Schon Heidis Großvater, der Alm-Öhi wusste, dass Milch nicht gleich Milch ist, weshalb er dafür Sorge trug, dass seine Geißen nur das frischeste Gras und die aromatischsten Kräuter zu futtern bekamen. Bei den Kühen der Meierei Geestfrisch ist es genauso.
Gunda und Jörn Sierck haben nach vielen Jahren harter Arbeit auf dem Hof Fuhlreit und der Meierei Geestfrisch die Leitung des Betriebs mittlerweile an ihren Sohn Arne abgegeben und sich weitestgehend aus den Geschäften zurückgezogen. Jörn Sierck ist weiterhin in der Landwirtschaft aktiv, übergibt die Verantwortung jedoch vermehrt an den ältesten Sohn Hauke Sierck. Arne und seine zwei Brüder bewirtschaften den Familienbetrieb Hof Fuhlreit nun in der sechsten Generation. Dazu gehören Milchkühe, freilaufende Legehennen, Landwirtschaft, ein eigener Hofladen und seit 2010 auch eine eigene Meierei. In dieser wird nach alter Handwerkstradition und mit viel Sorgfalt von Flaschenmilch über Käse und Joghurt bis zum Speiseeis alles hergestellt, was aus Kuhmilch den Menschen Freude bringen kann.
Stagnieren, Wachsen oder Weiterdenken?
Da der Boden in Kropp nicht dafür geeignet ist, um darauf noch mehr Futter für deutlich mehr als die schon vorhandenen 66 Milchkühe anzubauen, überlegte damals Jörn Sierck, wie er seinen landwirtschaftlichen Betrieb rentabler gestalten könne. Die Milchvermarktung allein wäre auf lange Sicht nicht ertragreich genug. So wurde die Idee geboren, die Milch zur Verarbeitung nicht mehr weiter zu verkaufen, sondern hier an Ort und Stelle sämtliche Milchprodukte eigenhändig herzustellen. So wäre man unabhängig und es gäbe einen weiteren Zweig der Wertschöpfung, in dem sich nicht nur Ehefrau Gunda, sondern auch die drei Söhne austoben könnten.
Vor einigen Jahren wurde die Idee dann von Jörn und Gunda Sierck auf dem Hof Fuhlreit in die Tat umgesetzt. Gegenüber dem Hofladen entstand die Meierei Geestfrisch. Diese wurde nach dem neuesten Stand der Technik aufgebaut und 2010 in Betrieb genommen. Mit viel Fleiß und Idealismus wird sie inzwischen von Arne Sierck mit seinen drei Mitarbeiterinnen geführt. Es macht dem jungen Meierristen enormen Spaß, das vorhandene Urprodukt eigenhändig zu veredeln und es selber in der Hand zu haben, welche Spezialitäten daraus entstehen werden.
Milch ist nicht gleich Milch
Schon Heidis Großvater, der Alm-Öhi wusste, dass Milch nicht gleich Milch ist, weshalb er dafür Sorge trug, dass seine Geißen nur das frischeste Gras und die aromatischsten Kräuter zu futtern bekamen. Bei der Milch von Kühen ist es genauso: Gutes Futter und artgerechte Haltung sind das Geheimnis des guten Geschmacks. Heutzutage spielt jedoch auch die Verarbeitung der Milch eine entscheidende Rolle. Auf dem Hof Fuhlreit beginnt die schonende Verarbeitung damit, dass man sich beim Abfüllen wirklich Zeit lässt. So wird hier beim Pumpen vom Euter in die Meierei zur Pasteurisierung mit einer Geschwindigkeit von 180 Litern pro Stunde gearbeitet. Diese „Langsamkeit“ war früher Gesetz und kommt dem Geschmack zugute, heute wird meist mit deutlich größerer Geschwindigkeit gepumpt, wodurch das Geschmacksbild der Milch verändert wird. Auch verzichten die Landwirte seit Jahren auf gentechnisch verändertes Saatgut und Futtermittel.
Die Milch wird im traditionellen Verfahren schonend pasteurisiert – für 15 bis 30 Sekunden wird die Milch auf maximal 75°C erhitzt. Durch die kurze Zeitdauer der Hitzeeinwirkung und die mäßige Temperatur werden der Nährwert, der Geschmack und die Konsistenz des Lebensmittels nur unbedeutend verändert und dennoch die meisten „Lebensmittelverderber“, sowie viele krankheitserregende Bakterien wie Salmonellen, zuverlässig abgetötet. Danach wird sie in Flaschen abgefüllt und frisch an die Kundschaft im Umkreis von 35 km geliefert. “Unsere Kunden wollen wissen, woher ihre Milch kommt und wie sie verarbeitet wird”, sagt Arne Sierck. Die Milch hat ihren natürlichen Fettgehalt von mindestens 3,8 Prozent. Artgerechte Tierhaltung, vorbildliche Hygiene und konsequente Einhaltung der Kühlkette sind auf dem Hof selbstverständlich.
