüße beim Reh oder Damwild eine spannende Alternative sein.

Wildgeflügel: Wie schon angedeutet, darf hier ein körperreicher Weißwein, der gerne etwas Holz gesehen hat als Begleiter gewählt werden. Es muss nicht immer der klassische Chardonnay sein, es kann auch ein guter Weissburgunder oder kraftvoller Silvaner sein, der mit seinen vegetabilen Aromen einen vielseitigen Kontrast setzt. 

Damwild: Ein guter Spätburgunder aus Deutschland, der nicht zu schwer ist und mit seiner fruchtigen Komponente und einer dezenten süßlichen Note am Gaumen spielt, fängt die Aromen sowie die Struktur vom Damwild sehr gut auf. Ein leichter Chianti oder Cote du Rhone sind ebenfalls gute Alternativen.

©DWI

Reh: Auch hier passt ein Spätburgunder hervorragend, darf aber gerne schon etwas kräftiger ausfallen. Ein Dao aus Portugal mit seiner Frische, Mencia aus dem spanischen Bierzo oder ein Teroldego aus dem Trentino sind Weine für Genießer, die an Neuentdeckungen interessiert sind. Aber genauso gut harmoniert ein klassischer Rioja Reserva mit dezenten Holznoten gut zum Reh. Das Gericht sollte immer als Ganzes gesehen werden inklusive der Beilagen und insbesondere der Sauce, die geschmacksbestimmend ist und das Bindeglied der Einzelteile eines Gerichtes bildet.

Hase & Hirsch: Hier können nun die schweren und gerne auch gereiften Kaliber aus dem Keller geholt werden. Ob das ein Chateauneuf du Pape, ein Syrah von der nördlichen Rhone, ein Brunello die Montalcino oder ein Wein aus dem Douro ist, der Körper muss der Intensität des Wilds und des Gerichts standhalten. Noch mehr florale und erdige Noten verspricht ein Barbaresco oder Barolo aus dem Piemont. Reifenoten mit Aromen von Schokolade, Leder oder Rosinen und Rumtopf machen die Komposition zu einem Highlight. Ein gereifter Amarone, der mit seiner Alkoholsüße quasi die Preiselbeeren ersetzen kann wäre dann das i-Tüpfelchen.

Wildschwein: Das Borstenvieh aus dem Wald, besitzt geschmacklich eine ganz eigene Art und geht etwas weniger in die Wildrichtung. Meist wird es in einer geschmorten Variante angeboten und braucht dementsprechend auch einen kraftvollen Gegenpart im Glas. Ein Aglianico aus Süditalien, ein Vinonobile di Montepulciano oder wer es exotischer mag ein Prieto Picudo als Spezialität aus dem Tierra de Leon in Spanien sind exklusive Begleiter zum Wildschwein. 

Wer das Gericht am Ende abrunden möchte, der darf mit einem schönen Port abschließen. Ein LBV, Late Bottled Vintage-Port, bringt mit seiner intensiven Beerenfruchtigkeit die Power mit, um dem Wildgericht quasi eine Geschenkschleife umzulegen. 


Bier und Wild? Bitte nicht! 

Wer gerne Bier trinkt, den wird man schwer davon abbringen zum Wild nicht auch seine Gerstenkaltschale zu bestellen. Allerdings beißen sich die Bitterstoffe im Bier mit dem Wildgeschmack und der niedrigere Alkoholgehalt schafft es auch nur schwer die Verdauung anzukurbeln. Hier hilft dann ein klassischer „Verteiler“ als Digestif!   


Übrigens, wie sieht es mit Wild & Bio aus?

Wild aus freier Natur darf nach dem Gesetzt nicht als „Bio“ bezeichnet werden. Wenn Sie ein Stück Wild mit der Bezeichnung Bio haben, können Sie davon ausgehen, dass es sich um gezüchtetes Fleisch aus Gehegehaltung handelt. Da sich die Tiere in der Haltung aber nicht das Futter im Wald selbst suchen, sondern mindestens zugefüttert werden entwickelt sich ein anderes Geschmacksbild als bei freilaufendem Wild. Es ist schlicht fader im Geschmack. 

Eine genussvolle Herbstzeit wünscht 

Werner Brockmann

Werner Brockmann, Weinvertikale

 

Weinvertikale Werner Brockmann

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