Johanna Rädecke

Redakteurin

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Kulturrausch im Winter

Kulturtips aus Hamburg
5. November 2021

Es wird kalt und typisch-norddeutsch nass und windig. Das kulturelle Leben der Hansestadt wird zunehmend in die Innenräume verlagert – ein Fakt, der dank 2G-Regelungen möglich ist. Nordische Esskultur gibt spannende Veranstaltungstipps für Hamburg.

Die Bühnen der Theater der Hansestadt warten mit spannenden Premieren auf: Im Thalia werden in „Die Wildente“ zwei Ibsen Stücke miteinander verwoben und bei „Pieces of a Woman“ die Konflikte der modernen polnischen Gesellschaft anhand starker weiblicher Charaktere thematisiert. Das Schauspielhaus zeigt Frank Castorfs Inszenierung „Der Geheimagent“. Lang ersehnt feiern endlich sowohl „Harry Potter und das verwunschene Kind“ im Mehr! Theater als auch „Die Eiskönigin“ im Stage-Musical ihre deutschen Premieren.

Auch in der Kunst gibt es allerlei neues zu entdecken: Während die Hamburger Kunsthalle den Alltag durch den Blick niederländischer Meister zeigt, stellen die Deichtorhallen das grafische Lebenswerk Tomi Ungerers aus.

Musikalisch zeigt sich Hamburg ebenfalls gewohnt vielfältig: Von indischer Musik zwischen Tradition und Moderne beim „Reflektor Anoushka Shankar“ in derElbphilharmonie bis zur „Elektra“ Premiere der Staatsoper.

Filmfreunde können sich diesen November auf das UNERHÖRT! Musikfilmfestivalfreuen, während Literaturfans beim Hamburger Krimifestival und den Nordischen Literaturtagen auf ihre Kosten kommen.

JAN HAVICKSZ. STEEN (1626–1679): Herz-Ass, undatiertÖl auf Leinwand, 81 x 92 cm © Stockholm, Nationalmuseum

Von niederländischen Meistern bis zu Tomi Ungerer

„Klasse Gesellschaft“ in der Hamburger Kunsthalle:

Die Malerei erlebte im 17. Jahrhundert in den Niederlanden im Zuge der wirtschaftlichen Entwicklung einen großen Aufschwung. Dabei erfuhr die Genremalerei aufgrund ihrer sehr realitätsnah wirkenden Darstellungen bei wohlhabenden Bürgern und Kaufleuten eine hohe Wertschätzung. Beliebt waren die eleganten, atmosphärischen Interieurs und familiären Szenen der Delfter Feinmaler um Johannes Vermeer, Pieter de Hooch und Gerard ter Borch sowie die überspitzten, ironischen Schilderungen des bäuerlichen Milieus und zügellosen Treibens der einfachen Leute von Jan Steen oder David Teniers.

Mit Klasse Gesellschaft. Alltag im Blick niederländischer Meister widmet die Hamburger Kunsthalle mit ca. 150 Werken – Gemälden, Zeichnungen, Druckgraphik, Fotografien und Videokunst – einem Kapitel einer der facettenreichsten Epochen der europäischen Kunstgeschichte eine umfassende Schau. Ausgangspunkt der Ausstellung ist der hochkarätige Bestand in der Hamburger Kunsthalle an Gemälden des holländischen 17. Jahrhunderts, der gleichzeitig den Schwerpunkt der Sammlung Alte Meister bildet und den die Schau nun entsprechend würdigen will.

Ein weite≈≈rer wesentlicher Teil der Präsentation ist übergeordneten Aspekten gewidmet und skizziert anhand von soziokulturellen Entwicklungen und politischen Hintergründen die niederländische Gesellschaft des 17. Jahrhunderts, die die ausgewählten Künstler in ihren Gemälden scheinbar abbildeten.

Kurz & Knapp: Ausstellung „Klasse Gesellschaft – Alltag im Blick niederländischer Maler“ in der Hamburger Kunsthalle vom 26.11.2021 – 27.03.2022, Tickets online erwerbbar hier.

Tomi Ungerer: Give, Plakat gegen den Vietnamkrieg, 1967 Sammlung Tomi-Ungerer-Museum – Internationales Zentrum für Illustration © Diogenes Verlag AG, Zürich/Tomi Ungerer Estate Foto: Musées de la Ville de Strasbourg/Mathieu Bertola


It’s all about freedom: Tomi Ungerer in den Deichtorhallen/Sammlung Falckenberg:

Tomi Ungerer (1931–2019) gilt als einer der einflussreichsten Zeichner, Illustratoren und Kinderbuchautoren. Publikationen wie Die drei RäuberHeute hier, morgen fort und Der Nebelmann machten ihn weltberühmt. Darüber hinaus schuf Ungerer Plakate gegen den Vietnam-Krieg und Rassenkonflikte, unternahm Milieustudien in der Hamburger Herbertstraße, verarbeitete zeichnerisch kriegstraumatische Erinnerungen oder erstellte Großcollagen im Spätwerk.


In der großen Ausstellung TOMI UNGERER – IT’S ALL ABOUT FREEDOM zeigen die Deichtorhallen Hamburg in der Sammlung Falckenberg in Zusammenarbeit mit dem Tomi Ungerer Estate und dem Musée Tomi Ungerer in Straßburg erstmals einen umfassenden Querschnitt durch neun Jahrzehnte seines künstlerischen Schaffens – von Zeichnungen aus den 1930er-Jahren bis hin zu Objekten aus den 2010er-Jahren.

Die Ausstellung, die zum 90. Geburtstag von Tomi Ungerer eröffnet wird, präsentiert knapp 400 Exponate und wirft ein neues Licht auf Ungerers Werk, indem sie die politischen und stilistischen Linien und Brüche in seiner künstlerischen Dimension nachvollziehbar macht. Mit zahlreichen unveröffentlichten Arbeiten sensibilisiert sie zudem für die künstlerische Dimension seines umfangreichen Werkes, das etwa Bezüge zu Otto Dix, Lyonel Feininger und John Heartfield, aber auch zu Martin Kippenberger und Martha Rosler aufweist.

Kurz & Knapp: Ausstellung „It’s all about freedom“ in den Deichtorhallen, 27.11.2021 – 24.04.2022, mehr Informationen auf der Website der Deichtorhallen.

Viele weitere Veranstaltungen und alle Informationen zum Kulturrausch Hamburgfinden Sie online unter www.kulturrausch.hamburg.