Jens Mecklenburg

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Leineschaf an Bord der Arche des Geschmacks

Pfennigsucher aus dem Leinebergland
28. August 2021

Mit dem Leineschaf hat Slow Food Deutschland die siebte Schafrasse und den 77. Passagier an Bord ihrer ‚Arche des Geschmacks‘ aufgenommen. Unter diesem Namen schützt Slow Food alte Nutztierrassen und Kulturpflanzen, Lebensmittel und Zubereitungsarten vor dem Vergessen. Seit 2020 auch das Leineschaf, dem wir die Kulturlandschaft im Leinebergland und Eichsfeld verdanken. Aufgrund seiner Genügsamkeit trägt es den Spitznamen „Pfennigsucher“.

Frohwüchsige alte Landschafrasse

Das Leineschaf ist eine alte, robuste Landschafrasse, die jahrhundertelang ackerbaulich ungenutzte Flächen und Brachen, Wegränder und Stoppelfelder entlang der Leine pflegte; vom thüringischen Eichsfeld über Göttingen bis Hannover. In der Nachkriegszeit verschwand die Rasse weitgehend aus ihrem Herkunftsgebiet, wobei 1.500 Leineschafe als Reparationszahlungen nach Polen gebracht und dort nahezu unverkreuzt gehalten wurden. In Deutschland verblieb eine kleine Gruppe des alten Typs im Erfurter Zoopark; in die übrigen Herden wurden Rassen eingekreuzt, die höhere Erträge bei Milch und Fleisch versprachen.

Schafe
© Karin Weinsberg

Das Leineschaf ist ein frohwüchsiges, marsch- und widerstandsfähiges Landschaf mit leichten Geburten und sehr guten Muttereigenschaften. Beide Geschlechter sind hornlos, reinweiß und ohne Pigmentflecken. Die Tiere haben einen langen, schmalen, unbewollten Kopf mit Ohren, die zum Herabhängen neigen. Das Gewicht der Muttertiere liegt zwischen 60 und 80 kg, die Böcke wiegen 100 – 120 kg. Früher wurde es überwiegend als Hüteschaf – statt als Wanderschaf – gehalten.

Zwei Schafe
© Karin Weinsberg

Die Rückkehr zur Leineschafzucht des „ursprünglichen Typs“ begann in Deutschland in den 1990er Jahren, als 30 Zuchtböcke und etwa 70 weibliche Tiere als ‚Polenrückkehrer‘ Sachsen und Thüringen erreichten. Heute gibt es in insgesamt sieben Bundesländern wieder mehrere tausend dieser Schafe mit langem, schmalem, unbewolltem Kopf. Der Erhalt und die Ausweitung des Bestandes des Leineschafs in seinem ursprünglichen Verbreitungsgebiet jedoch bedarf einer aktiven Unterstützung. Der Landschaftspflegeverband Göttingen hat sich dem sehr erfolgreich verschrieben. In Göttingen finden jährlich im Herbst die „Leinelamm-Wochen“ statt, wo Produkte aus Fleisch, Milch und Wolle käuflich erwerblich sind. Das besonders zarte Lammfleisch etwa schmeckt durch das langsame Wachstum und das kräuterreiche Futter dezent würzig und leicht kräuterig.


Nachhaltiges Netzwerk des guten Geschmacks

Es sind Netzwerke aus Schäfer/innen, Züchter/innen, Schlachter/innen sowie der Gastronomie und den Verbraucher/innen, die eine regionale Wertschöpfung rund um das Leineschaf ermöglichen. Aus Sicht von Slow Food geht es darum, genau dieses Miteinander zu stärken, um die biokulturelle Vielfalt zu schützen und Genussvielfalt zu erhalten. Dazu Axel Reetz, Mitglied der Arche-Kommission: „Wir brauchen alte Tierrassen wie das Leineschaf, um unsere Kulturlandschaften auf natürliche Art und Weise zu erhalten. Das ist vielen von uns nicht bewusst, wenn wir den Ausblick auf blühende Wiesen entlang der Leine genießen. Das Leineschaf zeigt außerdem exemplarisch, wie wir Nutztiere ihrer Art und auch unserer Umwelt gerecht halten können. Daraus entstehen dann eben keine ‚Massenprodukte‘ minderer Qualität, sondern hochwertige und vielfältige Erzeugnisse in geringen, angemessenen Mengen.“

Informationen zur Arche des Geschmacks
www.slowfood.de


Herdbuch-Zuchtbetriebe, bei denen Tiere und Fleisch erworben werden können:

Werner Borgelt
Offenser Str. 8
37170 Usseln-Verliehausen
Tel. (0 55 71) 91 38 26
borgelt@leineschaf.infoborgelt.u@outlook.de

Schäferei Bodmann
Wollbrandshäuser Str. 5
37136 Seeburg-Aussiederhof
Tel. (01 75) 8 61 47 92

 Karl-Heinz Kempe
Am Mühlenland 7
34399 Wesertal-Oedelsheim
Tel. (01 70) 2 86 12 93
schafzuchtkempe@gmail.com
www.facebook.com/schafzuchtkempe/

 
Schaffleisch:

Rüdiger Grossert c/o Schäferei Gutinga
Freienhägener Str. 3
37130 Gleichen-Ischenrode
Tel. (01 60) 96 63 51 08
schaeferei-gutinga(@t-online.de
www.schaeferei-gutinga.de

Monika & Meinolf Timmerberg
Kirchrain 4
37242 Bad Sooden-Allendorf-Dudenrode
Tel. (0 56 04) 79 58

Pascale und Eckhard Wiesenthal
Am Eschenberg18
37130 Gleichen-Bremke
Tel. (01 72) 4 31 79 85
ewiesenthal@tiergartengestaltung.de

Ilse GbR
Friedländer Str. 12
37133 Klein Schneen
Tel. (0 55 04) 79 99 94 74
hof.Ilse@web.de
https://www.hof-ilse.de

Fleischerei Sebert
Fäutlingsgasse 2
37083 Göttingen
Tel. (05 51) 7 90 68 70
info@fleischerei-sebert.de
www.fleischerei-sebert.de

Landfleischerei Osterhus
Bethelstraße 4
37139 Adelebsen-Barterode
(Adresse Hauptgeschäft, auch Wochenmärkte in der Region)

Tel. (0 55 06) 2 65
info@landfleischerei-osterhus.de
http://landfleischerei-osterhus.de/

Schaf
© Karin Weinsberg