Seit Menschengedenken beweiden Kühe ohne Hörner die skandinavische Halbinsel. Besonders das Fjällrind, ein kleines, zierliches Rind mit feinem Knochenbau, war lange Zeit das schwedische Rind schlechthin. Die intelligenten Rinder suchten sich am Tag ihr Futter selbst in Wald und Flur und kamen am Abend von selbst zum Hof „ihres“ Bauern zurück. Wild und doch sehr anhänglich, wenn sie sich an den Menschen gewöhnt haben, lassen sie sich gerne kraueln.
Klein & robust
Die Ursprünge der schwedischen Bergkuh reichen weit in die Frühzeit der Domestikation zurück. Wie auch bei anderen Uraltrassen (zum Beispiel dem Englischen Parkrind) weist die weiße Färbung mit schwarzen, gelegentlich roten Flecken auf diesen historischen Ursprung hin. In den letzten 200 Jahren waren die nur 1,20 Meter kleinen und knapp 450 Kilogramm leichten Fjord-Rinder dem Leistungsdruck der von Süden und Westen vorrückenden Edelrassen nicht mehr gewachsen. Sie wurden in die Berge des hohen Nordens zurückgedrängt. Klirrender Frost, Schneegestöber, Dauerdunkelheit im Winter und blutsaugende Mückenschwärme im Sommer machten dem Svensk Kullig Boskap – so die Originalbezeichnung – nichts aus. Und doch nahm die Population des ruhigen und friedlichen Wikinger-Rindes immer mehr ab. Die Menschen aus dem Land der Fjorde und Schären decken ihren Bedarf an tierischem Eiweiß bevorzugt mit Fischen aus den reichlich vorhandenen Flüssen, Seen und Meeren.
Ihr Bedürfnis dem Rindvieh zusätzlich „Fleischpakete“ anzuzüchten war nicht sonderlich groß ausgeprägt. Das Augenmerk liegt im Gegensatz zu anderen Robustrinderrassen bei der Milchleistung. Bei gutem Futter sind bei der Fjällkuh 4.000 bis 5.000 Liter wohlschmeckende gehaltvolle Milch mit über vier Prozent Fett im Jahr drin, aus der man hervorragenden Käse produzieren kann. Schon sieben bis acht Liter sollen für ein Kilo Käse ausreichen. Sonst rechnet man mit zehn Litern Milch für ein Kilo Käse.
Hornlos wie die Wikinger
Um die an sich schon gefährlich geschrumpfte Fjällrindpopulation wäre es um ein Haar vor einigen Jahrzehnten fast ganz geschehen gewesen. Ein prächtiger gänzlich weißer Bulle, wurde ob seiner Schönheit sehr intensiv zur Zucht genutzt. Dass Schönheit nicht alles ist, kennen wir auch bei uns Menschen. Der prächtige Stier vererbte seinen Nachkommen unterentwickelte Hoden. Keine guten Voraussetzungen für den Erhalt der Rasse. Kein Einzelfall. Es stellte sich heraus, dass besonders rein weiße Stiere, nicht die besten Vererber sind und so setzte man wieder auf gepunktete, pigmentierte Tiere. Immer noch vom Aussterben bedroht, kümmert sich aber mittlerweile der schwedische Staat um den Fortbestand. Besonders Biobetriebe nehmen sich der schwedischen Bergkuh wieder an und auch in Deutschland fand das Fjällrind eine neue Heimat, gut 100 Tiere leben bei uns, einige weiden in einem Tierpark. An der mecklenburgischen Seenplatte wirken die getüpfelten Skandinavier seit einigen Jahren als Entwicklungshelfer und zeigen uns, wie vorzüglich Rinder in Naturschutzgebieten als Landschaftspfleger gutes tun können. Besonders wenn sie so robust und leichtfüßig wie die Wikinger-Rinder sind. Hätte man dem Fjällrind früher mehr Aufmerksamkeit geschenkt, wäre es auch nicht zu der Legende, dass die Wikinger Hörner an ihren Helmen trugen, gekommen. Ausgrabungen am legendären Kultur- und Handelszentrum der Wikinger in Haithabu ergaben, dass die Helme der Wikinger hörnerlos waren. Warum sollten sie auch Hörner an ihren Helmen tragen, trugen ihre Rinder doch auch keine.