Jens Mecklenburg

Herausgeber & Autor

Zum Portrait

Schnapsidee

Ein Weihnachtsbaum aus Kornflaschen
16. Dezember 2019

Auf die Idee einen Weihnachtsbaum aus Kornflaschen zu bauen, muss man erstmal kommen. Den haben am Wochenende rund zwei Dutzend Männer aus dem schleswig-holsteinischen Bendorf aufgebaut. Fast 6,50 Meter hoch ist die Tannenbaum-Pyramide aus 5038 Kornflaschen. Warum die Männer das gemacht haben? Man weiß es nicht genau.

Aus: Der Schnapsteufel. © Dr. Heinrich Buurmann

Der kulturelle Hintergrund 

Ein Korn besteht aus 450 Körnern, hat mal ein Kornbrenner ausgerechnet. So viele Roggen-, Weizen- oder Gerstenkörnchen sind in destillierter Form in einem Schnapsglas enthalten. In einer handelsüblichen 0,7 l Flasche stecken mithin rund 15.000 Körner, die nach der Gärung in zwei Destillationsgängen zu 32prozentigem einfachen oder 38prozentigem Doppelkorn verarbeitet werden. 

Die Kunst des Destillierens drang aus dem Arabischen im Mittelalter nach Europa, wurde von Alchimisten verfeinert und bannte die Geister der Natur in Flaschen, wo sie Heilkraft und Genuss zugleich verhießen. 1507 wurde der Kornbrand im Norden erstmals aktenkundig. 1665 gab es die erste Kornbrennerei in Schleswig-Holstein. Die Hardenberg-Wilthen AG, das niedersächsische Familienunternehmen mit Stammsitz in Nörten-Hardenberg wurde um 1700 als Gräflich von Hardenberg’sche Kornbrennerei gegründet.

Kornverkostung. © August Ernst GmbH & Co. KG

Korn hat also eine lange Tradition im Norden. Vielleicht wollten die Männer aus Bendorf daran erinnern.

Seit 1884 förderten Bismarcksche Gesetze die Kornbrennerei in bäuerlichen Kleinbetrieben. Bedingung war, dass der Rückstand, die eiweißreiche Schlempe, an eigenes Vieh verfüttert und der nährstoffreiche Dung auf eigenem Land untergepflügt wurde. Heute würde man von nachhaltigem Wirtschaften sprechen. In der alten Zeit gehörte Korn gar zum Proviant von Feldarbeitern, war beliebter – da billiger – als Bier. In einigen Gegenden wurde den Arbeitern bis zu 1,5 l Schnaps am Tag zugebilligt. Die Folgen fand nicht nur die Kirche kritikwürdig.  


Flaschenwerk

Zurück zu den fleißigen Männern in Bendorf, was im Kreis Rendsburg-Eckernförde liegt. „Wir haben am Freitag und am Samstag morgens 6.30 Uhr angefangen“, sagte Mitinitiator Hauke Böge nach Abschluss der Aufbauarbeiten. Das beleuchtete Flaschenwerk hat einen Durchmesser von vier Metern und besteht aus 20 Etagen. Für den Tannenbaum hat das etwa 25-köpfige Team aus Freunden, Nachbarn, Kollegen und Familie 0,7-Liter-Kornflaschen eines norddeutschen Unternehmens verbaut. „Die haben wir bei den Gastwirtschaften und bei Zeltfesten in der Region eingesammelt“, so Böge weiter. Allein hätten die Männer zwischen 16 und 55 Jahren diese Menge an Flaschen nicht leeren können. „Um Gottes willen! Das schaffst du ja gar nicht!“ Die Spitze der Pyramide bildet eine Drei-Liter-Kornflasche.

Ob die Männer mit dem Werk die größte Flaschenpyramide Deutschlands gebaut haben, ist noch unklar. „Wir wollen das noch für das Guinnessbuch der Rekorde einreichen, aber bislang haben die sich noch nicht zurückgemeldet.“ Der Baum soll nun bis zum 29. Dezember auf dem Gelände des Feuerwehrgerätehauses in Bendorf stehen bleiben. „Dann kommt er wie es sich gehört in den Glascontainer“, versprach Böge.

Oldesloer Stammhaus. © August Ernst GmbH & Co. KG