
Auf einen Sozialdemokraten an der Spitze der Bundesregierung folgt dem Ergebnis der Bundestagswahl zufolge aller Voraussicht nach ein Kanzler aus Reihen der CDU. Das Wechselspiel von Rot zu Schwarz könnte sich in diesem Jahr auch beim „Defftig Ollnborger Gröönkohl-Äten“ in Berlin vollziehen: Bei der 66. Auflage, mit der die Stadt Oldenburg am Montag, 10. März, ihre Visitenkarte auf bundespolitischem Parkett hinterlässt, bahnt sich ebenfalls eine Machtübergabe nach demselben Farbmuster an. Oberbürgermeister Jürgen Krogmann begrüßt mit Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) den amtierenden Kohlkönig, der allerdings an diesem Abend Abschied vom Thron nehmen muss. Als heißer Anwärter auf die Nachfolge gilt der Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein, Daniel Günther (CDU), der als Ehrengast der Oldenburger Einladung folgen wird.
Bietet der Abend in der Niedersächsischen Landesvertretung damit nicht schon die Gelegenheit für schwarz-rote Koalitionsgespräche bei Grünkohl, Kassler und Pinkel? Bis Ostern soll die neue Bundesregierung stehen – so lange können die Oldenburger allerdings nicht warten, sie werden am Abend des 10. März Gewissheit haben, wer in den folgenden zwölf Monaten ihre neue Majestät sein wird: Nach dem Essen wird sich, wie gewohnt, das sogenannte Kurfürsten-Kollegium unter dem Vorsitz von Dietmar Wischmeyer zur Beratung zurückziehen. Der scharfzüngige Satiriker wird anschließend in seiner Paraderolle als „Günther, der Treckerfahrer“ die Rede zur Inthronisierung halten und die vom Kollegium getroffene Wahl launig begründen. Als Kurfürsten und Kurfürstinnen fungieren Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, Stefan Dohler (EWE), Michael Thanheiser (LzO), Jürgen Müllender (Öffentliche), Stefan Barth (OLB), Dr. Olaf Holzkämper (CEWE) und Sabine Möller (Nord/LB).
Daniel Günther blickt nach vorne
Daniel Günther hat sich bereits als möglicher Nachfolger von Boris Pistorius empfohlen. „Nachdem ich 2024 mit dem Orden wider den tierischen Ernst ausgezeichnet wurde und vor dem Hintergrund, dass die ‚Kohlkammer Deutschlands‘ in Dithmarschen in Schleswig-Holstein liegt, halte ich mich für das Amt der neuen Grünkohlmajestät durchaus geeignet“, sagt der Ministerpräsident. Erste Überlegungen für eine Oldenburger Regentschaft hat das Kieler Landesoberhaupt bereits angestellt: „Eine meiner ersten Maßnahmen auf dem Thron wäre es, in Dithmarschen mehr Grünkohl anbauen zu lassen und damit für spürbare Entlastungen der Menschen im Oldenburger Land zu sorgen“, blickt Günther voraus.

„Gröönkohl-Äten“ eine Konstante in Berliner Politikbetrieb
Die Stadt Oldenburg freut sich in diesem Jahr über rund 280 Zusagen von Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Kultur und dem öffentlichen Leben. „Das zeigt, dass unsere Traditionsveranstaltung nichts von ihrer Attraktivität eingebüßt hat. Sie ist und bleibt, gerade in diesen herausfordernden Zeiten, eine Konstante im Berliner Politikbetrieb“, sagt Gastgeber Jürgen Krogmann. So wie er sehen viele Teilnehmende aus Oldenburg einem interessanten Abend in der Bundeshauptstadt entgegen. Für sie ist die Berliner Bühne eine willkommene Gelegenheit, um bestehende Kontakte aufzufrischen beziehungsweise neue zu knüpfen und Verbindungen zu Entscheidungsträgern in Ministerien auf Bundes- und Landesebene herzustellen.
Prominente Gäste
Die Riege der bundespolitischen Gäste macht allemal Appetit: Angemeldet haben sich Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sowie ihre Kabinettskollegin Klara Geywitz (SPD), Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen. Auf der Gästeliste steht auch Lars Klingbeil, Bundesvorsitzender und neuer Fraktionschef im Bundestag der SPD. Ebenfalls mit von der Partie sind einige Bundestagsabgeordnete. Stark repräsentiert ist auch das Niedersächsische Landeskabinett – gleich sieben Ministerinnen und Minister haben sich angemeldet. Für europäisches Flair sorgt die niederländische Botschafterin Hester Somsen. Hinzu kommen zahlreiche Teilnehmende aus vielfältigen Bereichen des öffentlichen Lebens, von Bundeswehr bis Universität.
Was auf die Teller kommt
Grünkohl, Pinkel und Kochwurst, Speck und Kasseler stammen aus original Oldenburger Herstellung von der Oldenburger Fleischerei Bartsch und dem „Bümmersteder Krug“. Auf die Teller kommen voraussichtlich 200 Kilogramm Grünkohl, 60 Kilogramm Pinkel, 90 Kilogramm Kasseler-Lachs ohne Knochen, 45 Kilogramm Kochmettwurst sowie 28 Kilogramm geräucherter Speck – alles aus Biofleisch-Produktion. Außerdem werden Bio-Kartoffeln aus ökologischem Anbau gereicht. Auch diesmal steht alternativ ein veganes Grünkohlgericht auf der Speisekarte.
Löffeltrunk, Käse, Musik und Spenden
Alles beim Alten bleibt bei den Getränken: Der berühmte „Löffeltrunk“ – gefüllt mit gutem Schnaps – kommt wie immer aus dem Hause Hullmann. Das Pils dazu liefert das Friesische Brauhaus zu Jever. Musikalisch begleitet wird der Abend von der „Jazz-Koalition“. Die gemischte Combo besteht unter anderem aus Dozenten der Musikschule der Stadt Oldenburg und musikalischen Gästen aus Berlin. Die Gäste des Kohlessens werden auch bei der diesjährigen Ausgabe um eine Spende gebeten. Der Erlös ist für die inklusive Freizeit- und Begegnungsstätte KIEK-IN der SELAM-Lebenshilfe sowie für die Fachberatungsstelle gegen Sexualisierte Gewalt, „Wildwasser Oldenburg“, bestimmt.

Lange Tradition von Bonn bis Berlin
Das „Defftig Ollnborger Gröönkohl-Äten“ wurde im Jahre 1956 in der alten Bundeshauptstadt Bonn aus der Taufe gehoben. Seit 1998 findet es in Berlin statt. Viermal musste die Veranstaltung ausfallen: 1962 (Hochwasserkatastrophe), 1991 (Golfkrieg) sowie 2021 und 2022 (Corona-Pandemie). Die Reihe der Kohlmajestäten liest sich wie ein „Who is who“ der Politik der vergangenen Jahrzehnte: Neben ehemaligen Bundeskanzlern wie Helmut Kohl oder Helmut Schmidt zieren die Namen zahlreicher Mitglieder von Bundes- und Landesregierungen diese Liste. Das Landesoberhaupt von Schleswig-Holstein fehlt darauf – bisher.
Klassische norddeutsche Grünkohlrezepte