Zwischen Schlei und Ostsee wird auf Gut Drült seit über 500 Jahren Landwirtschaft im Familienbesitz betrieben. Der heutige Gutsbesitzer, Frederik von Rumohr, setzt auf nachhaltige und ökologische Landwirtschaft. Auf Gut Drült leben Hühner, haben Bienen ein Zuhause, werden Feinkostprodukte hergestellt – man ist Mitglied bei „Feinheimisch – Genuss aus Schleswig-Holstein“ – und wird nachhaltige Forstwirtschaft betrieben.

Wie alles begann
Im Jahr 1397 wurde das Gut, es liegt etwa zehn Kilometer von der Ostsee entfernt, als Trölegaard erstmals in Aufzeichnungen erwähnt.
Nach einem Brand wurde die gesamte Hofanlage in den Jahren 1802 bis 1810 unter Leitung des dänischen Architekten Axel Bundsen im Stil des reifen Klassizismus errichtet. Gut Drült ist eines seiner Hauptwerke in Schleswig-Holstein. Angeln ist ein fruchtbarer Landstrich großer, reicher Bauernhöfe und wird geprägt vom sogenannten Angeliter-Dreiseithof. Bundsen orientierte sich in seiner Konzeption daran und entwickelte ihn durch ein großzügiges Gutsinspektorat zur Vierseitanlage weiter. Das streng gegliederte, neunachsige Herrenhaus schließt die Hofanlage nach Westen hin ab. Es liegt auf einer künstlichen Anhöhe, wodurch es Hof, Park und Felder überblickt.
Auf dem wunderschönen Gut lebt die Familie von Rumohr seit mittlerweile 16 Generationen. Hier denkt Frederik von Rumohr landwirtschaftliche Wertschöpfung neu. Unterstützt wird er dabei von einem gut eingespielten Team.
Hühner-Origami
Ein Abstecher in die Hofschlachterei: Mitarbeiterin Tanja Teuber hat soeben das letzte der heute geschlachteten Hühner küchenfertig ausgenommen und widmet sich dem „Hühner-Origami“. Flügel und Beine werden unter einen Hautlappen geschoben, sodass die Öffnung ohne Bindfaden verschlossen ist. „Das ist etwas mehr Arbeit, sieht aber schön aus und kommt ohne Zusatzmaterial aus“, erklärt die Diplom-Ingenieurin. Man spürt die Wertschätzung für das Tier. „Ich kenne jedes Tier seit seinem ersten Tag hier auf dem Hof“, erzählt sie. Der enge Bezug von Mensch und Tier ist auf Gut Drült eine Selbstverständlichkeit, wie auch die gesamte Verwertung des Tieres. „Wir habe uns gefragt: Was will man mit einer einzigen Hühnerleber anfangen? Entweder braucht man keine oder gleich eine ganze Menge. Deshalb vakuumieren wir die Innereien wie Leber und Herzen in Portionen zu 200 Gramm, sodass sie sich zum Kochen eignen“, erklärt Frederik von Rumohr. Hühnerhälse und –füße werden mit eigener regenerativer Energie gedörrt und zu Hundesnacks verarbeitet.
Glückliche Bio-Hühner