Die Abnehmer der Meierei Produkte sind zu ca. 90 Prozent Privatpersonen. Die restlichen ca. 10 Prozent setzen sich aus Gastronomen, Kindergärten und Lebensmittel Einzelhändlern zusammen. Beliefert werden alle Kunden von den Meierei-Mitarbeiterinnen mit den sogenannten „Milchtaxis“. Homogenisierte, ESL und H-Milch sucht man bei Geestfrisch vergeblich.
Dafür stehen diese dicht an dicht in den Supermarktregalen und werden nach wie vor von vielen Verbrauchern in dem Glauben, ihren Kindern und sich selbst etwas Gutes zu tun, gekauft. Dass in den mehrfach weiterbehandelten und hoch erhitzten Milchsorten, viele Vitamine abgetötet wurden, wissen viele Verbraucher nicht.
Futter entscheidet über Geschmack
Schon Vater Jörn Sierck sagte, dass die artgerechte Tierhaltung auch für den Geschmack der Milch wichtig ist. Kühe die sich wohlfühlen, grasen dürfen und sich bewegen können, liefern nicht nur gesündere Milch und gesünderes Fleisch, sondern auch der Geschmack wird dadurch ganz entscheidend beeinflusst. So sind in der Milch von den Geestfrisch-Kühen, die Weidehaltung genießen dürfen, viel frisches Heu, gentechnikfreien, selbst angebauten Mais und Lupinen, und entsprechend wenig Kraftfutter bekommen, alle für den Menschen gesunde Bestandteile wie Omega 3 Fettsäuren, Vitamine und Mineralstoffe enthalten. Wird die Milch schonend verarbeitet, bleiben diese wertvollen Inhaltsstoffe auch erhalten. Zurzeit wird gerade ein neuer Kälberstall gebaut. Die Kälber sollen in Zukunft von Ammenkühen so natürlich wie möglich, nämlich am Euter einer Kuh, aufwachsen.
Neuer Betriebszweig mit Begrünung
Bereits im August 2021 haben die Diercks einen neuen Betriebszweig, die Freiland-Legehennen-Haltung etabliert. Die gut 800 Hennen und ihre sechs Hähne laufen frei auf der Weide herum, auf der sie nach Herzenslust nach Würmern picken und scharren können. Da auch hier des Nachts gerne mal Fuchs und Marder vorbei schauen, kommen die Hennen nachts zu ihrer Sicherheit in die zwei Mobilställe, die ebenfalls auf der Weide stehen.
Die männlichen Küken werden von einem kooperierenden Betrieb großgezogen. Wenn diese dann ihr gewünschtes Gewicht erreicht haben, werden sie auch dort geschlachtet und das Fleisch zum Verkauf an den Hof Fuhlreit zurückgeliefert.
Gleichzeitig wurde ein Agroforstsystem integriert. Die Weide der Hühner wurde in drei durch Bäume und Büsche angepflanzte Streifen unterteilt. Diese Grünstreifen, die unter anderem aus Wallnuss- und Obstbäumen, sowie Büschen mit Feigen und Beerenfrüchten bestehen, bieten den Hühnern Schutz, Versteckmöglichkeiten und bei Hitze natürlich auch Schatten. Zudem liefern sie dem Federvieh eine weitere Nahrungsquelle. Durch die Hinterlassenschaften der Hühner bekommen wiederum die Bäume und Büsche den benötigten Dünger. Im April 2022 folgten zwei weitere Agroforstsysteme auf Ackerland, um den klimatischen Gegebenheiten in Zukunft besser trotzen zu können. Die hier angepflanzten schnell wachsenden Pappeln schützen das Ackerland vor starken Wind, wodurch unter anderem der Boden nicht so schnell austrocknet.
Direkter Draht zu den Kunden
Gunda Sierck erzählt rückblickend schmunzelnd eine der vielen Begebenheiten, die sie mit ihren Kunden im Laufe der Jahre erlebt hat: Eine ältere Dame rief bei der Meierei an und erzählte Sierck, dass sie mit der Sahne nicht mehr klar käme und diese leider wieder abbestellen müsse. Auf Nachfrage von Gunda Sierck, wo denn das Problem läge, erzählte die Kundin, dass ihre Katze, seitdem diese täglich ein bisschen Geestfrisch-Sahne als Dessert bekäme, inzwischen sämtliches Katzenfutter verweigern würde und nur noch miauend vor dem Kühlschrank säße und auf ihre tägliche Portion Sahne warten würde.
