Gabriele Haefs

Autorin

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Von Apfel bis Hammel

Norwegen hat zahlreiche kulinarische Gedenktage
7. Oktober 2019

Bei norwegischen Gedenktagen denkt man natürlich zuerst an den 17. Mai, den Nationalfeiertag, aber der ist nur erträglich, wenn man für Flaggen, patriotische Reden und Blasmusik schwärmt. Und es gibt den Johannistag, 23. 6., Sankhans, Sommersonnenwende, gefeiert mit lodernden Feuern und Schwarzgebranntem. Sehr beliebt in der norwegischen Krimiliteratur, es ist dann so leicht, einen missliebigen Zeitgenossen im Fjord zu entsorgen, die Zeugen kriegen es ohnehin nicht mit oder können sich höchstens vage erinnern. Den Fischbrötchentag am 7. 5., der eigentlich überhaupt nicht begangen wird, sondern nur in den Zeitungen erwähnt, fand ich wunderbar und sehr norwegisch, bis ich dann erfuhr, dass er international ist und eigentlich in allen Ländern gefeiert werden sollte, in denen Fischbrötchen verzehrt werden. International ist auch der Tag des Toilettenpapiers, am 26. 8. 

@BVEO

Aber es gibt auch rein norwegische Merktage, und norwegische Kalender und die immer wunderbare Lokalpresse sind wahre Fundgruben. Immer wieder erwähnt wird da der Kuckuckstag, das ist der 1. Mai. Wer vor dem Frühstück den Kuckuck hört, wird noch in diesem Jahr sterben, heißt es, was natürlich alle, die lange in den Mai tanzen, nur ungern hören. Am letzten Donnerstag im September ist der Fårikåltag. Fårikål heißt wörtlich übersetzt Hammel in Kohl, es ist ein Eintopf aus fettem Hammelfleisch mit Knochen, Weißkohl und Pfefferkörnern, dazu gibt es gekochte Kartoffeln. Lebensmittelläden weisen gern auf diesen Tag hin, und Restaurants, die Hausmannskost servieren, haben am Fårikåltag immer Fårikål auf der Speisekarte stehen. Also, notieren und probieren! Nach dem norwegischen Kalender hat der Teufel am 11. 6. Geburtstag, leider steht nie dabei, woher man das weiß. Aber der Teufel ist offenbar ein Geburtstagsfan, denn am 11. 12. feiert er schon wieder. Wer an des Teufels Geburtstagen angeln geht, fängt nur Petermännchen, Knurrhahn oder Gefleckten Lippfisch. Und da kann man es auch gleich lassen und weiter im Kalender blättern. Ein schöner Tag ist der 6. Februar, er wird seit 1992 von der samischen Bevölkerung in Norwegen, Schweden, Finnland und Russland gefeiert. Das gefällt nicht allen, norwegische Stammtischpolitiker erklären gern und laut, das gehe doch nun wirklich nicht, wieso die Samen denn ohne Staat einen Nationalfeiertag haben wollten. Geht aber eben doch, wie wir sehen.

©Ingo Wandmacher

Die Quänen haben natürlich auch ihren Tag, den 16. 3., nennen ihn aber ganz einfach nur Tag der Quänen (Kvenfolkets dag auf Norwegisch, auf  Quänisch: Kvääninkansan päivää). Der Tag geht zurück auf das Jahr 1340, als Vertreter der Quänen mit dem norwegischen König einen Vertrag schlossen, der den Quänen Siedlungsgebiete und ein Minimum an Rechten sicherte. Hat zwar auch nichts genützt, ist aber ein schöner Tag. Es gibt sehr viele lokale Feiertage, die nur in einem Ort gefeiert werden, wenn man Glück hat, erfährt man es vorher aus der Lokalpresse, sieht am Ort einen Aushang, der auf die geplanten Feierlichkeiten hinweist, irgendwo ist immer was los. Ein besonders geschmackvoller Tag ist der Norwegische Apfeltag am 7. 10. Alle Landwirtschaftsmuseen veranstalten Apfelfeste, in den Bäckereien gibt es Apfelkuchen, in Westnorwegen gibt es sogar Apfelschnaps und Apfelwein!

 

 

Zur Buchvorstellung: Das schönste Land der Welt. 111 Gründe Norwegen zu lieben.