Die Nordbauern sind auf den ersten Blick „ein bunter Haufen“ landwirtschaftlicher Individualisten, allesamt anerkannte Genusshandwerker. Sie können aber auch stimmgewaltig im Chor singen: für den Erhalt bäuerlicher Strukturen und Genusskultur.
Frische und hochwertige Lebensmittel aus der Region sind mehr denn je im Trend. Es ist so einfach wie widersprüchlich: Je globalisierter die Welt, desto größer die Sehnsucht nach Heimat. Insbesondere direkt vermarktende Betriebe mit ihrem individuellen Sortiment genießen ein hohes Vertrauen beim Verbraucher. Dem, den man kennt, vertraut man. Die längsten Schlangen auf dem Wochenmarkt bilden sich vor regional bekannten Qualitätsproduzenten. Auch der Lebensmitteleinzelhandel und die Gastronomie setzen seit Längerem auf die Zusammenarbeit mit lokalen Lieferanten. Nur sind die Handelsstrukturen auf die ganz Großen ausgelegt, die Kleinen bleiben oft auf der Strecke und auch in der Landwirtschaft haben es kleinbäuerliche Familienbetriebe schwer und drohen zu rein folkloristischen Einrichtungen zu verkommen.
Aus der Region, für die Region
Zum Überleben sind gerade sie darauf angewiesen, ihre Produkte direkt an den Verbraucher zu bringen. Was lag also näher als die Gründung eines Vereins, um die Vernetzung zwischen Erzeugern, Handel und Verbrauchern zu fördern? So wurde 2013 der Verbund „Nordbauern Schleswig-Holstein e.V.“ gegründet.
Vorsitzender Ernst Schuster, den einige respektvoll den schleswig-holsteinischen „Apfelkönig“ nennen, sagt: „Ziel des Vereins ist die gemeinsame Interessenvertretung direktvermarktender Betriebe in Schleswig-Holstein. Gemeinsam wollen wir den Direktvermarktern eine Stimme geben, um beim Handel und in der Öffentlichkeit besser gehört zu werden.“ Durch den direkten Dialog zwischen Erzeuger und Konsument bietet sich die Möglichkeit, mehr Wertschöpfung für die Betriebe zu schaffen. Auch erhofft man sich durch den Zusammenschluss einen besseren Zugang zum Lebensmitteleinzelhandel. Unterstützung bekam die Initiative vom ehemaligen Landwirtschaftsminister Robert Habeck, sichert sie doch das Einkommen der bäuerlichen Betriebe, hält die Wertschöpfung in der Region und schont das Klima. Derzeit hat der Verein rund 40 Mitglieder. Darunter Betriebe der Käsestraße wie Käsehof Biss und den Meierhof Möllgaard, Gunnar Reese mit seiner Fischerei bis hin zu den Melkburen aus Lentförden mit ihrer Bio-Jahreszeiten-Milch und Hubertus Nickels mit seinem berühmten Sauerkraut aus Dithmarschen. Auch das Passader Backhaus, Prahls Sattelschweinspezialitäten und die Ostseesalzmanufaktur sind vertreten.
Auf den ersten Blick „ein bunter Haufen“ landwirtschaftlicher Individualisten, allesamt anerkannte Genusshandwerker des Nordens. Mittlerweile gibt es gemeinsame Fortbildungen, man arbeitet an gemeinsamen Vertriebsstrukturen und die Nordbauern heben immer dann ihre Stimme, wenn es um den Erhalt der traditionellen bäuerlichen Landwirtschaft geht. Chefdirigent Ernst Schuster ist es gelungen, aus zahlreichen Solostimmen einen stimmgewaltigen Chor zu formen. Wir Verbraucher mit Sinn für Genusskultur sollten sie dabei unterstützen.