Eine andere Kundin rief ebenfalls bei Gunda Sierck an und beschwerte sich, dass sie bei der letzten Lieferung einen Becher Sahne zu viel bekommen hätte. Diese Kundin erwartete, dass eine Mitarbeiterin von Geestfrisch die 20 Kilometer zu ihrem Haus und wieder zurückfahren würde, um den für sie überflüssigen Sahnebecher wieder mitzunehmen.
Noch mehr Leckeres
In der Geestfrisch Meierei wird nicht nur die frische Milch abgefüllt, sondern es entstehen durch traditionell ausgeführtes Handwerk und mit viel Liebe zum Detail Köstlichkeiten wie Butter, Käse, Joghurt, Sahne, Quark, Dick- und Buttermilch. Viele der Milchprodukte werden naturbelassen mit dem für das jeweilige Produkt typischen und unverfälschten Geschmack angeboten, wie z.B. Milch, Speisequark, Naturjoghurt, Dickmilch und Butter. Wiederum andere werden mit selbst aufgekochten Früchten, wie Erdbeeren oder Blaubeeren für Eis und Joghurt, oder feinen Kräutern für den Käse, verfeinert.
Ende 2011 fing Gunda Sierck mit der Herstellung von Speiseeis an. Genauer gesagt, „Geesas Eis“ – nach dem Meierei-Geestfrisch-Logo, zu dem die Kuh namens Geesa inspirierend beigetragen hatte. Die Handwerkskunst der feinen Eisproduktion hat Mutter Gunda an ihren Sohn Arne weitergegeben.
Auch Arne Sierck arbeitet bei der Eisherstellung komplett ohne Vormischungen und verwendet ausnahmslos reine Zutaten. Da die Milch der Kühe einen, z.B. wegen der Jahreszeit, unterschiedlichen Fettgehalt aufweist, wird der Sahneanteil in der Milch für das Milcheis immer wieder neu ausbalanciert und angepasst. Ein Großteil von „Geesas Eis“ wird für die Gastronomie zubereitet, weshalb Sierck „Lagereis“ herstellt. Das bedeutet für sie, dass das erst einmal fertig gestellte Eis 24 Stunden durchfrieren muss, damit sie dann sehen und schmecken kann, ob es seine Ausgangsqualität beibehält, oder ob sie doch noch etwas verändern muss.
Gearbeitet wird mit drei verschiedenen Zuckersorten. Raffiniertem Zucker, Fructose und Dextrose. Auf die Konsistenz des Eises wirkt sich jeder Zucker unterschiedlich aus. Das Grundrezept von Milcheis besteht ausschließlich aus Milch, Sahne, einer Zuckersorte, etwas Johannesbrot- und Guarkernmehl und ein wenig Inulin, welches aus der Chicoréewurzel gewonnen wird.
Beim Fruchteis entfällt das Ausbalancieren mit der Sahne, stattdessen wird hier mit der Zuckermenge experimentiert, da die unterschiedlichen Früchte, die Hauptbestandteil des Fruchteises sind, ihre eigene Ursprungssüße mitbringen. Mittlerweile gibt es schon um die achtunddreißig Eissorten von denen acht Lactosefrei sind. Auch ausgefallene Sorten wie „Sylter Rose“, „Mohn-Marzipan“, „Pumpernickel“ und „Winterapfel“ findet man darunter.
Gunda und Jörn Sierck haben ihren Schritt, die Milch selbst zu verarbeiten nie bereut. Ihr Plan ist aufgegangen und die Verbraucher können sich über genussvolle Meierei-Produkte aus der Region freuen. Und dass nun ihre inzwischen erwachsenen Söhne den Betrieb in ihrem Sinne weiterführen, beruhigt die Beiden ungemein. Das passt gut zu den Nordbauern aus Schleswig-Holstein. Die Wertschätzung für traditionelles Handwerk und der direkte Draht zum Kunden sind ihnen Herzensangelegenheit.
Hofmeierei Geestfrisch
Fuhlreit 4
24848 Kropp
Tel. 04624 450329
E-Mail: info@meierei-geestfrisch.de
www.meierei-geestfrisch.de
www.hof-fuhlreit.de
Öffnungszeiten Hofladen:
Montag bis Freitag 8 – 12, 14 – 18 Uhr, samstags 9 – 12 Uhr