Jens Mecklenburg

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Lothar Eiermann, ein Wegbereiter der Nouvelle Cuisine“, ist gestorben.

19. Februar 2024
(c) Wald- und_Schlosshotel Friedrichsruhe

Der ehemalige Zwei-Sternekoch Lothar Eiermann ist tot. Wie der SWR berichtet, verstarb Eiermann mit 78 Jahren am 10. Februar nach schwerer Krankheit.

Eiermann war von 1973 bis 2008 war Chefkoch des Gourmethotels Wald- und Schlosshotel Friedrichsruhe in Zweiflingen im Hohenlohekreis

Eiermann gilt als einer der Wegbereiter der Nouvelle Cuisine in Deutschland und prägte zahlreiche Spitzenköche, auch im Norden Deutschlands. Mit seiner Kockunst machte Eiermann aus dem abgelegenen Hotel in Zweiflingen-Friedrichsruhe ein renommiertes Spitzenrestaurant, das heute zum Würth-Konzern gehört.

Eiermann lernte den Kochberuf in Höchenschwand (Schwarzwald). Dort arbeitete er im Anschluss 1962/1963 auch als Commis de Cuisine, bevor er in die Schweiz ging. Bis 1964 hatte er die Positionen eines Commis, dann des Demichef de Cuisine im Hotel Baur au Lac in Zürich inne. Er arbeitete als Saucier und Souschef im Restaurant La Grappe d’Or in Lausanne, bevor er 1967/1968 Chef de Cuisine im Hotel Victoria in Glion wurde. Eiermann kehrte dann nach Baden-Württemberg zurück, 1968–1970 war er Chef Rôtisseur und Gardemanger im Hotel-Restaurant Erbprinz in Ettlingen und legte die Prüfung zum Küchenmeister ab.

Von 1970 bis 1972 absolvierte Eiermann ein Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Fritz-Gabler-Schule in Heidelberg und arbeitete dann als Management Trainee in Schottland und England.

Seit 1973 wurde Eiermann Direktor und Küchenmeister des Gourmet-Restaurants im Wald- & Schlosshotel Friedrichsruhe in Friedrichsruhe.

Als Vertreter der Nouvelle Cuisine erkochte er sich bereits 1974 den ersten Michelin-Stern im Restaurant des Schlosshotels. 1979 erhielt Eiermann den zweiten Stern. Zu dieser Zeit war in Deutschland noch kein Koch mit drei Michelin-Sternen ausgezeichnet. Es gab lediglich acht Zwei-Sterne Restaurants. Lothar Eiermann reiht sich in die Riege der Köche des Deutschen Küchenwunders – ein Begriff, den Gourmetkritiker Wolfram Siebeck prägte – und steht damit in einer Reihe mit Eckart Witzigmann, Heinz Winkler, Herbert Schönberner, Jörg und Dieter Müller, Franz Keller, Jean-Claude Bourgueil, Hans-Peter Wodarz, Dieter Biesler, Otto Koch, Vincent Klink, Wolfgang Staudenmaier und anderen. Ende 2008 ging Eiermann nach 35 Jahren in den Ruhestand.

Erneuerer der Spitzenküche

Eiermann hat wesentlich zur Erneuerung der Spitzengastronomie in Deutschland beigetragen. Sein Wirken als renommierter Küchenchef und Altmeister seines Fachs war maßgeblich von der Haute Cuisine beeinflusst. Darüber hinaus vertrat er eine nachhaltige und ganzheitliche Haltung gegenüber dem Kochberuf, deren ethische Voraussetzung der Respekt vor Tieren und Pflanzen ist. Zudem legte er großen Wert auf den Eigengeschmack der Produkte, bevorzugt beim Braten von Fleischspeisen durch extrem niedrige Temperaturen und tranchierte die Stücke erst vor dem Servieren. Sehr wichtig war das Kochen oder Braten der Fleischstücke im Ganzen. So war die Spezialität des Hauses eine ganze Barbarie-Ente, die in mehreren Gängen serviert wurde.

1979 richtete er sich in einem offenen Brief mit der Überschrift „Adieu à un Roi“ („Abschied von einem König“) gegen Paul Bocuse, weil dieser zum Ärger Eiermanns anfing, Dosensuppen unter seinem Namen zu vermarkten. Bocuse bezeichnete ihn daraufhin als „Arschloch“ und richtete sich an den Fürsten zu Hohenlohe, er solle die Anstellung von Eiermann überprüfen. Auch deutsche Spitzenköche wie Eckart Witzigmann und Franz Keller distanzierten sich in einem gemeinsam verfassten Brief von Eiermann. Eiermann ließ sich davon nicht beeindrucken, blieb seiner Überzeugung treu, dass Spitzenküche (und Spitzenköche, die eine Vorbildfunktion hätten) nicht vereinbar mit Industrienahrung sei.