Wie, nur 3 kg Butter? Das geht ja gar nicht! Und Dinkelmehl kaufe ich nicht … Dieser entsetzte (per Chat übermittelte) Ausruf einer Studienfreundin erreichte mich vor einigen Tagen und entlockte mir ein Lächeln und einen entspannten Seufzer. Denn diese Nachricht erreicht mich seit 20 Jahren jedes Jahr wieder, früher telefonisch, seit ein paar Jahren elektronisch.
Besagte Studienfreundin und ich treffen uns mit zwei weiteren ehemaligen Ernährungswissenschaftsstudentinnen und inzwischen 5 weiblichen Nachwuchstalenten im Alter von 5 – 17 Jahren zur vorweihnachtlichen Plätzchenbäckerei. Wir sammeln Rezepte, es werden Butter, Dinkelmehl, Nüsse, Mandeln, Zucker, Glasuren und vieles mehr eingekauft und zu mindestens 4 laufende Metern mit Plätzchen umgewandelt. Der Backofen auf Höchstleistung, der Backpapierverbrauch ist enorm und süße Duftschwaden ziehen um das Haus. Es ist wieder Zeit für unsere „Backwahnsekte“.
Back-Wahn
Unsere Männer versuchen jedes Jahr sich zu verdrücken, sitzen dann aber doch mit Punsch oder Bier bewaffnet vor dem Kamin in Niedersachsen oder Schleswig-Holstein und fragen vorsichtig nach, ob es nun auch bald mal was Deftiges zu essen gibt (wahlweise Grünkohl oder Rübenmus – ja, gern auch mit Kochwurst!).
Was treibt uns da um? Wir Ökotrophologinnen, die wir es besser wissen sollten, tätig in Ernährungsberatung, Klinik und Lebensmittelverarbeitung, geübt im täglichen Umgang mit den fiesen Kalorien, die nachts die Kleidung im Schrank enger nähen (und, wie bekannt, ein Maß zur Messung der Willensschwäche sind)? Ist es die Erinnerung an frühere Zeiten? Als wir noch Studentinnen waren, noch ohne Männer und Nachwuchs, voller Ideen, Hoffnungen und Wünsche? Oder an noch frühere Zeiten, in denen wir selbst noch Kinder waren und uns, von Müttern und Großmüttern unterstützt, ans Ausstechen von Zimtsternen und Lebkuchenherzen gemacht haben? Voller Vorfreude und dem Gefühl des Gut-Aufgehoben-Seins?
Heute genießen wir an diesen Treffen die gemeinsame Zeit, das Verständnis ohne viele Worte und die Kreativität. Wir sind begeistert über die heranwachsenden Mädels, die sich so selbstverständlich in die Bäckerei einbringen und freuen uns natürlich auch an den Ergebnissen! Diese wandern seit Jahren schon zum großen Teil in Geschenktüten und Keksdosen (unsere Eltern sind große Nutznießer dieser Veranstaltung). Und es geht gar nicht um Kalorien, sondern um viel mehr… Verbote, schlechtes Gewissen und kneifende Kleidung sind schlechte Begleiter in dieser Zeit. Ein entspannter Umgang mit den einfach in diese Zeit gehörenden Leckereien und ein ordentlicher Spaziergang an der frischen Luft („guck mal, die haben in diesem Jahr einen lila Tannenbaum!“) bringen wieder Ordnung in die Sache.
Selber machen ist erfüllender als fertig kaufen – probieren Sie es doch einfach mal aus!
Genießen Sie die Adventszeit. Sie ist gesellig, stimmungsvoll und lebt nicht nur, aber auch von genussvollen Momenten, gehen Sie achtsam mit ihr um.