Ein Gastbeitrag von Birgit Altendeitering-Tiggemann
Der preußische Ministerpräsident Otto von Bismarck hegte bereits 1864 Pläne, einen Kanal zu bauen, der die Nord- und Ostsee verbindet.
Seine Zielsetzung war vorrangig militärisch-strategisch geprägt, denn zu Beginn des Deutsch-Dänischen Krieges sollten sämtliche Schiffe die Nord- und Ostsee ohne dänischen Kanonenbeschuss erreichen können. Erst 19 Jahre später wurde durch Kaiser Wilhelm I die Prüfung für eine Umsetzung veranlasst und nach drei weiteren Jahren beschloss der Reichstag 1886 den Bau des Nord-Ostsee-Kanals.
Kaiser Wilhelm I legte 1887 in Kiel-Holtenau den Grundstein für eine der – bis heute – wichtigsten Kanal-Schifffahrtsstraßen der Welt.
Während der achtjährigen Bauphase bewegten bis zu 8.900 Arbeiter ca. 80 Millionen Kubikmeter Erdreich und erschufen einen Kanal von 98 km Länge, 67 m Breite und 9 m Tiefe.
Rauschendes Fest
Am 21. Juni 1895 eröffnete Kaiser Wilhelm II die bis dahin Nord-Ost-See-Kanal benannte Wasserstraße mit einem spektakulären Fest.
Die Feierlichkeiten begannen bereits am 19. Juni in der Hansestadt Hamburg, wo der Bürgermeister Johannes C. E. Lehmann am Abend ein Eröffnungsmahl für rund 500 Gäste gab. Er empfing neben dem Kaiserpaar zahlreiche regierende Fürsten, Diplomaten und höchste Marineoffiziere seefahrender Nationen.
Auf der Alster wurde eine ungefähr 6000 qm große künstliche Insel errichtet, auf der Schausteller den Gästen ein buntes Programm boten.
Nach den Feierlichkeiten begaben sich die Gäste gegen Mitternacht auf die im Hamburger Hafen liegenden Schiffe, um die Reise nach Kiel anzutreten.
Das Kaiserpaar begab sich auf die »S.M. Yacht Hohenzollern« und führte den Schiffskonvoi in Richtung Brunsbüttel an. Während der Ausfahrt wurde zu Ehren des Kaisers und seiner Gäste das Elbufer von Hamburg bis Blankenese erleuchtet.
Um vier Uhr morgens erreichte die Hohenzollern, gefolgt von 23 Schiffen, die Schleuse bei Brunsbüttel und durchtrennte im Beisein der wohl gesamten Bevölkerung der Region das über den Kanal gespannte Band.
Nun war der Kanal offiziell für die Schifffahrt freigegeben und der Schiffskonvoi begab sich auf den Weg zur Schlusssteinlegung nach Kiel-Holtenau.
Die achteinhalbstündige Fahrt dorthin wurde von zahlreichen Zuschauern an den Ufern des Kanals begleitet und glich einem Volksfest.
Gegen Mittag erreichte der Schiffskonvoi Kiel und wurde dort von zahlreichen ausländischen Schiffen empfangen, sodass am Ende des Tages 106 Schiffe im Kieler Hafen vor Anker lagen.
Am darauf folgenden Vormittag des 21. Juni erfolgte die Schlusssteinlegung durch Kaiser Wilhelm II auf dem Festplatz in Holtenau.
Zur Überraschung aller Anwesenden taufte der Kaiser in dem überaus festlichen Akt die bis dahin Nord-Ost-See-Kanal benannte Verbindung auf den Namen Kaiser-Wilhelm-Kanal. Die bis zu diesem Zeitpunkt geheim gehaltene Entscheidung erfolgte zu Ehren seines Großvaters Kaiser Wilhelm I, der diesen Bau maßgeblich beeinflusst und den Grundstein hierfür gelegt hatte.
1948 erfolgte die Umbenennung in Nord-Ostsee-Kanal, wie er bereits in der Planungs-und Bauphase bezeichnet worden war.
Die Schlusssteinlegung war umrahmt von einem gewaltigen, prunkvollen Fest. Das Festgelände und die Schleusen waren mit unzähligen Girlanden, Fahnen und Blumen geschmückt. Auf dem Festplatz wurden, neben einem Kaiserzelt, Tribünen für 5.400 Gäste errichtet und am Abend wurden geladene Gäste zur »Festtafel aus Anlass der Feierlichen Eröffnung des Nord-Ost-See-Kanals« gebeten.
Dieses Festessen fand in einer eigens für diesen Anlass erbauten Festhalle statt, die einen Nachbau der Fregatte »Niobe« darstellte und 1.080 Gästen des Kaisers Platz bot.