Gisela Reiners

Journalistin

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Neues Kochbuch von Johannes King

Genussvolles Stöbervergnügen
28. Juni 2022
© Luzia Ellert

Als Johannes King mit neun Geschwistern auf dem elterlichen Bauernhof im Schwarzwald aufwuchs, träumte er von einer Glasbläserlehrer – und nicht von Kaviar und Portwein, Salat aus eingelegtem Gemüse und Röstbrot mit Giersch und Gundermann. Mit diesen Herrlichkeiten bekam er es zu tun, nachdem er Koch gelernt hatte in Rottweil, bei Franz Keller und Henry Levy, im Burgund und in Berlin gearbeitet hatte, und schließlich mit einem Michelin-Stern im Gepäck auf Sylt gelandet war. Im Söl‘ring Hof in Rantum bekam er zwei Sterne im Michelin, rackerte zwei Jahrzehnte, gab die Leitung an Jan-Philipp Berner ab und konzentriert sich nun auf seinen Genuss-Shop am Keitumer Kreisel, in dem es sich entspannt genießen lässt, was Kings Können und Kenntnisse hergeben.

Und sein Garten. Denn trotz Hummer und Austern, Milchlamm und Trüffelhuhn ist King der Naturbursche geblieben, als der er aufgewachsen ist. Deshalb beherrscht er auch die kleine Form, eine überschaubare Karte, aber authentisch und frisch, ohne großes Brimborium. Seine vielleicht schönsten Jahre verbrachte er auf einem gepachteten Bauernhof in Morsum im Syltern Osten, den er leider wieder abgeben musste. Sylt eben – und seine Immobiliennachfrage. Da am Ende des Dorfes konnte er mit den Händen in der Erde wühlen, das Gackern der eigenen Hühner und das Summen der eigenen Bienen hören, und Rhabarber, Schnittlauch, Bronzefenchel und allerlei andere Kräuter ernten, um sie in der Küche vom Söl‘ring Hof zu verarbeiten. Allein hat er das nicht gemacht.

Hilfe kam von seiner früheren Mitarbeiterin Maria Schierz, die über ein nahezu unerschöpfliches Wissen über Kräuter und andere genießbare Pflanzen verfügt. King bedankt sich bei ihr im Vorwort. Nun hat er seine ganze Erfahrung in sein neues Buch geschrieben. Er entfaltet eine/seine Genuss-Welt entsprechend den vier Jahreszeiten. 

© Luzia Ellert

Für Fortgeschrittene & Genießer

Um es vorweg zu sagen: Das Buch ist nur etwas für Fortgeschrittene zum Nachkochen. Allein für die Soße zum Kaninchenragout mit schwarzem Champignon und gebackenen Petersilienblüten benötigt man 20 Zutaten… (Für die Creme aus schwarzen Champignons werden übrigens die Pilze durch den Wolf gedreht oder sehr fein gehackt. Sie oxidieren auf einem Blech, bis sie schwarz werden, um dann verarbeitet zu werden.) Beim Lesen muss man häufig schlucken – so sehr läuft einem das Wasser im Munde zusammen. Spätestens wenn King über Rosa Rugosa schreibt, die allgegenwärtige Sylter Heckenrose. Er lässt daraus Gelee, Gin und Sekt und sogar alkoholfreien Rosensecco herstellen und sagt auch gleich, wie man mit einem Löffelchen köstlicher Rosenmarmelade Ziegenfrisch- und Blauschimmelkäse aufpeppen kann. Zwischen die Rezepte streut King auch das ein oder andere Genussthema, so zum Beispiel Kaviar, den es bei ihm auf Sylt im Söl’ring Hof wohl in der besten Qualität und größten Auswahl gab. Und wenn man vielleicht endlich mal seine Blutwurst selber machen möchte: King hat das Rezept dafür. Endloses Stöbervergnügen! Denn selbst wenn man die Rezepte nicht nachkochen will/kann – das Buch ist selbst ein Genuss. Und nichts anderes will King den LeserInnen nahe bringen: Dass der Genuss nicht bei teuren Zutaten und Gerichten beginnt, sondern schon beim Lesen. 


Johannes King kocht – Großer Geschmack – meine besten Rezepte, Südwest Verlag, 240 Seiten, 36 Euro.


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King kocht von Johannes King