Bondeheimen, das Bauernheim, das klingt anheimelnd, und so war es einst auch gedacht. Was auch immer der reisende Bauersmann in der Hauptstadt zu erledigen haben mochte, hier konnte er übernachten, ohne Gefahr zu laufen, in Kontakt mit leichtfertigen Frauenzimmern oder Alkohol zu kommen – wobei Alkohol als das größere Übel galt. Ebenfalls vom Norwegischen Bauernverband wurden die »Kaffistova« ins Leben gerufen, die »Kaffeestuben«, eine Serie von Selbstbedienungscafés, wo es billige Hausmannskost gab und eben keinen Alkohol. Das mit den leichtfertigen Frauenzimmern ließ sich nicht so leicht kontrollieren, jahrzehntelang dienten die Kaffistova-Filialen deshalb auch als Kontaktbörse. Heutige Bauern brauchen offenbar keinen Schutz mehr, das Hotel Bondeheimen gehört zur Best-Western-Kette, und die einzige verbliebene Kaffistova in Oslo ist dem Hotel angegliedert. Das Hotel ist auch nicht mehr billig, sondern verlangt die üblichen Osloer Innenstadtpreise. Aber es ist beliebt wegen seiner zentralen Lage, die Zimmer sind hell und freundlich, und das Haus verfügt über zwei Attraktionen. Da sind zum einen die grandiosen bunten Glasfenster im Treppenhaus. Seltsamerweise scheint niemand zu wissen, von wem die Darstellungen des ländlichen Lebens stammen. Die zweite Attraktion ist die Kaffistova. Irgendetwas in der Küche geht immer schief, und selbst wenn die Gerichte gegen Mittag noch appetitlich aussehen, so sind sie bald verschrumpelt, eingetrocknet, verfärbt. Die Osloer Restauranttester wetteifern geradezu darum, der Kaffistova einen Besuch abstatten und über die neueste kulinarische Katastrophe berichten zu dürfen. Danach wird dann immer der Geschäftsführer interviewt, der jedes Mal tapfer von Neuem behauptet: »Das war wirklich ein einmaliges Versehen, ab morgen werden wir uns bessern.« Das missratenste Essen von Oslo – wenn das keine Attraktion ist!
Adresse
Rosenkrantz’ gate 8, 0159 Oslo
ÖPNV: U-Bahn bis Nationaltheatret (alle Linien)
Öffnungszeiten Kaffistova Mo –Sa 11 –18 Uhr
Tipp
Das urige Restaurant Håndverkeren erinnert an einen bayerischen Bierkeller, es gibt deftige Kneipenkost und eine reiche Auswahl an Bieren aus kleinen norwegischen Brauereien. Butzenscheiben und Glasfenster mit bunten Darstellungen aus dem Handwerkerleben sorgen für Gemütlichkeit.