Jens Mecklenburg

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Schluss mit der Sklaverei

Bundesregierung beschließt Verbot von Werkverträgen
30. Juli 2020

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil will in der Fleischbranche „aufräumen“. 

Das Kabinett hat das von Hubertus Heil vorgelegte Gesetz zur Verschärfung der Arbeitsbedingungen in Schlachthöfen auf den Weg gebracht. Der Entwurf sieht vor, dass Großbetriebe, die schlachten sowie Fleisch zerlegen und verarbeiten, ab 2021 nur noch eigene Mitarbeiter beschäftigen dürfen. Werkverträge werden verboten. Ausgenommen von den Regeln sind Unternehmen des Fleischerhandwerks mit höchstens 49 Beschäftigten. Die Branche selbst warnt vor höheren Kosten durch das neue Gesetz, von Gewerkschaftsseite kommt der Wunsch nach noch schärferen Regeln.

Bei Verstößen drohen den Fleischbetrieben Bußgelder. Wer vorgeschriebene Arbeitszeiten nicht einhält, muss 30.000 Euro zahlen – das doppelte der bisher vorgesehenen Strafe. Behörden sollen die Betriebe zudem künftig häufiger verbindlich kontrollieren. Ab 2026 soll pro Jahr mindestens jeder 20. Betrieb besucht werden. Für Gemeinschaftsunterkünfte werden Mindestanforderungen festgelegt.

Prekäre Arbeitsbedingungen

Die prekären Arbeitsbedingungen in Schlachtbetrieben inklusive der Sammelunterkünfte für Beschäftigte vor allem aus Osteuropa stehen seit Langem in der Kritik. „Wir werden aufräumen mit diesen Verhältnissen“, hatte der Minister im Mai angekündigt. „Wir dürfen als Gesellschaft nicht weiter zugucken, wie Menschen aus Mittel- und Osteuropa in dieser Gesellschaft ausgebeutet werden.“ Wurzel des Übels seien die Subunternehmer in der Branche. Heil hatte die Gesetzesinitiative bereits vor dem Coronavirus-Ausbruch beim Schlachtbetrieb Tönnies angekündigt. Tausende Mitarbeiter waren dort positiv auf Sars-CoV-2 getestet worden.

Bei einem Werkvertrag vergeben Unternehmen bestimmte Aufträge und Tätigkeiten an andere Firmen, die sich um die komplette Ausführung kümmern. Dem Gesetzentwurf zufolge werden in manchen Unternehmen der Fleischbranche bis zu 100 Prozent Werkvertragsarbeitnehmer im Kerngeschäft Schlachten, Zerlegen und Verarbeiten beschäftigt.


Geht es zu weit oder nicht weit genug?

Die deutsche Fleischwirtschaft hält ein Verbot von Werkverträgen und Leiharbeit allein in ihrer Branche für verfassungswidrig. „Das Gesetz geht zu weit.“ Es sei nicht erklärbar, warum beim Portionieren und Verpacken von Käse künftig anderes Arbeitsrecht gelten solle als bei Wurst, heißt es in einer Stellungnahme zum Gesetzesvorhaben, über die die Neue Osnabrücker Zeitung berichtete. Bei einem Verbot würde der Verbraucherpreis um 10 bis 20 Prozent je Kilo und Produkt steigen. Das Bundesarbeitsministerium dagegen erwartet keinen signifikanten Anstieg der Verbraucherpreise auf Grund des Gesetzentwurfs.

Die IG Metall wünscht sich noch schärfere Regeln vor allem mit Blick auf die geplanten Arbeitsschutzkontrollen. „Dass die Bundesregierung jetzt den Aufsichtsbehörden vorschreiben will, mindestens fünf Prozent der Betriebe jährlich zu besichtigen, ist ein Anfang“, sagte Vorstandsmitglied Hans-Jürgen Urban. Dass diese Quote erst ab 2026 erreicht sein müsse, sei gerade vor dem Hintergrund der Coronavirus-Pandemie deutlich zu spät. „Arbeitsschutz ohne Aufsicht ist wie ein Derby ohne Schiri.“

DGB-Chef Reiner Hoffmann wies noch darauf hin, dass es „kein Recht auf super billiges Fleisch“ gebe, „sondern auf eine gesunde Ernährung“ und wies damit auch auf den problematischen Umgang mit den Tieren in der Massenproduktion hin.

Nach dem Kabinettsbeschluss muss das Gesetz noch durch Bundestag und Bundesrat.