Jens Mecklenburg

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Von Müsli bis Metrausch

Essen wie die Wikinger
13. März 2022

Die Wikinger des frühen Mittelalters genießen nicht unbedingt den besten Ruf. Zu Unrecht: Ihre Handwerker und Künstler leisteten Außergewöhnliches, sie traten als brillante Strategen und Staatsgründer hervor und ihre Gemeinwesen waren im Vergleich zum mitteleuropäischen Feudalismus geradezu demokratisch. Sie waren vor allem erstmal Bauern, dann Kaufleute und manchmal auch Krieger. In einer Hinsicht ist das Vorurteil gegen „die wilden des Nordens“ allerdings gerechtfertigt: Am Küchenherd vollbrachten die Wikinger keine Heldentaten. 

Wikinger trinkt aus Horn
© Adobe Stock

Täglich Brei

Dank der Schilderungen ihrer Sagen, die gerne und ausführlich von den Freuden des Lebens berichten, aber auch durch archäologische Funde wissen wir recht gut über die Ernährung der frühmittelalterlichen Nordeuropäer Bescheid.

Brei und Mus bildeten einen wesentlichen Bestandteil des mittelalterlichen Speisezettels. Im Nordeuropa baute man vor allem Gerste, Hafer und Roggen an. Die Getreide wurden geschrotet und mit Salzwasser zu einem geschmacklosen Brei verkocht. Bei festlichen Gelegenheiten und in wohlhabenden Haushalten verbesserten Butter, Sahne oder Dickmilch den Brei, und zuweilen gab es sogar Ansätze, den Getreidebrei mit Nüssen, Kräutern und Trockenfrüchten zu einer Art Müsli aufzuwerten. Auch Brot war bekannt. Es wurde aus Roggen- oder Gerstenmehl gebacken, denn Weizenmehl war derart kostbar, dass es nur den „Hochedlen“ vorbehalten blieb. Aus dem Mehl knetete man flache Fladen, die in langstieligen Pfannen gebacken wurden. Das Fladbröd ist ein Vorläufer des heutigen Knäckebrots.

Die Wikinger betrieben eine hoch entwickelte Milchwirtschaft. Wo harte Fröste oder häufige Überschwemmungen keinen Ackerbau mehr zuließen, konnten immer noch Kühe, Schafe und Ziegen weiden. Aus der Milch ihrer Herdentiere stellten die Wikinger die üblichen Produkte her: Käse, Butter, Buttermilch, Sahne, Sauer- und Dickmilch.

In den Hausgärten der Bauern im südlichen Teil der Urheimat der Wikinger, also im heutigen Dänemark, Schleswig-Holstein und Südschweden, gedieh eine überraschend große Vielfalt an Gemüsesorten. Kohl, Bohnen, Erbsen, Lauch, Rüben, Zwiebeln, Knoblauch, Kümmel, Senf und Küchenkräuter wie Dill, Kresse und Petersilie. Allerdings kannten die Wikinger noch kein al dente, alles wurde stundenlang im Kessel zerkocht. Auch Obst (Äpfel, Birnen, Pflaumen), Beeren und Pilze waren bei den Normannen bekannt und geschätzt, wie Fisch, ein typisches Arme-Leute-Essen. In ihren Heldengeschichten werden hingegen oft Fleischspeisen erwähnt. Fleisch war etwas Besonderes, Kraft und Mut sog man aus Fleischgerichten.


Im Metrausch

Im Alltag tranken die Wikinger vor allem Milch und Wasser. Trotzdem ist das Klischee vom „trinkfreudigen Wikinger“ nicht ganz falsch. Die Nordländer brauten ihr Bier aus Gerste, hin und wieder auch aus Hafer. Als Bitterstoff wurde Hopfen verwendet. Für den täglichen Verzehr wurde Dünnbier gebraut, das, da es sich in Fässern besser hielt als Frischwasser, in großen Mengen als Schiffsproviant diente. Für festliche Gelegenheiten gab es Starkbier. „Je größer der Herr, desto stärker sein Bier“, war die Regel. Wenn sich eine Gelegenheit ergab, war der Bierkonsum der Wikinger maßlos. Der Höhepunkt eines typischen Normannenfestes war der allgemeine Vollrausch, dem auch kultische Bedeutung zukam. Met gilt ja als Wikingergetränk schlechthin. Es war aber kein Alltagsgetränk, wurde bevorzugt von wohlhabenden Kreisen bei Feiern aus dem Trinkhorn genossen. Halten wir fest: Die Küche der Wikinger war einfach und rustikal. Zumindest kulinarisch haben die Nordmänner keine Geschichte geschrieben. Vielleicht zog es sie deshalb nach Frankreich, Italien und in den Orient? Sie wollten einfach nur mal gut Essen & Trinken.

© Wikingerschänke / Rätzke


Tipp: Feiern nach Wikinger-Art

In der Nachbarschaft der alten Wikingerstadt Haithabu bei Schleswig in Schleswig-Holstein kann man bei Oliver Firla im rustikalem Ambiente seiner Wikingerschänke nach Herzenslust feiern und schlemmen wie die Nordmänner. Zur Begrüßung stößt man erst einmal kräftig mit einem mit Met gefüllten Horn auf einen ereignisreichen Abend an. Aufgetischt werden zum Beispiel hausgebackenes Brot, Schmalz und eine Kräutersuppe aus Wildkräutern. Zum Hauptgang kommt dann alles auf den Tisch, was den Wikingern – bei Festessen – lieb und teuer war. Bauernhahn vom Grill, knuspriges Spanferkel und würzige Rippchen. Zum süßen Finale wird eine sagenumwobene Schmandcreme mit Blaubeeren gereicht. Der Freizeitwikinger darf sich auch an Bogenschießen und Axtwerfen probieren.