Was kocht da eigentlich im Topf? Wer hat die Krone auf? Und warum ist hier oben im Norden auf Amrum von Sklaverei die Rede? Die Nordfriesische Flagge, gern gehisst in Vorgärten der Insel, wirft Fragen auf. Zuallererst aber die nach der Entstehung.
Es war auf dem Volksfest der Nordfriesen am 10. Juni 1844 in Bredstedt auf dem Festland, als die Fahne das erste Mal im Wind wehte. Vermutlich stammt das darauf abgebildete Nordfriesen-Wappen aus dem Umkreis des Pastors und friesischen Vordenkers Christian Feddersen (1786-1874), der damals bei seinen Landsleuten – es war das Zeitalter der liberalen und nationalen Strömungen – intensiv für die Erhaltung einer friesischen Identität warb.
Friesische Freiheit
Bei der Gestaltung inspirierten typische Motive aus nordfriesischen Familienwappen. Der halbe Reichsadler symbolisiert die „friesische Freiheit“, die den Friesen einst von Kaisern des mittelalterlichen deutschen Reichs zugestanden wurde. Die Krone könnte ebenfalls auf jene Kaiser hindeuten, aber gemeint ist vermutlich eher die des dänischen Königs. Bis 1864 gehörten die nordfriesischen Gebiete dem von ihm regierten Gesamtstaat an.
Der Grütztopf, so fand der Regionalgeschichtsforscher Albert Panten heraus, könnte für brüderliche Gemeinschaft und Gleichheit in dem Sinne stehen, dass einst alle aus einem Topf aßen. Ob aber tatsächlich Grütze gespeist wurde, oder vielleicht eher Grünkohl? In manchen Quellen wird jedenfalls eher letzteres berichtet.
Überhaupt beflügelte der Topf die Fantasie: Friesische Frauen, so geht eine erdichtete Sage des Sylter Chronist Christian Peter Hansen, hätten einst Feinde mit heißer Grütze in die Flucht geschlagen, als die Kampfkraft ihrer Männer erlahmte. Den Wunsch nach Frieden kannte Christian Feddersen zumindest nur zu gut: Er wirkte seinerzeit in der internationalen Friedensbewegung mit.
Auch der Wappenspruch »Liewer düd as Slav« kann auf Feddersen zurückgeführt werden. In seiner 1842 verfassten Schrift »Fünf Worte an die Nordfriesen« heißt es: »Ihr liebet die Freiheit und sprechet: ,Liewer düd aß Slaawe!’ So werdet denn keines Menschen Knechte! … Zuvörderst nicht eure eignen, d. h. Knechte eurer eigenen, niedern Begierde. Diese Begierde ist das wilde Roß, das nicht herrschen darf über uns; wir müssen es zügeln, damit es willig dem Geiste sich unterwerfe.«
Ausgehend vom deutsch-dänischen Konflikt Mitte des 19. Jahrhunderts, der auf dem Bredstedter Volksfest bereits deutlich anklang, wurde »Lever duad üs Slaaw« dann aber als antidänische Parole gedeutet. Das Adler-Wappen der Nordfriesen diente in diesem Sinne für viele als Symbol.
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