Werner Brockmann

Weinakademiker & Weinfachhändler

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Hammerwein für 18.000 Euro versteigert

Brockmanns Weinschule – Teil 15
27. September 2019

Weinfreunde freuen sich alljährlich auf die im Frühjahr und Herbst stattfindenden VDP-Versteigerungsauktionen. In Trier (Mosel), Bad Kreuznach (Nahe) sowie im Kloster Eberbach (Rheingau) werden sie Spitzenweine der VDP-Weingüter versteigert, die nur hier angeboten werden und sonst nicht auf den Markt kommen. Wer diese Raritäten haben möchte, muss also an diesen Versteigerungsterminen anwesend sein oder im Nachgang von den erfolgreichen Auktionsgewinnern diese Weine abkaufen. Am letzten Sonntag fand an der Nahe, wo gleichzeitig auch die Weine der VDP-Weingüter (VDP = Verein deutscher Prädikatsweingüter) aus der Pfalz, Rheinhessen und von der Ahr mit unter den Hammer kommen, die Herbstauktion statt. 

©DWI


Weingut Helmut Dönnhoff  

Das Weingut von Helmut Dönnhoff gehört mit seinen Tropfen zum Besten, was Deutschland an Wein zu bieten hat. Dennoch war es eine Sensation, welcher Betrag aufgerufen wurde. Seine Trockenbeerenauslese „Niederhäuser Hermannshöhle TBA 2015“ in der Magnumflasche wechselte nach einem heftigen Bietergefecht für stolze 18.000 € (zzgl. MwSt. und Gebühren) den Besitzer und geht nun über den großen Teich in die USA. 

Die Auktionen der letzten Jahre haben schon angedeutet, wohin die Reise der deutschen Weine insbesondere Riesling geht. Bereits 2015 wurden für eine 0,75l-Flasche von Weingut Egon Müller rund 12.000 € auf den Tisch gelegt, was einen internationalen Rekordpreis darstellte. Deutsche Weine knüpfen mit ihrem Qualitäts- und Preislevel wieder dort an, wo sie vor einem Jahrhundert auch standen und gehören zur Créme de la Créme in der Welt. 

Für das Weinbaugebiet Nahe ist dieser Erfolg ein Ausrufezeichen. Immer noch etwas im Schatten der vor allem international bekannteren Regionen Mosel und Rheingau gedeihen hier auf unterschiedlichstem Terroir Weine auf internationalem Niveau. Winzer, wie Schäfer-Fröhlich, Emrich-Schönleber, Schlossgut Diehl, Gut Hermannsberg und natürlich Helmut Dönnhoff erzeugen Rieslinge zum niederknien. 


Was ist das Besondere an der Nahe? 

Die Nahe ist eines der kleinsten Weinbaugebiete in Deutschland mit nur gut 4.000 ha. Es reicht von Bingen die Nahe hinauf bis hinter das kleine Örtchen Monzingen. Viele Weinregionen sind durch einen besonderen Bodentyp geprägt, nicht so die Nahe. Auf kleinstem Raum wechseln sich vielfältigste Bodenarten ab. Quarz und Schiefer, Buntsandstein, Kalk, Ton mit Löss und Lehm sowie vulkanische Gesteine wie Porphyr und Melaphyr beeinflussen die Weine und deren Geschmack.    

Der größte Rebenanteil gehört dem Riesling, wobei die Burgundersorten wie vielerorts in Deutschland an Gewicht gewinnen. Die Nahe ist ein typisches Weißweinland, allerdings erzeugen einige Winzer auch sehr spannende Spätburgunder. Rivaner und Dornfelder werden traditionell als Basisweinqualitäten angeboten und machen zusammen immer noch ca. ¼ der Produktion aus. 

Klimatisch ist die Nahe vom westlich gelegenen Hunsrück genauso geschützt wie der nördlich gelegene Taunus. Mit ca. 550 mm Niederschlag im Jahr gehört die Nahe zu den regenärmsten und gleichzeitig auch sonnenreichsten Gebieten in Deutschland. Das Gebiet entlang der Nahe ist sehr hügelig und zerklüftet, so dass sich das Mikroklima mit jeder Hangausrichtung ändert und zusammen mit den unterschiedlichen Bodentypen für individuelle Weine sorgt. 

Weinregion Nahe. ©DWI


Angebot und Nachfrage  

Da das Nahe-Gebiet so klein und übersichtlich ist, ist die Produktionsmenge entsprechend gering. Einige der Spitzenwinzer produzieren von Ihren besten Weinen und Auslesen oft nur wenige Hundert oder Dutzend Flaschen. Wenn dann die Nachfrage das Angebot übersteigt, ergeben sich ähnlich wie im französischen Burgund Preise, die in schwindelerregende Höhen abheben. Wie bei allen exklusiven und einzigartigen Produkten aus dem Luxusbereich werden auch beim Wein plötzlich Preise aufgerufen, die auf den ersten Blick ziemlich abgehoben erscheinen. Für viele Leute kommt hier der Begriff Dekadenz ins Spiel. Es ist und bleibt ein zweischneidiges Schwert. Ich persönlich finde die Entwicklung aber hin zu Qualität, was sich hier mit seinen außergewöhnlichen Preisausreißern zeigt, gut. Es zeigt, dass der deutsche Wein sein Image vom billigen Massenwein, der ihn in den 70er bis 90er-Jahren geprägt hat, sukzessive wieder ablegt. Auch wenn der Weg zu einem Weingenussland bei einem Durchschnittspreis von unter 3 € je verkaufter Flasche in Deutschland noch weit ist, glaube ich, dass wir auf einem guten Weg sind, Qualität sich wieder mehr durchsetzt. Und die bekommt man zum Glück schon weit unter 18.000 €.  

Eine genussvolle Zeit wünscht 

Werner Brockmann

Anbaugebiet Nahe, Rheingau, Rheinhessen. @DWI

 

Werner Brockmann, Weinvertikale

 

Weinvertikale Werner Brockmann

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