Weiter geht’s in die Kinderstube: In einem angenehm temperierten mobilen Stall, genießen braune, langsam wachsende Küken Nestwärme. Eine Wandheizung sorgt in kälterer Jahreszeit für verwirbelungsfreie Behaglichkeit, erst ganz langsam werden die Kleinen an die frische Luft gewöhnt. Frühzeitig gehören auch Gräser und Brennnesseln zum Futter, bevor auch die großflächige Weide als proteinreiche Nahrungsquelle dient. Viel Auslauf, Plätze zum Picken, unauffällige Zäune, Beerensträucher und schützende Fluchtdächer bieten alles, was artgerechte Haltung ausmacht. Beobachtet man die Hühner, stellt man schnell fest: Die Hühner sind völlig gelassen. Von aufgeregtem Gegacker oder Flügelschlagen keine Spur.
Die Produktion herausragenden Fleisches aus artgerechter Hühnerhaltung ist jedoch bei Weitem nicht das einzige Ziel von Frederik von Rumohr, der das traditionsreiche Gut 2017 erbte. „Ich möchte den Hof, der schon seit Jahrhunderten zu unserer Familie gehört, weiterentwickeln und für die Zukunft rüsten“, sagt der adlige Geschäftsmann und Berater, zu dessen Kunden unter anderem das Außenministerium, die Bundeswehr und einige Bundesministerien gehören. Dass Konzept des umtriebigen Unternehmers ist weit umfassender, als ein perfekter Landwirt zu werden. „Der Kerngedanke gilt nicht dem Ur-Produkt, sondern der Frage: Zu welchen neuen Produkten können wir das, was wir auf Acker, Weide und im Forst anbauen, zusammensetzen? Die Idee für unser Porridge ist zum Beispiel aus den Beeren, Äpfeln und Nüssen, die auf dem Hof wachsen, entstanden. Das ist wie Lego“, lacht der vierfache Vater. Der Honig dazu stammt von den zehn Bienenvölkern, die dank Bienenpatenschaften auf zwölf Hektar Blühwiesen leben und durch einen Imker betreut werden. Wer keinen eigenen Garten hat, kann so etwas für die Insektenwelt tun und erhält als süßen Lohn ein Zertifikat und ein Glas Honig aus eigener Ernte. Die Sonnenblumenkerne werden übrigens zu hochwertigem Vogelfutter weiterverarbeitet.
Feinkost im Glas
Aus dem Gedanken heraus, fertige Produkte anzubieten, die den Verbraucher begeistern, ist das Feinkostangebot entstanden. „Neben unseren Hühnern verarbeiten wir auch Wild aus dem eigenen Revier zu küchenfertigen Bio-Gerichten“, erklärt Frederick von Rumohr. Schlachtermeister Claus Jessen entwickelt und produziert im denkmalgeschützten alten Kutschpferdestall des Gutes: Hühnersuppe und Hühner-Ragout, aber auch Spezialitäten wie Chikken Tikka Masala oder Limettenhuhn werden in Autoklav-Gläser gefüllt und sind so ganz ohne Konservierungsstoffe lange haltbar. „Mein absoluter Favorit ist die aus „Dinner for One“ bekannte Mulligatawny-Suppe, die in angelsächsischen Ländern der Klassiker und bei uns immer noch ein Exot ist“, schwärm Frederik von Rumohr, der selbst leidenschaftlicher Koch ist.
Für alle, die lieber grillen hat Claus Jessen eine ganze Palette an Produkten entwickelt. Sie reicht von frisch marinierten Chicken Wings und Drumsticks über Wildbratrüste in verschiedenen Sorten bis hin zu fertigen Burgerpatties aus 100% Wildfleisch. Selbst die Brötchen werden extra für Gut Drült von einem Landbäcker gebacken und auf Bestellung mitgeliefert.

Die Kräuter für die verschiedenen Marinaden und Gläser stammen dabei so weit wie möglich aus dem eigenen Küchengarten. Spezialsaucen wie Chili-Honig oder knuspriges Chiliöl nutzen den gutseigenen Honig als süße Komponente.
Das Konzept lebt ganz offensichtlich von Kombinationen. Das gilt auch im übertragenen Sinne: Es ist ausgesprochen anspruchsvoll, komplett in denkmalgeschützten Gebäuden zu produzieren und trotzdem – selbstverständlich – die hohen EU-Anforderungen der Lebensmittelproduktion zu erfüllen.
„Feuer berührt die Sinne“
Produziert wird so weit möglich auf dem Hof. Dabei geht Frederick von Rumohr die Wertschöpfungskette rückwärts: „Bevor wir in die Eigenproduktion investieren, nutzen wir vorhandene Strukturen und lagern aus. Wenn die Produkte dann gut ankommen, übernehmen wir Schritt für Schritt selbst, bis am Ende die gesamte Produktion auf Gut Drült stattfindet“, ist seine Strategie. Beim Holz, das aus dem nachhaltig bewirtschafteten Laubmischwald Drülter Holz stammt und in der hofeigenen Anlage getrocknet und gespalten wird, ist das bereits gelungen. Langholz wird im eigenen Sägewerk zu tischlerfertigen Balken und Bohlen. Kurze Längen und Kronen von Buche und Esche werden zu Ofenholz, Birke und Pappel eignen sich aufgrund ihrer geringen Rußentwicklung und heller Flamme als Kaminholz, die schnell brennende Fichte und Tanne als Anmachholz. Statt in den gängigen Kunststoffnetzen, wird das Holz per Hand in schön gestaltete Kartons sortiert. „Feuer berührt die Sinne, das sollte sich auch in der Verpackung wiederspiegeln“, zeigt sich Frederik von Rumohr überzeugt.

