Johanna Rädecke

Redakteurin

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Den Bauern reicht’s

Manifest der Nordbauern vorgestellt
20. März 2020

Vergangene Woche stellten die Nordbauern Schleswig-Holstein ihr Manifest für den Erhalt bäuerlicher Landwirtschaft vor. Bei der idyllisch gelegenen Obstquelle Schuster in Schwentinental trafen Landwirte und Direktvermarkter, Presse und Interessierte zusammen, um bei Apfelsaft und Schnittchen über die Zukunft und Chancen der bäuerlichen Kleinbetriebe zu sprechen.

Die Nordbauern stellten ihr Manifest im Hofladen der „Obstquelle“ vor. © Johanna Rädecke

Umdenken in der Agrarpolitik dringend nötig

Die Nordbauern Schleswig-Holstein fordern ein Umdenken in der Agrarpolitik. Der Zusammenschluss von Familienbetrieben und Genusshandwerkern hat ein Manifest für den Erhalt bäuerlicher Landwirtschaft verfasst.

Die Bauern sind in Aufruhr. Ausgelöst wurde der Protest durch drohende Zulassungsbeschränkungen von Pflanzenschutzmitteln und Düngern. Tatsächlich ist der Protest aber ein sich Aufbäumen gegen den rasant voranschreitenden Strukturwandel im ländlichen Raum, inklusive der massiven Aufgabe von Höfen in den letzten Jahrzenten.  

Die Gründe für das Aussterben der handwerklichen Lebensmittelhersteller sind bekannt: fehlende Fachkräfte, fehlende Nachfolge, zeit- und kostenfressende Bürokratie, steigende Preise für Pacht und Kauf von landwirtschaftlichen Flächen, fehlende Wertschätzung von Handwerksberufen, Veränderungen in der Sozialstruktur, zu geringe Erlöse. Diese Entwicklung war und ist auch politisch gewollt: Wachse oder weiche lautet bis heute die Devise.

Vorsitzender Ernst Schuster. © Johanna Rädecke

„Schon vor zwei Jahren haben wir auf der grünen Woche das Positionspapier unseres Vereins vorgestellt – eine Resonanz blieb leider aus.“ Doch das Thema ist nun in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt und wir Kleinbetriebe hoffen natürlich auf eine Reaktion unseres Ministers“, so Vorsitzender Ernst Schuster. Zu den Problemen, die die Nordbauern in Zusammenarbeit mit der Regierung angehen wollen, gehören neben der Preisgestaltung von Lebensmitteln und der Pacht landwirtschaftlicher Flächen auch der Abbau von Bürokratie-Wahn, Behördenchaos und die Nachwuchsförderung.

„Man muss bedenken, dass wir Kleinbetriebe sind – die Bürokratie, die mit EU-Richtlinien verbunden sind, sind undurchschaubar und neben der eigentlichen Hofarbeit und Vermarktung kaum zu schaffen.“ Hier liegt die Chance als Betrieb, sich mit Gleichgesinnten kurzzuschließen: So arbeitet der Verein Nordbauern auch daran, einen Onlinehandel nach EU-Verordnung aufzubauen und komfortable Lösungen für den Verbraucher zu finden.

Doris Schuster hat die Leitung der „Obstquelle“ von ihrem Vater übernommen. Sie spricht die Problematik der Ausbildung in diesem Fachbereich an: „Das ist eine große Herausforderung, da eine zentrale Berufsschule nur in Niedersachsen ist. Deswegen gibt es hier auch immer weniger Ausbildungsbetriebe – es gibt keinen Blockunterricht und die langen Distanzen machen ein Pendeln unmöglich.“

Thies Aderhold, der vor den Toren Kiel einen Geflügelhof betreibt, wies darauf hin, dass sein 80-jähriger Vater noch immer 40 Stunden auf dem Hof mitarbeitet. Was notwendig sei, da die Erlöse regionaler Produkte viel zu niedrig seien Ohne die Hilfe der Familie geht es nicht. 

Einig waren sich alle anwesenden Nordbauern darin, dass sie mehr Wertschätzung und Unterstützung aus Politik und Gesellschaft brauchen.

Doris und Ernst Schuster von der „Obstquelle“. © Johanna Rädecke

Die Forderungen der Nordbauern

Die bäuerliche Landwirtschaft braucht eine eigenständige Wertschätzung, Unterstützung und Fördermaßnahmen.   


Wir fordern die Politik auf:

  • Die für den ländlichen Raum unverzichtbaren Betriebe der bäuerlichen Landwirtschaft durch gezielte Fördermaßnahmen zu unterstützen.
  • Betriebe mit Produktion und Vermarktung von Auflagen zu entlasten.
  • Übernahmen und Neugründungen kleiner Betriebe zu fördern und unterstützen.
  • Wichtige soziale und ökologische Aufgaben der bäuerlichen Landwirtschaft wie Sicherstellung der Nahversorgung, Hofführungen für Kindergärten und Schulen, Maßnahmen zum Gewässer- und Naturschutz gesondert zu fördern.
  • Das Versprechen, Regionalität in der Lebensmittelversorgung zu fördern auch dadurch einzulösen, dass in Ausschreibungen für Schul- und Kantinenverpflegung die Verpflichtung zur Lieferung von Lebensmitteln (Urprodukte) aus Schleswig-Holstein Bedingung wird.


Wir wünschen uns:

  • Einen intensiven Dialog mit Menschen, die an guten handwerklich erzeugten Lebensmitteln interessiert sind.
  • Dass der Handel die Landwirtschaft fair und als Partner behandelt. 
  • Dass die Stärkung der bäuerlichen Landwirtschaft und Gestaltung zukunftsfähiger gesellschaftlicher Modelle nicht die alleinige Aufgabe der Landwirtschaft ist. Eine zukunftsfähige Weiterentwicklung der Landwirtschaft, die Verantwortung für ökologische Prozesse (Insektensterben), Gewässer- und Klimaschutz sowie soziale Komponenten (gegen die Verödung des ländlichen Raumes), benötigen die Unterstützung durch alle gesellschaftlichen Gruppen.