Verena Weustenfeld

Freie Journalistin

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Milchspezialitäten aus dem Container

Die Käsemacherin vom Alten Stahlwerk
10. Dezember 2019

Neumünster, Hotel Altes Stahlwerk. Es ist 19 Uhr am Abend und im Kamin lodert ein uriges Feuer. Menschentrauben sammeln sich vor dem Buffet im Hotel-Restaurant 1500°. Ich bin verabredet mit Malina Michalscheck, die mir alles über Käse erzählen soll. „Lassen Sie uns doch gleich nach hinten gehen“, so die sympathische 30-Jährige. Hinten, das heißt in diesem Fall in ihren Container. Doch was nach Bau aussieht, hat sein feines Inneres. Denn hier wird von Hand Käse produziert. 


Von der Gitarre zum Käse

Malina Michalscheck © Altes Stahlwerk

„Ich entwickele hier Frischkäse, Weichkäse, Mozzarella und Salzlakenkäse“, erzählt sie stolz. Und das kann sie auch sein. Die Proben munden vielversprechend. Die „Milchhandwerkerin“, wie sie sich selbst bezeichnet, geht jeden Morgen um 6 Uhr zum Landwirt und holt sich frische Rohmilch, die sie weiterverarbeiten kann. „Als nächsten Schritt traue ich mich an Schnittkäse ran“, so ihr Kommentar. Doch wie ist sie zum Käse gekommen? Eigentlich hat Malina Michalscheck klassische Gitarre an der Hochschule für Musik und Theater studiert. Auf die Idee gekommen ist sie ausgerechnet in Noresund, einem kleinen Dorf nördlich von Oslo. Eine Freundin lockte sie auf ihren Hof. „Das war eine völlig neue Welt für mich, Kühe melken, Zäune bauen, Arbeiten mit dem Arbeitspferd, Ziegen versorgen – und der kleinen Käserei. Da war für mich klar, so etwas möchte ich auch machen.“ Und wagte den Sprung ins kalte Wasser: Seit einem Jahr ist sie nun im Schwesterhotel Das James – es eröffnet im April 2020 in Flensburg – angestellt und experimentiert in ihrem Container mit Käse in all seinen Facetten.

Das James und das Alte Stahlwerk werden ihren eigenen Bauernhof bekommen. Dort wird dann ausschließlich für die Gäste der Hotels produziert.

Zwischendurch hat sie immer wieder längere Zeit bei Top-Käsern gearbeitet, um sich weiterzubilden. Als Herausforderung sieht sie auch die Hygienevorschriften, die sie zu beachten hat. „Die Maßnahmen sind vorwiegend auf die große Industrie abgestimmt und für kleine, handwerklich arbeitende Betriebe eigentlich übertrieben“, so ihre Erfahrung. Aber Vorschriften sind Vorschriften: es geht in ihrem Container so rein zu wie in einem OP-Saal. Wichtig ist für Malina Michalscheck ein gutes Zusammenspiel mit der Küche. „Ich reiche meinen Käse oft zum Probieren rein, bekomme von den Köchinnen und Köchen ein Feedback und kann mich so weiterentwickeln“, erzählt sie begeistert. Köche und Servicemitarbeiterinnen sind sehr zufrieden mit ihren Kreationen, kommen sie doch ausgezeichnet beim Gast an. Welches Hotel kann seinen Gästen schließlich Käse aus eigener Produktion anbieten?


Alles Käse

Malina Michalscheck © Altes Stahlwerk

Der Käsekessel produziert ca. 10 Kilogramm Käse am Tag. Gearbeitet wird nur mit Naturlab. Lab (auch Käsemagen), so erfahre ich, ist aus dem Labmagen junger Wiederkäuer im Milch trinkenden Alter gewonnen und wird zum Ausfällen des Milcheiweißes bei der Herstellung von Käse genutzt. Ich habe viel gelernt an diesem Abend. Schleswig-Holstein hat ja eine lange Käsetradition. Auf Gut Behl wurde schon im 16. Jahrhundert im großen Maßstab Käse produziert. Der Tilsiter fand hier eine neue Heimat. Es gibt sogar eine Käsestraße Schleswig-Holstein. Aber handgemachter Käse aus einem Container, dürfte selbst für den milch- und käsereichen Norden eine Weltneuheit sein. 

„Es gibt nichts Schöneres als am Ende des Tages in einer blitzblanken Käserei zu stehen und den mit leckeren Sachen gefüllten Kühlschrank zu sehen, oder im Käselager die Arbeit der letzten Monate zu bestaunen, das ist einfach ein gutes Gefühl“, resümiert die Sympathieträgerin. Hier ist eben nicht alles „nur Käse“. 

Altes Stahlwerk

Rendsburger Straße 81

24537 Neumünster

Tel. 04321/55 600

www-altes-stahlwerk.com