Nachhaltige Landwirtschaft
„Wie kann ich mit dem Hof, den abwechslungsreichen Flächen und den alten Gebäuden etwas schaffen, das langfristig ohne Subventionen auskommt, dass Natur, Konsumenten und Landwirt zugleich nützt?“, lautet die Frage, die Frederik von Rumohr umtreibt. Ein Teil seiner Antwort ist: Zurück zur altmodischen, kleinteiligen Landwirtschaft. Und die Nähe zu den Menschen wiederfinden, die die Produkte verwenden.“ Nur wenn ich nachvollziehbar produziere, kann ich den Konsumenten bewegen, meine Qualität zu honorieren“, ist er überzeugt. Seine Begeisterung für neue Wege inspiriert und motiviert auch die acht Mitarbeitenden. „Von ihnen kommen immer wieder tolle neue Ideen, die wir dann ausprobieren“, erzählt er mit einem Lächeln.
Von den Ahnen lernen
Frederik von Rumohr ist ein Nachfahre von Carl Friedrich von Rumohr (1785 – 1843). Der Gelehrte – er war Schriftsteller, Zeichner, Maler, Kunst- wie Agrarhistoriker – war in vielen Bereichen ein Vordenker, seiner Zeit voraus.
Die Kulinarik verdankt Carl Friedrich von Rumohr ganz neue Impulse: Er gilt gemeinsam mit dem Franzosen Jean Brillat-Savarin als Begründer der Gastrosophie. Bereits Anfang des 19. Jahrhunderts machte er sich Gedanken über Bedeutung und Zusammenwirken von Küche und Kultur. Eine seiner zentralsten Thesen erlebt seit einiger Zeit ein Revival: Schon in seinem Buch „Geist der Kochkunst“ von 1822 preist Carl Friedrich von Rumohr die regionale und saisonale Küche als die gesündeste. Der Ausspruch „Der Mensch ist, was er isst“ geht auf ihn zurück. Carl Friedrich von Rumohrs gastrosophische Schrift hat bis heute ihre Bedeutung behalten und inspirierte Spitzenkoch Eckhart Witzigmann zum Gericht „Kalbsbries Rumohr“. Die Gastronomische Akademie Deutschlands verleiht als höchste Auszeichnung den Carl-Friedrich-von-Rumohr-Ring und die Hotelfachschule in Lübeck trägt seinen Namen.
Sein Nachfahre Frederik von Rumohr ist einer, der vieles anders denkt und macht, im familiären wie im unternehmerischen Sinn, nachhaltig und genussvoll. Wie sein Vorfahre. „Adel verpflichtet“ – nachhaltig und genussvoll gedacht.

Gut Drült
Frederik von Rumohr
Gutsverwaltung Drült
Drült 1
24409 Stoltebüll .
Tipp: Der Hof und sämtliche Gebäude werden bewirtschaftet und privat bewohnt. Es ist aber möglich, Anlage und Herrenhaus nach schriftlicher Terminvereinbarung zu besichtigen: verwaltung@gut-druelt.de