Auch in Corona-Zeiten sollte man an die frische Luft. Wir machen einen Waldspaziergang mit dem Bremer NABU-Chef und entdecken zauberhafte frühe Blüher.
Sie sind dies Jahr sehr früh dran, freut sich der Bremer Vorsitzende des Naturschutzbundes NABU: Gut zwei Wochen vor ihrer Zeit zeigen sich Scharbockskraut, Veilchen und Buschwindröschen am Wegesrand. Mit leuchtenden Blüten locken sie die ersten Hummeln und Wildbienen und erfreuen Spaziergänger in tristen Corona-Zeiten. Die Blumen nutzen die kurze lichtreiche Zeit zwischen Frost und dem Austreiben der Bäume für ihre Fortpflanzung.
„Besonders im und am Wald wagen sich die Blumen früh heraus“, weiß Sönke Hofmann zu berichten, „einerseits sind sie hier recht geschützt, andererseits bleibt ihnen auch keine Wahl, denn im Sommer dringt kaum mehr als ein Zehntel des Sonnenlichts auf den Boden.“ Deshalb beeilen sich die Blumen, kämpfen dabei mit Spätfrösten und locken die wenigen ersten Hummel-Königinnen zur Bestäubung.
Von Mimosen bis Großmutterduft
„Das weiße Buschwindröschen mag feuchte Laubwälder. Im Bremer Kattenturmer Wolfskuhlenpark bildet es richtige Teppiche unter den mächtigen Eichen“, so der gelernte Förster Hofmann. Die Blüten reagieren äußerst „mimosig“: Nimmt man ihnen wenige Minuten die Sonne, schließen sie sich und lassen den Kopf hängen. Im Wolfskuhlenpark lohne sich jetzt auch der Blick in die Kronen, denn in der dortigen Reiherkolonie herrsche Hochbetrieb, so Hofmann. Die grauen Fischliebhaber bessern die Nester des vergangenen Jahres aus und starten mit der Eiablage.
Das Buschwindröschen hat wie auch die Veilchen eine pfiffige Taktik zur Verbreitung gefunden: Als Leckerbissen für Ameisen haben die Samen fleischige Anhängsel. Die Tiere schleppen deshalb das gesamte Korn mit und verbreiten es. „Manche Ameisenstraße hat eine richtige Allee aus Veilchen“, schmunzelt Hofmann.
Wer bei Veilchen an „Großmutterduft“ denkt, liegt richtig. Das „Wohlriechende Veilchen“ könne für Tees und Auszüge verwendet werden, erzählt Hofmann. Dies wachse allerdings außerhalb der Gärten höchstens verwildert bei uns. Häufiger sind das duftarme Wald- und das Rauhaarige Veilchen. Wer sich die hübschen Blüten genau anguckt, erkennt schnell die enge Verwandtschaft mit den Stiefmütterchen. „Normalerweise sind die Veilchen im wahrsten Sinne des Wortes ‚blaublütig‘, manchmal changieren die Blüten ins Blasse und sogar weiße Veilchen kommen in der Natur vor“, betont der Naturliebhaber.
Heilende Kräfte
Das gelbblühende Scharbockskraut mag ebenfalls gerne feuchte bis sumpfige Waldgebiete. „Der Name kommt von der Vitamin-C-Mangelkrankheit Skorbut. Früher bereicherten die vitaminreichen Blätter den Speisezettel bevor die ersten Gartenfrüchte geerntet werden konnten“, berichtet Sönke Hofmann. Allerdings baut sich mit der Blüte in den Blättern auch ein Gift auf, weshalb die Pflanze nur noch äußerst sparsam „genascht“ werden sollte.
Echte Heilwirkung hat der Huflattich, dessen ebenfalls gelben Korbblüten bereits in voller Pracht blühen. Gegen Hustenreiz ist ein Tee aus den Blüten ein bewährtes Hausmittel. „Aber auch beim Huflattich haben die Forscher nun wieder krebserregende Stoffe gefunden, deshalb sollte man den Tee nicht täglich trinken“, betont Hofmann. Die Blüten stehen auf schuppigen Stengeln, die wie „Ineinandergesteckt“ aussehen. Sie treiben weit vor den typischen Blättern aus, die wegen ihrer Größe und griffigen Behaarung auch „Wanderers Klopapier“ genannt werden.